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Klimaschutzziele des Verkehrssektors

Erstellt am: 20.06.2023 | Stand des Wissens: 20.06.2023
Synthesebericht gehört zu:

Die Europäische Union (EU) hat sich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Diese Klimaschutzziele sind im Europäischen Klimagesetz verankert und für die EU-Mitgliedsstaaten rechtlich verpflichtend. Die EU kommt damit ihren Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris nach, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen [EUR22].
Auf nationaler Ebene wurden mit Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes [KSG] am 18. Dezember 2019 erstmals rechtlich verbindliche Klimaschutzziele festgeschrieben und damit die europäischen Ziele verankert. In dem Gesetz werden neben nationalen Klimaschutzzielen auch Jahresemissionsmengen für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft bis 2030 vorgegeben. Mit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle am 31. August 2021 wurden die Vorgaben im Bundes-Klimaschutzgesetz nochmals verschärft. Folgende nationale Klimaschutzziele wurden beschlossen: [BMDV21g]
  • Bis 2030: Minderung der Treibhausgasemissionen um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990
  • Bis 2040: Minderung der Treibhausgasemissionen um mindestens 88 Prozent gegenüber 1990
  • Bis 2045: Netto-Null-Treibhausgasemissionen (Klimaneutralität)
  • Bis 2050: Negative Treibhausgasemissionen [KSG]
Mit Bezug auf die sektoralen Jahresemissionsmengen müssen die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors im Jahr 2030 auf 85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente reduziert werden (Abbildung 1). Das entspricht einer Minderung von 48 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 1990 [BMDV21g]. Um bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen, muss bis dahin auch der Verkehrssektor seine Treibhausgasemissionen weitestgehend auf null senken. Spätestens aber bis 2050 [HeLa23].
Jahresemissionsmengen nach Bereich bis 2030.pngAbb. 1: Jahresemissionsmengen nach Bereichen bis 2030 [BMU21e]
Zusätzlich sieht das KSG ein kontinuierliches Monitoring-Verfahren vor, in dem die Ist-Jahresemissionsmengen mit den Soll-Jahresemissionsmengen verglichen werden. Bei Nicht-Erreichen eines Jahresemissionsziels muss durch ein Sofortprogramm des zuständigen Ministeriums nachgesteuert werden, damit die Jahresemissionsziele in den Folgejahren wieder erreicht werden können [BMDV21g]. Im Verkehrssektor wurde das Jahresemissionsziel von 2021 um 3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente überschritten (148 statt den vorgegebenen 145 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten). Dementsprechend legte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) am 13. Juli 2022 ein Sofortprogramm vor [BMDV22j]. Die dargelegten Maßnahmen wurden allerdings kurz darauf vom Expertenrat für Klimafragen bezüglich ihres Treibhausminderungspotenzials als unzureichend bewertet [ERK22b].
Ebenso ist der Projektionsbericht 2021 der Bundesregierung für die Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland zu dem Ergebnis gekommen, dass die Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm 2030 für den Verkehrssektor nicht ausreichen, um die vorgegebenen Jahresemissionsmengen aus dem KSG bis 2030 einzuhalten [BMU21f]. Das Klimaschutzprogramm 2030 wurde am 9. Oktober 2019 beschlossen und umfasst für alle Sektoren ein Maßnahmenbündel zur Erreichung der nationalen und sektoralen Klimaschutzziele bis 2030 [BMDV21g]. Um dieser möglichen Zielverfehlung im Verkehrssektor und ähnlichen Trends in den anderen Sektoren entgegenzuwirken, wird ein sektorübergreifendes Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 von der Bundesregierung erarbeitet. Die dort eingeführten Maßnahmen werden sich maßgeblich an den vorgegebenen Jahresemissionsmengen aus dem KSG orientieren, damit die Klimaschutzziele bis 2030 eingehalten werden können [BReg22b]. Greifen diese zusätzlichen Maßnahmen nicht, würde laut Projektionsbericht 2021 mit den derzeitigen Maßnahmen bis 2030 sektorübergreifend lediglich eine Reduktion von etwa 50 Prozent gegenüber 1990 erreicht und das nationale Klimaschutzziel für 2030 dementsprechend um 15 Prozentpunkte verfehlt werden [BMU21f].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Energiewende im Verkehr durch klimaneutrale Antriebsenergie (Stand des Wissens: 21.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?572442
Literatur
[BMDV21g] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Klimaschutzziele und Beschlüsse, 2021/10/27
[BMDV22j] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) BMDV legt Sofortprogramm zur Einhaltung der Klimaziele im Verkehrssektor vor, 2022/07/13
[BMU21e] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Hrsg.) Novelle des Klimaschutzgesetzes beschreibt verbindlichen Pfad zur Klimaneutralität 2045 , 2021/05/12
[BMU21f] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Hrsg.) Projektionsbericht 2021 für Deutschland, 2021
[BReg22b] Bundesregierung (Hrsg.) Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 (Entwurf - Stand 04.04.22), 2022
[ERK22b] Expertenrat für Klimafragen (Hrsg.) Sofortprogramme können Einhaltung der Klimaziele nicht sicherstellen - Gebäude mit substanziellem Beitrag, Verkehr schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch, 2022/08/25
[EUR22] Europäischer Rat (Hrsg.) Ein europäischer Grüner Deal, 2022/12/06
[HeLa23] Manuel Hendzlik, Martin Lange, Philipp Hölting, Martin Lambrecht, Kilian Frey,, Martin Schmied, Katrin Dziekan, Miriam Dross Klimaschutzinstrumente im Verkehr - Bausteine für einen klimagerechten Verkehr, 2023/03/15
Rechtsvorschriften
[KSG] Bundes-Klimaschutzgesetz
Glossar
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)
CO2-Äquivalent Das CO2-Äquivalent berücksichtigt die unterschiedliche Klimaschädlichkeit von Klimagasen und wird durch das Global Warming Potential (GWP) ausgedrückt. Methan (CH4) beispielsweise hat ein 21-fach höheres globales Erwärmungspotenzial als Kohlenstoffdioxid und dementsprechend ein CO2-Äquivalent von 21.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?572276

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 12:53:05