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Definition des Begriffs Kombinierter Verkehr

Erstellt am: 30.03.2010 | Stand des Wissens: 12.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Für den Kombinierten Verkehr (KV) sind mehrere Begriffsdeutungen gebräuchlich, die zum Teil aus Merkmalen bestimmter Produktionssysteme abgeleitet werden. Auf der Grundlage der Definitionen der Studiengesellschaft für den Kombinierten Verkehr (SGKV e.V.) und des Statistischen Bundesamtes [destatis09] wird Kombinierter Verkehr in diesem Themenbereich des Forschungsinformationssystems im Sinne von "Kombination verschiedener Verkehrsträger" als Synonym für "intermodalen Verkehr" verwendet.
Der Kombinierte Verkehr bezeichnet eine spezielle Art des Gütertransports. Merkmal dieser Form des Güterverkehrs ist, dass in den Transportketten des KV standardisierte Ladeeinheiten zum Einsatz kommen [BMVI18m]. Dazu zählen zum Beispiel Container, Wechselbehälter, Lkw oder deren Anhänger. Diese bieten den Vorteil, dass die Ladung unkompliziert umgeschlagen werden können, da das Ladegut selbst während des gesamten Transports im Ladungsträger verbleibt. So können nacheinander verschiedene Verkehrsträger für den Transport im KV genutzt werden, ohne direkten Kontakt mit der Ladung [BMVI18m].
Zwischen Versandort und Umschlagpunkt, beziehungsweise Umschlagpunkt und Empfangsort werden die Ladeeinheiten in der Regel einzeln im so genannten Vor- beziehungsweise Nachlauf transportiert. Als Hauptlauf wird die Strecke zwischen den Umschlagpunkten bezeichnet. Laut UN-Definition stellen multimodale Verkehre gebrochene Transporte dar, bei denen Güter die Ladeeinheit wechseln [UNECE01c, S. 16f.].
Nach Arnold et al. [ArIs08, S. 737] handelt es sich nur dann um Kombinierten Verkehr, wenn alternativ parallele monomodale Transportketten möglich sind. In diesem Sinne stellen Roll-on-Roll-off-Verkehre, bei denen Straßenfahrzeuge auf Schiffen transportiert werden, oder Trajektverkehre, bei denen Güterwagen in Fähren den Seeweg zurücklegen, keine Kombinierten Verkehre dar. Diese strenge Abgrenzung folgt jedoch nicht aus der UN-Terminologie des Kombinierten Verkehrs [UNECE01c] (siehe Abbildung 1 [Deit01]).
Kombinierter VerkehrAbb. 1: Kombinierter Verkehr (in Anlehnung an [Deit01; Pfoh18a, S. 181]) (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Des Weiteren kann man den Kombinierten Verkehr nach verschiedenen Merkmalen einteilen. Beim begleiteten Kombinierten Verkehr - zum Beispiel der rollenden Landstraße - werden Ladungsträger auf transportierende Fahrzeuge verladen, deren Fahrer während des Hauptlaufs an Bord bleiben. Im unbegleiteten Verkehr hingegen werden nur die Ladeeinheiten transportiert [ArIs08, S. 736]. Im Huckepackverkehr werden ganze Fahrzeuge verladen, beim Behälterverkehr hingegen nur die Ladeeinheiten wie Container, Wechselbehälter oder Sattelaufleger [Pfoh10, S. 160].
Die Mengen-Angaben werden im Kombinierten Verkehr üblicherweise in TEU angegeben. TEU steht für Twenty Feet Equivalent Unit, auf Deutsch 20-Fuß-(Bezugs-)Einheit, und repräsentiert einen Container nach ISO-Standard von 6,10 Meter Länge [UNECE01c, S. 48]. Ein 20-Fuß-Container entspricht demnach einem TEU, ein 40-Fuß-Container, zwei TEU. Zusätzlich entstehen durch den Umschlag von Ladeeinheiten Kosten, die bei durchgehenden monomodalen Transportketten nicht anfallen. Dafür können durch die Integration verschiedener Verkehrsträger deren jeweilige Vorteile genutzt werden [SGKV10]. Aufgrund dieser Vorteile wird der Kombinierte Verkehr sowohl auf europäischer [EuKom09c, S. 9f.] als auch auf nationaler Ebene [BMVI17e] als grundsätzlich förderungswürdig anerkannt.
