Fußgänger- und Radverkehr auf gemeinsamen Flächen
Erstellt am: 26.09.2003 | Stand des Wissens: 11.10.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Die Eigenschaften des Radverkehrs wie höhere Geschwindigkeit und Fahrdynamik stehen einer flächenhaften sowie ungeregelten Beanspruchung der Gehwege als Verkehrs- und Aufenthaltsfläche für Fußgänger gegenüber. Bei der Benutzung von gemeinsamen Flächen kann es zu Konflikten oder Gefährdungen der Fußgänger und Radfahrer kommen. Die gemeinsame Führung von Fußgänger- und Radverkehr wird nur dort als vertretbar betrachtet, wo die Netz- und Aufenthaltsfunktion beider Verkehre gering ist und eine gegenseitige Gefährdung nicht zu befürchten ist [BuMe07; ERA10].
Eine gemeinsame Führung des Fahrrad- und des Fußverkehrs kann nach folgenden Regelungen angeordnet werden:
- gemeinsamer Geh- und Radweg,
- Gehweg mit Radfahrer frei und
- Fußgängerbereich mit Radfahrer frei.
Gemeinsame Geh- und Radwege (Zeichen 240 Straßenverkehrsordnung (StVO)) sind für Fußgänger und Radfahrer benutzungspflichtig. Die Regelung "Gehweg/Radfahrer frei" (Zeichen 239 StVO "Fußgänger" mit Zusatzschild 1022-10 StVO "Radfahrer (Sinnbild) frei") und Fußgängerbereich/Radfahrer frei (Zeichen 242 StVO "Fußgängerbereich" mit Zusatzschild 1022-10 StVO "Radfahrer (Sinnbild) frei") beinhaltet für Fußgänger eine Benutzungspflicht. Radfahrern räumt sie dagegen ein Benutzungsrecht ein, wobei ihnen die Inanspruchnahme der Fahrbahn freisteht [BMVBW96d].
Eine gemeinsame Führung von Radfahrern und Fußgängern sollte im innerörtlichen Bereich die Ausnahme sein [Dittr02, Bast99d]. Dies gilt vor allem unter dem Blickwinkel der Sehbehinderten (aber auch Kinder), für die auftretender Radverkehr in ihrem Bewegungsraum eine sehr konkrete Gefährdung bedeuten kann [FUSS03]. Auch die gesetzlichen Grundlagen, in StVO und VwV-StVO sind vom Grundsatz auf einen restriktiven Einsatz der gemeinsamen Führung ausgerichtet [FUSS03].
Gemeinsame Flächen für den Fußgänger- und Radverkehr haben für Radfahrer zwar den Vorteil einer erhöhten Durchlässigkeit, jedoch schmälern Konfliktsituationen mit Fußgängern die Attraktivität und Fahrkomfort dieser Routen. Zudem wird an einmündenden Nebenstraßen der Vorrang des Radverkehrs vor ein- und abbiegenden Kfz nicht deutlich genug. Fußgänger haben keine Vorteile durch gemeinsame Flächen mit dem Radverkehr [BuMe07].
Für folgende Straßen ist eine gemeinsame Führung von Fußgängern und Radfahrern nicht geeignet [RASt06; ERA10]:
- Straßen mit intensiver Geschäftsnutzung,
- Straßen mit einer überdurchschnittlich hohen Benutzung durch besonders schutzbedürftige Fußgänger,
- Straßen im Zuge von Hauptverbindungen des Radverkehrs,
- Straßen mit einem Gefälle von mehr als drei Prozent,
- Straßen mit einer dichteren Folge von unmittelbar an (schmale) Gehwege angrenzenden Hauseingängen,
- Straßen mit zahlreichen untergeordneten Knotenpunkts- und Grundstückszufahrten bei beengten Verhältnissen,
- Straßen mit stark frequentierten Haltestellen in Seitenlage ohne gesonderte Wartefläche und
- Überschreitung der Einsatzgrenzen gemäß Abbildung 1.
Abbildung 1: Nutzungsabhängige Einsatzgrenzen für die gemeinsame Führung von straßenbegleitendem Fuß- und Radverkehr [ERA10]
Außerdem treten Nutzungskonflikte durch neue Verkehrsmittel auf. Durch die Einführung von E-Scootern, vor allem in vielen Innenstädten, gelten diese als zusätzliche Herausforderung für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen auf geteilten Verkehrsflächen.
In Deutschland wird das Benutzen von Radverkehrsanlagen für E-Scooter vorgeschrieben Sofern keine Radwege vorhanden sind, müssen E-Scooter innerhalb geschlossener Ortschaften Straßen benutzen. Die Benutzung der Fußwege ist nicht gestattet (§ 10 eKFV). E-Scooter Fahrer*innen müssen Rücksicht auf Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen nehmen und auf gemeinsamen Geh- und Radwegen Vorfahrt gewähren. Seit der Einführung traten vor allem in den Städten Nutzungskonflikte auf. Insbesondere geparkte E-Scooter beeinträchtigen Radfahrer*innen, zu Fuß Gehende und Menschen mit Behinderung.
In Deutschland wird das Benutzen von Radverkehrsanlagen für E-Scooter vorgeschrieben Sofern keine Radwege vorhanden sind, müssen E-Scooter innerhalb geschlossener Ortschaften Straßen benutzen. Die Benutzung der Fußwege ist nicht gestattet (§ 10 eKFV). E-Scooter Fahrer*innen müssen Rücksicht auf Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen nehmen und auf gemeinsamen Geh- und Radwegen Vorfahrt gewähren. Seit der Einführung traten vor allem in den Städten Nutzungskonflikte auf. Insbesondere geparkte E-Scooter beeinträchtigen Radfahrer*innen, zu Fuß Gehende und Menschen mit Behinderung.
Die gemeinsame Nutzung von Anlagen durch den Rad- und Fußverkehr sollte mit weiteren Maßnahmen einhergehen, die eine Steigerung der Fahrbahnführungsqualität herbeiführen. Hierzu gehören
- die Dämpfung der Kraftfahrzeuggeschwindigkeiten,
- die Ordnung des ruhenden Verkehrs,
- die Anlage von Führungshilfen für den Radverkehr (Angebotsstreifen) oder
- die Verbesserung der Knotenpunktführung des Radverkehrs beispielsweise durch markierungs- und signaltechnische Maßnahmen.
Das Ziel dieser Maßnahmen ist eine Erhöhung des über die Fahrbahn abgewickelten Radverkehrsanteils. Ferner ist darauf hinzuwirken, dass die Gehwegbenutzung durch Radfahrer gegenüber der Fahrbahnnutzung keine Reisezeitvorteile bietet [BMVBW96d].