Potenziale des Bike and Ride (B+R)
Erstellt am: 25.09.2003 | Stand des Wissens: 01.03.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Eine Verknüpfung des Fahrrades mit dem öffentlichen Verkehr (ÖV) ist für das Radverkehrssystem von besonderer Bedeutung, da hierdurch Nutzerpotenziale auch für solche Fahrtstrecken zu erschließen sind, die deutlich über den üblichen Entfernungen des Radpendlerverkehrs liegen. Werden die Vorteile des Fahrrads (insbesondere Erschließung und Zubringung)und die des ÖV's (Schnelligkeit und Distanzüberwindung) kombiniert, kann gegenüber dem motorisierten Individualverkehr ein Vorsprung in zeitlicher und räumlicher Hinsicht erreicht werden [BMVBW98h].
Im Rahmen eines vom damaligen Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) initiierten Forschungsprojektes zur Vernetzung von öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Fahrrad wurde am Beispiel des Erftkreises (westlich von Köln) untersucht, wie die Wachstumschancen von Bike and Ride bei gezielter Förderung einzuschätzen sind. Von derzeit 2 Prozent der Pendler könnte der Nutzerkreis bei entsprechender Förderung innerhalb von 10 Jahren auf 8 Prozent anwachsen, wodurch rund 7.000 Pkw-Fahrten eingespart werden könnten [BMV97f].
Die Bedeutung und die Potenziale der Vernetzung des nichtmotorisierten Verkehr (NMV) mit dem ÖV hängt unter anderem von der Struktur der jeweiligen Region ab. Die größten Potenziale sind allerdings in großen Ballungsräumen und den Städten lokalisiert. Im Bereich des Münchener Verkehrsverbundes standen 1993 etwa 33.000 Bike and Ride-Fahrradstellplätze zur Verfügung. Mittlerweile können in München mehr als 51.000 Bike and Ride-Abstellplätze verzeichnet werden [INZE09]. Im Großraum Krefeld hat die Vernetzung im Vortransport einen Anteil von 15 Prozent [BMVBW98h].
Neben dem Radverkehrsanteil am Gesamtverkehrsaufkommen sind mit der Vernetzung beider Verkehrsmittel auch Vorteile für den ÖPNV verbunden. Dies äußert sich unter anderem in der Erschließung neuer Kundenkreise für den ÖPNV, die ohne Fahrrad als Zubringer andere Verkehrsmittel für den Hauptweg nutzen würden. Der Hauptnutzen für die Verkehrsunternehmen liegt demnach in einer verbesserten Ausschöpfung von Kundenpotenzialen. Dies gilt vor allem für die Betreiber von Schnellverkehrslinien [BMV97f]. Der Personennahverkehr konnte beispielsweise im Zeitraum von 1991 bis 1998 eine Verdoppelung der Fahrradmitnahme (von 818.000 auf 1.602.000) verbuchen. Im Fernverkehr hat sich die Mitnahme von den frühen 1990er Jahren bis 1999 sogar verdreifacht (von 200.000 auf 600.000) [BTDrs00a].
Die Vernetzung von Fahrrad- und öffentlichem Verkehr (Bike and Ride) kann einen wesentlichen Beitrag zur Entschärfung der kommunalen Verkehrsprobleme leisten. Insbesondere für die Fahrtzwecke
Arbeit-Wochenendfreizeitverkehr, wo besonders lange Wege zurückgelegt werden und der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) traditionell sehr hoch ist, kann auch die Kombination von ÖPNV und Fahrrad eine Alternative zur Pkw-Nutzung sein [BMV97f].
Zur Vermeidung von Fehlinvestitionen sollte das Bike and Ride-Potenzial, das durch Verbesserung in der Infrastruktur erreicht werden kann, ermittelt werden. Das in Abbildung 1 gezeigte Schema kann hierfür zugrunde gelegt werden.
Eine weitere Art der Flexibilisierung mit Vorzüge für das Verkehrsunternehmen ist die Einbindung eines Fahrradverleihsystems in das ÖV-System einer Stadt oder Region. Das Call-a-Bike System der Bahn gibt es mittlerweile an vielen Bahnhöfen und bietet den Nutzern einen nahtlosen Übergang zur Bewältigung der An- und Abreise zum oder vom Bahnhof.
Auch andere Fahrradverleihsysteme bilden eine Ergänzung zum traditionellen ÖV; so können in immer mehr Städten Fahrradverleihsysteme verzeichnet werden.