Ferner werden die in Deutschland entstehenden Forschungsarbeiten von der Studiengesellschaft für den Kombinierten Verkehr (SGKV e. V.) erfasst und dokumentiert. Darüber hinaus ist die SGKV selbst an verschiedenen Forschungsprojekten beteiligt, wie zum Beispiel
  • Analyse von Möglichkeiten zur Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts im Vor- und Nachlauf auf der Straße (CEFIC),
  • Auswirkungen überlanger oder sehr schwerer Lkw [CeBr08],
  • Produktions- und Kommunikationskonzepte zur besseren Einbindung von Ungarn in bestehende Netze des Kombinierten Verkehrs (EUREWA),
  • Erschließung neuer Märkte (PROMIT),
  • Marktexpertisen für Bulgarien, Rumänien und Russland für das BMVBS und
  • Gutachten zur Ausgestaltung von Förderrichtlinien [SGKV08].
Wie im Aktionsplan Güterverkehr und Logistik des BMVBS angekündigt, werden derzeit die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für den Kombinierten Verkehr im intermodalen Wettbewerb sowie die Fördermöglichkeiten zur Weiterentwicklung von Umschlagtechniken und Organisation des Kombinierten Verkehrs überprüft. Deutschland liefert eine hohe Qualität im logistischen Dienstleistungssektor und dient vielen Ländern als Vorbild. Ziel ist es dabei die Logistikstandorte zu stärken, die Verkehrsinfrastruktur zu fördern und die verbesserte Vernetzung aller Verkehrsträger auf umweltfreundliche Methode zu erreichen [BMVI17e].
Der Europäische Beirat für Intermodale Forschung (European Intermodal Research Advisory Council - EIRAC), der sich aus 55 Vertretern des Kombinierten Verkehrs - Transportunternehmen, Terminalbetreiber, Spediteure, Reedereien, Häfen, Güterverkehrszentren sowie Herstellern - zusammensetzt, sieht vor allem im Themenbereich Informations- und Kommunikationssysteme und deren Schnittstellen bei organisatorischen Fragen und der Sicherheit weiteren Forschungsbedarf [EIRAC06, S. 11f.].
Die aktuelle Forschung zum Kombinierten Verkehr umfasst eine Vielzahl an Themen. Dabei stehen nicht nur die technischen Grundlagen, sondern auch deren Vernetzung und Integration in Konzepte, die am Markt akzeptiert werden, im Vordergrund. Maßgebende Akteure sind die öffentlichen Handels- und Branchenverbände .

Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Kombinierter Verkehr (Stand des Wissens: 12.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?430490
Literatur
[ArIs08] Arnold, D., Isermann, H., Kuhn, A., Furmans, K., Tempelmeier, H. Handbuch Logistik, Ausgabe/Auflage 3., neu bearbeitete Auflage, Springer-Verlag / Berlin Heidelberg, 2008, ISBN/ISSN 3540729283
[BMVI17e] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Aktionsplan Güterverkehr und Logistik - nachhaltig und effizient in die Zukunft, 2017/09
[BMVI18m] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Kombinierter Verkehr - Die Zukunft ist intermodal, 2018
[CeBr08] De Ceuster, Griet , Breemersch, Tim , Van Herbruggen, Bart , Verweij, Kees , Davydenko, Igor , Klingender, Max , Jacob, Bernard, Arki, Hervé, Bereni, Matthieu FINAL REPORT Effects of adapting the rules on weights and dimensions of heavy commercial vehicles as established within Directive 96/53/EC, European Commission & TRANSPORT & MOBILITY LEUVEN, Leuven, 2008/11/06
[Deit01] Prof. Dr. Jürgen Deiters Kombinierter Verkehr, 2001
[destatis09] o. A. Kombinierter Verkehr 2007, 2009/05/26
[EIRAC06] o. A. EIRAC Implementation Plan 2020 - Realisation of Improvements, Brüssel, 2006/12
