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Abstellanlagen des Bike and Ride (B+R)

Erstellt am: 25.09.2003 | Stand des Wissens: 01.03.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Die Anlagen des Bike and Ride sind die wichtigste Schnittstelle zwischen Fahrrad- und öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV). Es gibt verschiedene Arten von Abstellanlagen, am meisten verbreitet sind konventionelle, unbewachte Bike and Ride-Anlagen. Weitere Möglichkeiten sind Fahrradboxen und Fahrradstationen [LeitfInterde10].
Eine Befragung von Bike and Ride-Nutzern in Dresden hat ergeben, dass 85 Prozent der Nutzer ihre Fahrräder ungeordnet ("wild") abstellen würden, wenn es keine Bike and Ride-Anlagen gäbe. Da jedoch ungeordnetes Fahrradparken andere Nutzungen behindert, eventuell Zugangswege blockiert werden können und dadurch das Stadtbild sowie das Ordnungsempfinden stören kann, sollten Abstellanlagen geschaffen werden, die von den Bike and Ride-Nutzern akzeptiert und genutzt werden [LeitfInterde10; VDV12a].
Voraussetzung für die Akzeptanz durch die Nutzer ist die Anordnung der Abstellanlagen in zentraler Lage, möglichst maximal 50 bis 60 Meter von der Haltestelle beziehungsweise dem Bahnsteigzugang entfernt. Die Fahrräder müssen bestmöglich vor Diebstahl und Vandalismus geschützt sein. Dazu gehört auch, dass die Anlage so angeordnet sein sollte, dass sie für möglichst viele Passanten gut einsehbar ist. Durch diese soziale Kontrolle wird sowohl die Sicherheit der Fahrräder als auch die der Nutzer erhöht. Zu einer guten Gestaltung der Abstellanlagen gehören weiterhin eine Überdachung, Beleuchtung und bequeme Abstell- und Anschlussmöglichkeiten, wobei die Auswahl geeigneter Fahrradhalter besonders wichtig ist. Es sollte möglichst an allen Bahnhöfen und Haltestellen zumindest zwei bis vier Fahrradabstellplätze geben, wobei die Kapazität bei Bedarf erweiterbar sein sollte [Jürß09; LeitfInterde10].
Die Investitionskosten für einen überdachten Fahrradstellplatz liegen bei etwa 500 bis 800 Euro (zuzüglich Planungskosten), ein einfacher Anlehnbügel ohne Überdachung kostet etwa 100 bis 150 Euro. Hinzu kommen noch die langfristigen Betriebs- und Unterhaltungskosten. Förderungsmöglichkeiten gibt es länderspezifisch zum Beispiel über die ÖPNV-Förderungen nach den ÖPNV- und Regionalisierungsgesetzen [LeitfInterde10].
Fahrradboxen sind verschließbare Fahrradabstellanlagen, durch die die Fahrräder besonders vor Diebstahl, Vandalismus und Witterung geschützt sind und die auch als Gepäckaufbewahrungsmöglichkeit genutzt werden können. Die Boxen können über Münz- Schließsysteme, Schlüssel oder Codekarten geliehen werden. Entsprechend den lokalen Nutzertypen sind Vermietungssysteme für langfristige Vermietung oder kurzzeitigen Bedarf möglich. Fahrradboxen haben allerdings einen größeren Platzbedarf und verursachen höhere Investitions- und Betriebskosten als konventionelle Bike and Ride-Anlagen. An allen größeren ÖPNV- Knotenpunkten sollten einige Fahrradboxen angeboten werden. Um eine gute städtebauliche Integration der Fahrradboxen zu erreichen, empfiehlt es sich, die Auswahl anhand eines Wettbewerbes zu treffen [LeitfInterde10]. Bereits heute existieren Unternehmen, die sich auf ein stadtweites Angebot von Fahrradboxen spezialisieren.
