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Operateure in der Gefahrgutlogistik

Erstellt am: 09.06.2015 | Stand des Wissens: 10.08.2023
Synthesebericht gehört zu:

An der operativen Durchführung der Gefahrgutbeförderung sind verschiedene Akteure beteiligt. Diese haben individuelle Zuständigkeiten und Pflichten und interagieren miteinander.

"Auftraggeber des Absenders ist das Unternehmen, das einen Absender beauftragt, als solcher aufzutreten und Gefahrgut selbst oder durch einen Dritten zu versenden" [GGVSEB]. Er hat sich zu vergewissern, dass das Gefahrgut ordnungsgemäß klassifiziert ist und befördert werden darf und dem Absender notwendige Informationen mitzuteilen [GGVSEB].

Der Absender ist das Unternehmen, das selbst oder für einen Dritten gefährliche Güter versendet" [GGVSEB]. Er ist daran interessiert, dass der von ihm veranlasste Gefahrguttransport möglichst kostengünstig und im zeitlichen Rahmen durchgeführt wird. Er erstellt die Beförderungspapiere und ist für ihre Weitergabe zuständig. Er hat über Art und Menge der Güter zu informieren und zu prüfen, ob diese gemäß der verkehrsträgerspezifischen Vorschriften klassifiziert sind und befördert werden dürfen [ADR; ADN; RID; ICAO-TI; IMDG]. Weiterhin muss bei den Transportverpackungen darauf geachtet werden, dass diese zugelassen sind und korrekte Kennzeichnungen verwendet werden. Dritte (Verpacker, Verlader, Beförderer etc.) werden von ihm auf Vorschriften hingewiesen [ADR]. Der Absender hat die zuständigen Behörden über den Gefahrguttransport zu benachrichten [GGVSEB].

Der Verlader ist das Unternehmen, das Gefahrgüter auf ein Transportmittel, zum Beispiel auf einen Lastkraftwagen, verlädt. Er ist bestrebt, den Verladeauftrag möglichst schnell, kosteneffizient und frei von Personen- oder Sachschäden durchzuführen. Er muss den Fahrzeug- oder Schiffsführer über das Gefahrgut informieren und darf es nur übergeben, wenn die Beförderung gesetzlich zulässig ist. Des Weiteren muss er die Verpackung auf Beschädigungen und Verschlüsse auf Dichtheit überprüfen sowie auf die korrekte Befüllung und Kennzeichnung von Tanks achten [Beis12]. Die Ladung ist vorschriftsgemäß zu sichern und die Vorschriften für die Zusammenpackung sind einzuhalten [ArIs08; ADR].

Der Beförderer ist das Unternehmen, das den Transport selber oder durch Dritte durchführt. Er strebt die schadensfreie und kostengünstige Beförderung innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens an. Er hat sicherzustellen, dass nur geschulte Fahrzeugführer eingesetzt werden. Die Ausstattung des Transportmittels mit Sicherheitsausrüstungen wie Feuerlöschgeräten und Ladungssicherungsausrüstung liegt in seiner Verantwortung. Falls Vorschriften nicht erfüllt sind, muss er Beförderungsverbote beachten [ArIs08]. Im Straßenverkehr hat der Beförderer insbesondere die Vorschriften des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße [ADR] zu beachten. Im Eisenbahnverkehr sind analog die Vorschriften des [RID] (Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter) zu befolgen. Für Binnenschiffer sind die Vorschriften des ADN (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstraßen) [ADN] zu beachten. Diese betreffen auch die Eigentümer der Binnenschiffe und die Ausrüster.

Die Aufgabe des Fahrzeugführers ist es, den Gefahrguttransport in der vereinbarten Zeit unfallfrei durchzuführen. Er muss auf die Unversehrtheit der Verpackung, die Anbringung von äußeren Kennzeichen, die Mitnahme von Ausrüstung für die Durchführung von Notfallmaßnahmen und korrekte Ladungssicherung achten. Im Straßenverkehr muss er vorzugsweise die Autobahn wählen. Fahrzeugführer von Transporten gefährlicher Güter müssen an einer von den Industrie- und Handelskammern anerkannten Schulung teilnehmen, welche alle fünf Jahre zu wiederholen ist [GGVSEB; ADR; BMVI13c]. In der Binnenschifffahrt treffen den Schiffsführer vergleichbare Vorschriften bezüglich der Sicherstellung der vorschriftsmäßigen Beladung [GGVSEB].

