Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Maßnahmen im Radverkehr bei Events

Erstellt am: 04.03.2004 | Stand des Wissens: 29.06.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Veranstaltungen wie Festivals, Feste und Messen finden oft an Orten statt, wo dem Radverkehr meist noch keine gleichberechtigte Bedeutung gegenüber den anderen Verkehrsmitteln eingeräumt wird. Vordringlicher Handlungsbedarf besteht, je nach Einzugsbereich, in der Schaffung ausreichender und sicherer Abstellmöglichkeiten. Diese sollten bei festen Veranstaltungsbauten im Rahmen der Bauleitplanung gefordert werden.
Eine Aufstellung von ortsfesten Fahrradabstellanlagen während zeitlich befristeter Veranstaltungen (zum Beispiel Festivals) lohnt sich meist nicht, wenn die übrige Zeit des Jahres an solchen Orten nur wenige Fahrradstellplätze benötigt werden. Dennoch müssen bei Veranstaltungsplanungen die Belange von Besuchern, die mit dem Rad kommen, beachtet werden.
Bei Kurzevents helfen bewachte Fahrradabstellzonen, Diebstahl und Vandalismus vorzubeugen und ein "Fahrradchaos" zu vermeiden, das zum Sicherheitsrisiko bei Massenflucht werden kann. Nah an den Eingängen aufgestellte Fahrradabstellzonen sind zu bevorzugen [ADFC14a]. Für mobile Fahrradabstellanlagen gelten ähnliche Qualitätskriterien wie für ortsfeste Fahrradabstellanlage [Niew20, HMWE20]. 
Folgende Anforderungen sind entscheidend: 
  • Ein seitlicher Mindestabstand muss eingehalten werden, um Beschädigungen der Räder vorzubeugen sowie das Ein- und Ausparken zu ermöglichen (bei niveaugleicher Einstellung 80 Zentimeter und bei abwechselnder Hoch-/Tiefstellung der Vorderräder 50 Zentimeter).
  • Die Fahrradhalterung muss dem Rad beim Parken eine gute Standsicherheit vorweisen.
  • Zum Diebstahlschutz müssen der Fahrradrahmen und der Fahrradbügel an einer gut erreichbaren Stelle mit einem Fahrradschloss bequem und sicher verschlossen werden (mindestens 50 Zentimeter über dem Boden, der Nutzer sollte sich nicht zwischen abgestellten Fahrrädern hindurchzwängen müssen) [Niew20].
  • Die Abstellanlagen müssen gut erreichbar, markiert und zu sehen sein. Auffällige Hinweisschilder sollen auf die Abstellanlage aufmerksam gemacht werden [ADFC14a]. 
Die Größe und Menge solcher Fahrradabstellanlagen für Events ist abhängig von der Veranstaltung, der Jahreszeit, dem lokalen Radverkehrsanteil sowie dem Besucherpotenzial [Niew20].
Außerdem sollten attraktive Radwege für den Reiseweg und die Anfahrt vorhanden sein. Der Erlebniswert und der Einzugsbereich der Radfahrer- und Fahrerinnen wird durch attraktive Radwege erhöht. Somit gelten allgemein der Bau von Fahrradwegen, das Anbringen von Bodenmarkierungen für Fahrradstreifen und die Freigabe von Einbahnstraßen gegen die Fahrtrichtung als Fördermöglichkeit. Die Radwege sollten barrierefrei, großzügig und auch für das Fahren nebeneinander ausgelegt sei. Die Beschaffenheit der Oberfläche sollte für das witterungsunabhängige Nutzen über das ganze Jahr ausgelegt sein. Ebenso können thematische, kulturelle oder auch künstlerische Attraktionen die Radstrecke aufwerten [Anzi08, S. 121].
Für die Förderung von umweltfreundlichem Eventtourismus kann auch eine Integration von Fahrradvermietungen oder öffentlichen Fahrradverleihsystemen in das Angebot des Eventveranstalters in Erwägung gezogen werden.
Eigens kreierte Fahrradbuslinien stellen eine Möglichkeit dar, Freizeitverkehrsangebote des Öffentlichen Personennahverkehrs mit nachhaltiger Mobilität zu verknüpfen [Frei05]. Verkehrsunternehmen wie beispielsweise der Verkehrsverbund Oberelbe stellen von Frühling bis Herbst FahrradBUSSE mit einem Fahrradanhänger für bis zu 20 Fahrräder zur Verfügung, um das Sächsische Elbland, die Sächsische Schweiz und die Oberlausitz per Rad zu erkunden [VVO20]. Fahrräder können auch in Fahrradabteilen von Eisenbahnverkehrsunternehmen im Nah- und Fernverkehr (teilweise kostenfrei, teilweise kostenpflichtig, teilweise reservierungspflichtig) mitgenommen werden. Innerhalb von Stoßzeiten direkt vor Beginn oder nach Ende von Veranstaltungen ist eine Fahrradmitnahme jedoch nicht empfehlenswert. Allerdings können Klappräder zusammengeklappt in einer Fahrradtasche als Handgepäck kostenfrei mitgenommen werden und sparen auf diese Weise Platz im Öffentlichen Nahverkehr ein. Fahrradanhänger müssen zusammengelegt und wie eine Traglast verstaut werden [ADFC19]. Bei Events mit entfernten Parkmöglichkeiten kann dieses Konzept auf Autofahrer und Autofahrerinnen angewandt werden und ein vergleichbares Konzept zur Verfügung gestellt werden [Anzi08].
