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Multimodalität

Erstellt am: 19.05.2015 | Stand des Wissens: 11.08.2023
Synthesebericht gehört zu:

Multimodalität wird durch den Anteil an Verkehrsteilnehmern, die in einem vorgegebenen Zeitraum verschiedene Verkehrsmittel nutzen, beschrieben [vgl. Chlond13, S. 275]. Im Gegensatz zu der wegebezogenen Beschreibung vom Mobilitätsverhalten durch den Modal Split (Verkehrsaufkommen), ist Multimodalität als eine personenbezogene Größe zu verstehen [vgl. Chlond13, S. 276].
Untersuchungen zur Quantifizierung des multimodalen Verkehrsverhaltens von Personengruppen unterscheiden sich durch:
  • die Definitionen des Begriffes Multimodalität (bezüglich Anzahl der Verkehrsmittel, Betrachtungszeitraum) sowie
  • die Datengrundlage.
In [Interde10, S. 24] werden als monomodal diejenigen beschrieben, die innerhalb einer Woche üblicherweise mit nur einem Verkehrsmittel unterwegs sind, das heißt seltener als einmal in der Woche ein zweites Verkehrsmittel nutzen. Nach dieser Definition beträgt der Anteil multimodaler Personen rund 50 Prozent (bezogen auf eine Woche). Als Datengrundlage dienen die Ergebnisse des Deutschen Mobilitätspanels (MOP). Die daraus abgeleitete Charakterisierung der mono- und multimodalen Personengruppen wird Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Anteile mono- und multimodaler Nutzergruppen nach MOP 1995 - 2006 [AHRE17, S. 49]
Bei der Gruppe der in der Abbildung 1 dargestellten multimodalen Nutzer zweier Verkehrsmittel (Rad und ÖV, MIV und ÖV, MIV und Rad) wird jedes der Verkehrsmittel mindestens einmal pro Woche genutzt. Die Gruppe der restlichen 10 Prozent multimodaler Verkehrsteilnehmer nutzt jedes der drei Verkehrsmittel in der Regel mindestens einmal pro Woche [Interde10, S. 25].
In Abbildung 2 sind die gleichen Daten, nach einer anderen Einteilung dargestellt. Aufgrund der unterschiedlichen Einteilung von multi- und monomodalen Verkehrsteilnehmern ergibt sich ein niedrigerer Anteil der Multimodalen von 38 Prozent. Die unterschiedlichen Anteile beim Vergleich der beiden Abbildungen nach zeigen die Problematik der verschiedenen Ansätze zur Betrachtung von multimodalem Verkehrsverhalten. In der ersten Arbeit [Interde10] werden sowohl multimodale als auch monomodale Fußwege nicht berücksichtigt. Außerdem werden alle MIV-Wege als Fahrer und Mitfahrer zusammengefasst. Im Gegensatz dazu schließt die zweite Arbeit [Chlond13] monomodale Fußwege und MIV-Wege als Mitfahrer in die Betrachtung mit ein.

Einteilung der deutschen Bevölkerung im Alter von über 10 Jahren nach der Verkehrsmittelnutzung im Verlauf einer Woche auf Grundlage von Daten des Deutschen Mobilitätspanels (Stand 01.10.2012)Abbildung 2: Einteilung der deutschen Bevölkerung im Alter von über 10 Jahren nach der Verkehrsmittelnutzung im Verlauf einer Woche auf Grundlage von Daten des Deutschen Mobilitätspanels (Stand 01.10.2012) [vgl. Chlond13, S. 279]
Im Gegensatz zum Pkw, der als "Universalverkehrsmittel" eingestuft wird [vgl. Fran04, S. 106; Chlond13, S. 280], zeigen der Öffentliche Verkehr (ÖV) und das Rad gewisse räumliche oder wegezweckspezifische Bereiche auf, in denen sie jeweils, gegenüber den übrigen Verkehrsmittelarten, verstärkt genutzt werden. So zeigt der ÖV eine besondere Eignung für Pendelwege aber auch für sonstige Wege sowohl in die Stadt (zum Beispiel zum Einkaufen) als auch in Stadtkernen. Ferner tritt die multimodale ÖV-Nutzung generell in urbanen Räumen auf. Dahingegen lässt sich eine verstärkte Fahrradnutzung nach dem Raumtyp nicht feststellen. Sowohl in ländlichen als auch in städtischen Bereichen wird das Fahrrad insbesondere für Wege im Nahbereich genutzt. [vgl. BMP03; Chlond13]
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Charakterisierung und Zusammenhänge von Multi- und Intermodalität (Stand des Wissens: 11.08.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?447105
Literatur
[AHRE17] Ahrens, G.-A.,, Wittwer, R.,, Hubrich, S. Auch flexibles Carsharing nutzt dem ÖPNV! Mittelbare Effekte aus mehr Multimodalität und geringerem PKW-Besitz, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, Ausgabe/Auflage 3/2017, 2017/03
[BMP03] Von der Ruhren, S., Rindsfüser, G., Beckmann, K.J., Kuhimhof, T., Chlond, B., Zumkeller, D. Bestimmung multimodaler Personengruppen, Aachen/Karlsruhe, 2003
[Chlond13] Chlond, B. Multimodalität und Intermodalität, veröffentlicht in Nicht weniger unterwegs, sondern intelligenter? Neue Mobilitätskonzepte, Ausgabe/Auflage Band 11, Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH, Berlin, 2013, ISBN/ISSN 978-3-88118-521-9
[Fran04] Franke, S. Die "neuen Multimodalen" - Bedingungen eines multimodalen Verkehrsverhaltens, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, Ausgabe/Auflage Heft-Nr. 3, 2004/03
[Interde10] TU Dresden, Lehrstuhl Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Prof. Dr.-Ing. G.-A. Ahrens, Ahrens, Gerd-Axel, Aurich, Tanja, Böhmer, Thomas, Klotzsch, Jeannette, Pitrone, Anne Interdependenzen zwischen Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung. Analysen, Strategien und Maßnahmen einer integrierten Förderung in Städten, 2010
[Nob07] Nobis, C. Multimodality - Facets and Causes of Sustainable Mobility Behaviour, veröffentlicht in Behavioral Responses to Policy and System Changes, Ausgabe/Auflage Transportation Research Record Vol. 2010, 2007, ISBN/ISSN 0361-1981
Weiterführende Literatur
[KIT11] Institut für Verkehrswesen, Karlsruhe Institute for Technology (KIT), Zumkeller, Prof. Dr.-Ing. Dirk, Chlond, Dr.-Ing. Bastian, Kagerbauer, Dr.-Ing. Martin, Kuhnimhof, Dr.-Ing. Tobias, Wirtz, Dipl.-Ing. Matthias Deutsches Mobilitätspanel (MOP) - wissenschaftliche Begleitung und erste Auswertungen, 2011/01/18
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
MOP - Deutsches Mobilitätspanel
ist eine im Auftrag des BMVBS jährlich durchgeführte Befragung von Haushalten in Deutschalnd zum Mobilitätsverhalten im Alltag. Die Haushaltsmitglieder dokumentieren alle durchgeführten Wege im Verlauf einer Woche. Das MOP ist eine Längsschnittuntersuchung.
Modal Split
Modal Split wird in der Verkehrsstatistik die prozentuale Verteilung des Personen- und Güterverkehrs auf verschiedene Verkehrsmittel (Modi) genannt. Der Modal Split ist Folge des Mobilitätsverhaltens der Menschen und der wirtschaftlichen, insbesondere der verkehrlichen Entscheidungen von Unternehmen.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?447053

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 06:21:42