Der Empfänger von Gefahrgut ist beispielsweise ein Automobilhersteller, der Airbags (Gefahrgut) von einem Lieferanten bezieht und diese in seine Fahrzeuge verbaut. Das Interesse des Empfängers ist es, das Gefahrgut zum gewünschten Zeitpunkt unbeschadet entgegen zu nehmen. Er ist verpflichtet, die Annahme des Gutes nicht ohne zwingenden Grund zu verzögern, den Fahrzeugführer in die Entladestelle einzuweisen und die Vorschriften bezüglich der Entladung zu beachten [ArIs08; GGVSEB].

Eine besondere Rolle in der Gefahrgutlogistik nimmt der sogenannte Gefahrgutbeauftragte ein, über den gemäß Gefahrgutbeauftragtenverordnung [GbV] jedes Unternehmen verfügen muss, das an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt ist. Ausgenommen sind Betriebe, die jährlich weniger als 50 Tonnen gefährliche Güter für den Eigenbedarf in Erfüllung betrieblicher Aufgaben handhaben oder die lediglich als Empfänger fungieren [MeFö10]. Der Gefahrgutbeauftragte hat die Aufgabe, in seinem Betrieb nach Mitteln und Wegen zu suchen und Maßnahmen zu veranlassen, die die Einhaltung der Vorschriften bezüglich der Beförderung von Gefahrgut erleichtern. Er überwacht die Einhaltung der Vorschriften, berät das Unternehmen bezüglich der Handhabung gefährlicher Güter und zeigt Mängel auf. Des Weiteren ist er für die Erstellung eines Jahresberichtes über die Tätigkeiten des Unternehmens in Bezug auf die Gefahrgutbeförderung zuständig. Die Funktion des Gefahrgutbeauftragten wurde im Jahr 1989 als Reaktion auf einen zwei Jahre zuvor stattgefundenen Unfall eines Kraftstofftankwagens in Herborn ins Leben gerufen. Im Jahr 1996 wurde nach dem Vorbild der deutschen Gefahrgutbeauftragtenverordnung die europäische Sicherheitsberater-Richtlinie 96/35/EG [EG 96/35] erlassen. Für die Prüfung von Gefahrgutbeauftragten sind in Deutschland die Industrie- und Handelskammern zuständig [Klei14]. Die Einführung des Gefahrgutbeauftragten wird im Allgemeinen als Erfolgsgeschichte angesehen, jedoch existieren in vielen Unternehmen aus Kostengründen weiterhin Mängel im Umgang mit Gefahrgut. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die zu erwartenden Bußgelder bei Nichteinhaltung von Vorschriften oft geringer ausfallen als die Kosten für erhöhte Sicherheitsmaßnahmen [Helm14].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Gefahrgutlogistik im Spannungsfeld gegensätzlicher Anforderungen (Stand des Wissens: 23.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?450386
Literatur
[ArIs08] Arnold, D., Isermann, H., Kuhn, A., Furmans, K., Tempelmeier, H. Handbuch Logistik, Ausgabe/Auflage 3., neu bearbeitete Auflage, Springer-Verlag / Berlin Heidelberg, 2008, ISBN/ISSN 3540729283
[Beis12] Beiselen GmbH Beiselen Gefahrgut-Info, 2012
[BMVI13c] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Die Beförderung gefährlicher Güter, 2013/03
[Helm14] Helmke, Claus-Dieter Kontrolldruck umverteilen, veröffentlicht in Gefährliche Ladung, Ausgabe/Auflage 02/2014, 2014
[Klei14] Klein, Stefan Zum Jubiläum viel Lob, veröffentlicht in Gefährliche Ladung, Ausgabe/Auflage 08/2014, 2014
[MeFö10] Heinz Meinholz, Gabi Förtsch Handbuch für Gefahrstoffbeauftragte, Vieweg + Teubner, 2010
Rechtsvorschriften
[ADN] ADN 2000
[ADR] Gesetz zu dem Protokoll vom 28. Oktober 1993 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)
[ADRa] Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)
[EG 96/35] Richtlinie 96/35/EG
[GbV] Verordnung über die Bestellung von Gefahrgutbeauftragten in Unternehmen (Gefahrgutbeauftragtenverordnung - GbV)
[GGVSEB] Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt - GGVSEB
[ICAO-TI] ICAO-Annex 18: The Safe Transport of Dangerous Goods by Air
[IMDG] IMDG-Code (International Maritime Code for Dangerous Goods)
[RID] Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung
gefährlicher Güter
Glossar
Verlader Der Verlader ist derjenige Teilnehmer in der Transportkette, der die Ladung/Transportgut erstmals aufgibt. Unter einem Verlader versteht man ein Unternehmen, das Logistikdienstleistungen (Transport, Verladen etc.) bei einem Logistikdienstleister in Auftrag gibt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?450010

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 16:37:52