Fahrradstationen sind die "Flagschiffe" des Bike and Ride. Hierbei handelt es sich um kostenpflichtige, bewachte Fahrradabstellanlagen, die meist auch zusätzliche Serviceangebote wie Fahrradreparatur und -verleih umfassen. Die Fahrräder können hier sicher und witterungsgeschützt auch über einen längeren Zeitraum abgestellt werden. Fahrradstationen sind platzintensiv und haben hohe Investitions- und Betriebskosten. Sie können personell oder automatisiert betrieben werden, jedoch fallen auch beim automatischen Betrieb Personalkosten an (zum Beispiel Bewachung, Ansprechpartner vor Ort). Stationen ohne zusätzliche Serviceangebote sind erst ab 1.000 bis 2.000 Stellplätzen wirtschaftlich zu betreiben, mit Serviceangeboten reduziert sich die Anzahl der dafür notwendigen Stellplätze [LeitfInterde10].
Fahrradboxen und Fahrradstationen bieten zwar eine höhere Sicherheit gegen Diebstahl und Vandalismus als einfachere Bike and Ride-Anlagen, allerdings sind viele Bike and Ride-Nutzer nicht bereit, für das Fahrradparken ein Entgelt zu bezahlen [Jürß09].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Vernetzung des nichtmotorisierten Verkehrs mit dem ÖPNV (Stand des Wissens: 01.03.2019)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?301025
Literatur
[Jürß09] Jürß, M. Evaluierung von Bike & Ride- Anlagen in Dresden und Empfehlung von Ausstattungsstandarts, Dresden, 2009
[LeitfInterde10] TU Dresden, Lehrstuhl Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Prof. Dr.-Ing. G.-A. Ahrens, Ahrens, G.-A., Aurich, T., Böhmer, T., Klotzsch, J. Leitfaden Interdependenzen zwischen Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung , 2010/01
[VDV12a] Fink, B., Haller, M., Schildhauer, M. Fahrrad und ÖPNV besser verbinden, veröffentlicht in Der Nahverkehr - Öffentlicher Personenverkehr in Stadt und Region, Ausgabe/Auflage 30. Jahrgang, 9/2012, Alba Fachverlag, 2012/09
Weiterführende Literatur
[Bick05] Bickelbacher, Paul, Fauth, Clemens "Radlparkhaus" in München-Kieferngarten - Eine gelungene Förderung von Park+Ride, veröffentlicht in PlanerIn, Ausgabe/Auflage 1, 2005
[Bern00b] Berhardsgrütter, Andreas Bewachte Velostation Hauptbahnhof St. Gallen, 2000/11
[ERA95] Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 95), FGSV Verlag / Köln, 1996
[Kieß04] Kießlich, H. , Krüger, H. , Städele, T. Fahrradstationen in NRW - eine Idee wird Programm, 2004
[Brach92a] Bracher, Tilmann Maßnahmen zur Integration von ÖPNV und Fahrradverkehr Teil II, veröffentlicht in Verkehr und Technik, Ausgabe/Auflage Heft 6, 1992/06
[BMVBS12q] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Nationaler Radverkehrsplan 2020, Berlin, 2012/10
[Beth08] Bethge, Anne Selbst für das klapprigste Fahrrad gibt es einen sicheren Stellplatz, veröffentlicht in RegioTrans, 2008/05
Glossar
Bike & Ride Prinzip der Verkehrslenkung durch Bereitstellung von Fahrradständern oder -boxen in der Nähe von Haltestellen des öffentlichen Verkehrs bereits im Außenbereich von Ballungsräumen, um damit einen Umstieg auf den öffentlichen Verkehr zu ermöglichen mit dem Ziel den motorisierten Individualverkehr zu verringern
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Betriebskosten
Betriebskosten sind laufende Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erbringung von Verkehrsleistungen entstehen. Hierzu zählen zum Beispiel Aufwendungen für Energie, Personal, oder Infrastrukturnutzung.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?57862

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 12:01:31