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Klimaschutzziele und zulässige Jahresemissionsmengen

Erstellt am: 20.11.2023 | Stand des Wissens: 01.12.2023
Synthesebericht gehört zu:

Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) schreibt die nationalen Klimaschutzziele verbindlich fest. Folgende Ziele wurden beschlossen:
  • Bis 2030: Treibhausgasminderung um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990
  • Bis 2040: Treibhausgasminderung um mindestens 88 Prozent gegenüber 1990
  • Bis 2045: Netto-Treibhausgasneutralität
  • Nach 2050: Negative Treibhausgasemissionen [KSG]

    Zudem spezifiziert das KSG zulässige Jahresemissionsmengen (in Million Tonnen CO2-Äquivalent) für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Diese zulässigen Jahresemissionsmengen, auch Sektorziele genannt, gelten für die Jahre 2020 bis 2030 und geben klare Reduktionspfade für die einzelnen Sektoren zur Erreichung des Klimaschutzziels bis 2030 vor (siehe Abbildung 1) [KSG]. Sie wurden bereits im Klimaschutzplan 2050 festgelegt und sind mit der Novellierung des KSG im Jahr 2021 verschärft worden. [FlLe]
Zulässige Jahresemissionsmengen nach Sektoren bis 2030Abb. 1: Zulässige Jahresemissionsmengen nach Sektoren bis 2030 [BMU21e] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Die geplante Novelle des KSG, die am 21. Juni 2023 von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurde, verschiebt den Fokus von den sektoralen Jahresemissionszielen auf die Summe der Jahresemissionsmengen. Damit würden fortan die jährlichen Gesamtemissionen aller Sektoren im Fokus stehen und zwängen bei prognostizierter Überschreitung die gesamte Bundesregierung zum Nachsteuern und nicht mehr die verantwortlichen Ministerien (Ressortverantwortung). Dennoch würden weiterhin die Jahresemissionsmengen der einzelnen Sektoren erfasst. So solle festgestellt werden, welche Ministerien zu möglichen Überschreitungen der Gesamtemissionsmengen beigetragen haben und daher eine besondere Verantwortung für Maßnahmenvorschläge übernehmen müssten. Die im KSG festgelegten nationalen Klimaschutzziele blieben dagegen von der Novelle unverändert. [BMWK23g]

Die deutsche Regierung, bestehend aus SPD, Grünen und der FDP hatte im Koalitionsvertrag im Jahr 2021 verabredet, sich von der sektorspezifischen Betrachtungsweise verabschieden zu wollen. Laut Bundesfinanzminister Lindner könne auf diese Weise dem Fakt Rechnung getragen werden, dass in einigen Sektoren schneller Fortschritte erzielt werden könnten als in anderen [Gras22]. Aus Sicht der Verbände der Klima-Allianz ist eine Abschwächung der Sektorziele unverantwortlich. Sektoren, wie der Verkehrs- und Gebäudesektor, deren Treibhausgasemissionen die vorgegebenen Reduktionspfade in denen Jahren 2021 und 2022 bereits überschritten haben, würden damit aus der Verantwortung gezogen. Der fehlende Druck zur Nachsteuerung bei den verantwortlichen Ministerien sorge dafür, dass Emissionslasten weiter in die Zukunft verschoben würden. [KADe23] Die Thinktanks Agora Energiewende und Agora Verkehrswende betrachten die geplante Änderung ebenfalls als Abschwächung der Sektorziele. Sie halten dennoch mit der geplanten Novelle die Einhaltung der Klimaschutzziele weiterhin für möglich. Entscheidend dafür sei, dass das geltende Klimaschutzrecht vollständig durchgesetzt werde. [Ness23] Zuletzt hatte auch der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz eingeräumt, dass sich die Regierung zu wenig an das bisherige KSG gehalten habe. [ZDF23a]
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Klimaschutz auf Bundesebene (Stand des Wissens: 20.11.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?577337
Literatur
[BMU21e] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Hrsg.) Novelle des Klimaschutzgesetzes beschreibt verbindlichen Pfad zur Klimaneutralität 2045 , 2021/05/12
[BMWK23g] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Überblickspapier zur zweiten Novelle des Klimaschutzgesetzes, 2023
[FlLe] Prof. Dr. Christian Flachsland, Dr. Sebastian Levi Das deutsche Klimaschutzgesetz: Möglichkeiten einer sektorübergreifenden Klimagovernance, 2021/11/30
[Gras22] Belinda Grasnick Keine Luft nach oben, 2022/11/13
[KADe23] Klima-Allianz Deutschland e.V. (Hrsg.) Abschwächung des Klimaschutzgesetzes verhindern, 2023/06
[Ness23] Lea Nesselhauf Klimaschutzgesetz: Novelle als Chance nutzen , 2023/06/13
[ZDF23a] Zweites Deutsches Fernsehen (Hrsg.) Neues Klimaschutzgesetz: Was sich ändern soll, 2023/06/21
Rechtsvorschriften
[KSG] Bundes-Klimaschutzgesetz
Glossar
Verkehrswende
Mit der Verkehrswende in Deutschland wird das Ziel verfolgt, den Verkehrssektor bis spätestens 2050 klimaneutral zu gestalten. Dazu sollen die anfallenden Treibhausgasemissionen möglichst vollständig vermieden und verbleibende Restemissionen durch die Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre ausgeglichen werden. Die Verkehrswende lässt sich in zwei parallellaufende Entwicklungen gliedern: die Mobilitätswende und die Energiewende im Verkehr (auch Antriebswende genannt).
CO2-Äquivalent Das CO2-Äquivalent berücksichtigt die unterschiedliche Klimaschädlichkeit von Klimagasen und wird durch das Global Warming Potential (GWP) ausgedrückt. Methan (CH4) beispielsweise hat ein 21-fach höheres globales Erwärmungspotenzial als Kohlenstoffdioxid und dementsprechend ein CO2-Äquivalent von 21.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?577412

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 15:00:13