[EuKom09c] Europäische Kommission Generaldirektion Energie und Verkehr Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr: Wege zu einem integrierten, technologieorientierten und nutzerfreundlichen System, 2009/06/17
[Pfoh10] Pfohl, H. C. Logistiksysteme: Betriebswirtschaftliche Grundlagen, Ausgabe/Auflage Auflage: 8, Springer, Berlin, 2010, ISBN/ISSN 3642041612
[Pfoh18a] Pfohl, Hans-Christian Logistiksysteme (9.Auflage), Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg, 2018, Online-Referenz doi:10.1007/978-3-662-56228-4
[SGKV08] o. A. Geschäftsbericht der Studiengesellschaft Kombinierter Verkehr 2008, Berlin, 2008
[SGKV10] o. A. Internetpräsentation der Studiengesellschaft für den kombinierten Verkehr e. V., 2010/02/15
[UNECE01c] o.A. Terminologie des kombinierten Verkehrs, New York, Genua, 2001
Glossar
Twenty-foot equivalent unit Zwanzig-Fuß-Äquivalente-Einheit (Twenty-foot Equivalent Unit). Eine statistische Hilfsgröße auf der Basis eines 20-Fuß-ISO-Containers (6,10 m Länge) zur Beschreibung von Verkehrsströmen oder -kapazitäten. Ein genormter 40'-ISO-Container der Reihe 1 entspricht 2 TEUs.
Vor- und Nachlauf Unter Vor- und Nachlauf sind im Kombinierten Verkehr Transporte der Ladeeinheit vom Versender zum Umschlagpunkt oder von dort zum Empfänger zu verstehen. Am Umschlagpunkt wechselt die Ladeeinheit das Verkehrsmittel. Der Transport zwischen zwei Umschlagpunkten wird als Hauptlauf bezeichnet.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Güterverkehrszentrum Ein Güterverkehrszentrum (GVZ) ist ein logistischer Knoten, an dem ein Übergang zwischen mindestens zwei Verkehrsträgern, i. d. R. jedoch drei Verkehrsträgern, möglich ist und weitere logistische Funktionen, wie bspw. die Lagerung, angeboten werden.
Hauptlauf Unter dem Hauptlauf ist im Kombinierten Verkehr der gebündelte Transport von Ladeeinheiten zwischen zwei Umschlagpunkten zu verstehen. Am Umschlagpunkt wechselt die Ladeeinheit das Transportmittel. Transporte vom Versender zum Umschlagpunkt oder von dort zum Empfänger werden als Vor- bzw. Nachlauf bezeichnet.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)
Spediteur Spediteure fungieren als Intermediäre zwischen Versender und Transporteur bzw. Frachtführer. Sie „besorgen” den Transport. Hierunter fallen insbesondere die Festlegung auf Verkehrsmittel und die Beauftragung ausführender Unternehmen.
Rollende Landstraße
Die Rollende Landstraße (RoLa) ist ein Produkt im Bereich des Schienengüterverkehrs. Sie stellt eine spezifische Form des begleiteten Kombinierten Verkehrs dar. Dabei werden Lastkraftwagen bzw. Sattelzüge mit Hilfe der Roll-On/Roll-Off-Technik auf einen Güterzug aus durchgehenden Niederflurwagen verladen und über eine bestimmte Strecke transportiert. Die Fahrer begleiten ihre Fahrzeuge i. d. R. in einem mitgeführten Reisezugwagen. In Europa wird die RoLa z. B. für alpenquerende Verkehre angeboten. Sie kann eine betriebswirtschaftliche und/oder ökologische Alternative zum Straßengütertransport sein.
Wechselbehälter Ein für den Gütertransport bestimmter Behälter, der im Hinblick auf die Abmessungen von Straßenfahrzeugen optimiert wurde und mit Greifkanten für den Umschlag zwischen den Verkehrsmitteln - in der Regel Straße-Schiene - ausgestattet ist. Gebräuchlich sind Behälter mit Längen von 7 m (Klasse C) und 13 m (Klasse A).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?306087

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 12:41:18