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Funktion und Aufgaben von Umschlagunternehmen in Seehäfen

Erstellt am: 18.01.2023 | Stand des Wissens: 25.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Umschlagsunternehmen und Terminalbetreiber in Seehäfen fungieren
  • als Schnittstellen zwischen Land und Übersee,
  • als zentrale Orte zum multimodalen Umschlag von Gütern auf Wasser, Schiene und Straße oder dienen der
  • Zwischenlagerung von Gütern.

Der Güterumschlag in Seehäfen erfordert oft spezielle Einrichtungen zur Be- und Entladung sowie zur Ausrüstung der Schiffe. Neben den infrastrukturellen Einrichtungen, die für die Aufnahme von Schiffen, Lastkraftwagen und Zügen notwendig sind (Liegeplätze, Laderampen oder Güterbahnhöfe), bedarf es in Abhängigkeit der Art des umgeschlagenen Gutes verschiedenster Umschlaggeräte und Lagerungsmöglichkeiten. Um einen effizienten Umschlag zu ermöglichen, kommt es deshalb zur funktionellen Ausdifferenzierung der Umschlagsunternehmen im Hafen nach der Güterstruktur [Rod20], die wie folgt möglich ist:
  • Containergut
  • RoRo-Gut auf Lkw, Trailer oder Bahn
  • Konventionelles Stückgut
  • Flüssiges Massengut
  • Trockenes Massengut
Der Umschlag von Massengut orientiert sich an der Beschaffenheit der Güter. Flüssige Massengüter wie Rohöl, Chemikalien und raffinierte Produkte werden mit Hilfe von Pumpen, Schläuchen und Rohren befördert. Es werden nur relativ wenige Umschlaggeräte benötigt, aber es können umfangreiche Lagereinrichtungen erforderlich sein. Trockene Schüttguter umfassen eine breite Palette von Produkten wie Erze, Kohle und Getreide. Für den Umschlag von Trockenmassengütern wird mehr Ausrüstung benötigt, da je nach Material unter Umständen spezielle Greifer, Krane und Förderbandsysteme eingesetzt werden müssen [Bri05, S. 165184].
Konventionelles Stückgut bezieht sich auf Güter, die viele Formen, Abmessungen und Gewichte haben, wie zum Beispiel Maschinen, verarbeitete Materialien und Teile. Da die Güter so ungleichmäßig und unregelmäßig sind, ist der Umschlag schwer zu automatisieren. Für den Umschlag werden größtenteils mobile Hafenkrane und spezielle Fahrzeuge verwendet.
Containerterminals benötigen eine beträchtliche Menge an Lagerfläche, das heißt befestigte Flächen, auf denen Container mit speziellem Equipment (Straddle Carrier, Containerlagerkrane, Reach Stacker) gestapelt und/oder ein- und ausgelagert werden können. Zur wasserseitigen Be- und Entladung der Container werden spezielle Containerkrane benötigt [Rod20].
Der Umschlag von RoRo-Gütern im Fähr- und RoRo-Verkehr erfolgt über schiffseigene oder am Kai installierte Rampen. Die Ladung wird rollend auf das Schiff geladen. Diese Technologie kann flexibel den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden, von einfachen Lösungen für kleinere RoRo-Einheiten bis zu aufwändigen Doppelstockrampen im Fährverkehr [Bri05, S. 337345].
Ein Merkmal der meisten Frachttätigkeiten ist der Bedarf an Lagerung. Die Ladungseinheiten für den Transport zusammenzustellen, kann zeitaufwändig sein, sodass für einen Teil der Ladungseinheiten eine Zwischenlagerung erforderlich sein kann. Dies führt dazu, dass die Terminals mit speziellen Infrastrukturen wie Getreidesilos, Lagertanks und Kühllagern ausgestattet werden müssen oder einfach Platz für die Lagerung von Containern oder Massengütern benötigen [Rod20]. In Deutschland befinden sich die Umschlagsunternehmen mit wenigen Ausnahmen in privater Hand [ClGe13, S. 209].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Funktionen und Zukunftsperspektiven von Seehäfen im Kontext maritimer Lieferketten (Stand des Wissens: 18.01.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?50780
Literatur
[Bri05] Brinkmann, B. Seehäfen - Planung und Entwurf, Springer / Berlin, 2005, ISBN/ISSN 3-540-20587-X
[ClGe13] Uwe Clausen, Christiane Geiger Verkehrs- und Transportlogistik (2. Auflage), Springer Vieweg Verlag, 2013/10/07, ISBN/ISSN 978-3-540-34298-4
[Rod20] Dr. Jean-Paul Rodrigue The Geography of Transport Systems, Ausgabe/Auflage 5th Edition, 2020
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Straddle Carrier
Hochbeiniges Transportfahrzeug, das zwischen seinem Fahrgestell Container transportieren kann. Es wird  zum Horizontaltransport und zur Ein-, Aus- und Umlagerung von Containern genutzt. Container werden hierzu überfahren und von oben aufgenommen.
Reach Stacker
Greifstapler, der zum Horizontaltransport und zur Ein-, Aus- und Umlagerung von Containern genutzt wird. Container werden über Topspreader von oben aufgenommen und ein Teleskoparm ermöglicht das Aufnehmen und Absetzen von Containern bis zu drei Reihen hintereinander. Diese Staplerart eignet sich besonders gut bei kurzen Transportvorgängen und vielen Stapelvorgängen.
Palette
Eine Palette ist ein Ladungsträger, auf dem eine größere Anzahl von Transportgütern zu gleichartigen (unifizierten) Ladungseinheiten zusammengefasst werden kann. Durch Normierung von Bauart und Größe jeweils verwendeter Paletten sowie korrespondierender Transport-, Umschlags- oder Lagersysteme lassen sich anfallende logistische Prozesse sowohl in zeitlicher als auch monetärer Hinsicht rationalisieren.
Seehafenterminal
In einem Containerterminal erfolgt der Umschlag von Containern, Wechselbehältern, Wechselbrücken oder Sattelaufliegern und ähnlichen Ladeeinheiten im Hafen. Weiterhin kann auch Projektgeschäft, z.B. übergroße Ladungen, umgeschlagen werden.
Zusätzlich zu den Containerterminals umfasst der Begriff des Seehafenterminals auch andere Ladungs- und Terminalarten, wie z.B. Massengutterminals oder Flüssiggutterminals.
Charakteristisch für Seehafenterminals ist die Anbindung an das Wasser und mindestens einen weiteren Verkehrsträger.
Rollende Landstraße
Die Rollende Landstraße (RoLa) ist ein Produkt im Bereich des Schienengüterverkehrs. Sie stellt eine spezifische Form des begleiteten Kombinierten Verkehrs dar. Dabei werden Lastkraftwagen bzw. Sattelzüge mit Hilfe der Roll-On/Roll-Off-Technik auf einen Güterzug aus durchgehenden Niederflurwagen verladen und über eine bestimmte Strecke transportiert. Die Fahrer begleiten ihre Fahrzeuge i. d. R. in einem mitgeführten Reisezugwagen. In Europa wird die RoLa z. B. für alpenquerende Verkehre angeboten. Sie kann eine betriebswirtschaftliche und/oder ökologische Alternative zum Straßengütertransport sein.
Ro/Ro Abkürzung für "Roll on/Roll off" - beschreibt im Seeverkehr den rollenden Ladungsumschlag über schiffseigene und/oder landseitige Rampen; im Kombinierten Verkehr die horizontale Verladung rollender oder rollbar gemachter Ladeeinheiten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?564719

Gedruckt am Sonntag, 28. April 2024 01:46:14