Die Radnutzung kann selber zum Event werden, zum Beispiel im Rahmen von autofreien Aktionstagen, die in vielen Städten und Gemeinden regelmäßig stattfinden. Bestimmte Straßenabschnitte werden für Radler, Skater und Fußgänger gesperrt. In einigen Städten haben Menschen die Möglichkeit an diesem Tag kostenlos die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Außerdem können solche Angebote mit anderen, nicht motorisierte oder besonders umweltschonende sowie innovative Fahrzeuge (solarbetriebene Fahrzeuge, Liegefahrräder, Tandems, Dreiräder, Roller) kombiniert werden.
Die Einrichtung eines Fahrradreparatur-Services kann die Bereitschaft zum Fahrradfahren attraktivieren. So können fahrradfahrende Personen selbst kleine Reparaturen am Fahrrad übernehmen. Leicht zugängliche Boxen können Werkzeug, Kompressoren oder Luftpumpen, Einweghandschuhe und Tücher zur sauberen Durchführung sowie Kontaktdaten zu Pannendiensten oder Fahrradwerkstätten beinhalten. Zusätzlich können fahrradfreundliche Gastbetriebe (Bett + Bike) dem Aufenthalt für Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen entgegenkommen. Die Möglichkeit zur einmaligen Übernachtung, eine sichere Unterbringung des Fahrrades und Werkzeug für Reparaturen sollten vorhanden sein [Anzi08].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Eventverkehr (Stand des Wissens: 15.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?287768
Literatur
[ADFC14a] Elfferding, Susanne, Spott, Merja Fahrradparken bei Großveranstaltungen, 2014/02
[ADFC19] Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) (Hrsg.) Neue Bedingungen zur Fahrradmitnahme in der Bahn, 2019/08/05
[Anzi08] Anzinger, Kathrin, Lechner, David, Philipp, Thomas, Thanner, Lydia Eventmobilität. Kulturhauptstadt Linz09 , 2008
[DiSc04] et al., Dienel, Hans-Liudger, Flaig, Jörn, Dipl.-Wirt.-Ing. (FH), Schiefelbusch, Martin, MA/MSc, Schäfer, Tanja, Geogr. M.A. Handbuch Eventverkehr, Erich Schmitt-Verlag, Berlin, 2004, ISBN/ISSN 3 503 07830 4
[Frei05] Freitag, Elke Bedeutung und Chancen von Freizeitverkehrsangeboten des ÖPNV, veröffentlicht in Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung, Band 13, MetaGIS, Mannheim, 2005, ISBN/ISSN 3-936438-13-7
[HMWE20] Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (Hrsg.) Leitfaden Fahrradabstellanlagen, 2020/03
[Niew20] fahrradparken.info (Hrsg.) Gestaltungsgrundsätze für Großveranstaltungen, Festivals (fahrradparken.info), 2020
[Velo03] Stiftung Veloland Schweiz Human Powered Mobility, 2003
[VVO20] Verkehrsverbund Oberelbe GmbH (VVO) (Hrsg.) FahrradBUS, 2020
Weiterführende Literatur
[Baum03b] Baum, Thomas FreiMove - Dienste und Erschließungskonzepte - Bd. 7: Movie World Bottrop, 2003/05
Glossar
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Bauleitplanung
Die Bauleitplanung ist im Baugesetzbuch (BauGB) und in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) geregelt und dient der Lenkung beziehungsweise Ordnung der städtebaulichen Entwicklung. Die Bauleitplanung ist Teil der kommunalen Selbstverwaltung und ist daher Aufgabe der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 GG).

Die Instrumente der Bauleitplanung sind der Flächennutzungsplan (§ 5 BauGB), als vorbereitender Bauleitplan, der die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung sowie die Art der Bodenutzung im Gemeindegebiet darstellen soll und der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan. Dieser konkretisiert die im Flächennutzungsplan dargestellten Bauflächen und enthält rechtsverbindliche Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung (§§ 8 ff. BauGB).
Eisenbahnverkehrsunternehmen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) sind öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. "Eisenbahnverkehrsunternehmen" stellt einen europarechtlichen Begriff dar, welcher durch nationales Recht in Form von § 2 (1) des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) konkretisiert wird.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?76783

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 15:07:09