Fahrradindustrie und Fahrradhandel als Wirtschaftsfaktor
Erstellt am: 19.09.2003 | Stand des Wissens: 09.11.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Im Segment des Fahrradverkehrs liegen die wirtschaftlichen Effekte in der Herstellung und Vertrieb von Fahrrädern und Zubehör. Im Jahr 2022 wurden rund 4,6 Millionen Fahrräder und E-Bikes zu einem durchschnittlichen Preis von 1602 Euro verkauft. Damit lag der Gesamtfahrradbestand in Deutschland im Jahr 2022 bei rund 82,8 Millionen Fahrrädern. Der Jahresumsatz der Fahrradindustrie in Deutschland betrug im Jahr 2022 7,36 Milliarden Euro [ZIV23a].
Bei den deutschen Fahrrad- sowie Komponentenherstellern handelt es sich zumeist um kleinere und mittlere Betriebe. Seit einiger Zeit engagieren sich auch fachfremde Branchen im Fahrradhandel, darunter eine Vielzahl von Kfz- Händlern [BMVBW98h]. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland rund 2,6 Millionen Einheiten gefertigt [ZIV23a]. Außerdem gab es in Deutschland im Jahr 2019 rund 281.000 Beschäftigte in der Fahrradindustrie [WI20]. Jedoch ist auch die Fahrradbranche auf allen Ebenen und Qualifikationsniveaus von dem Fachkräftemangel betroffen. Dadurch stellt die Fortführung und Ausweitung der Produktion eine große Herausforderung dar [ZIV23b].
Zusätzlich zu den in Deutschland gefertigten Rädern wurden im Jahr 2022 4,43 Millionen Fahrräder und E-Bikes aus dem Ausland importiert [ZIV23a]. Der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) geht davon aus, dass bei einer Steigerung des Radverkehrs um 5 Prozent ein Anstieg des jährlichen Fahrradverkaufs um bis zu 500.000 Einheiten möglich ist. Das würde eine Generierung von etwa 1.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen bedeuten [BMVBW02c].
Problematisch wirken sich für deutsche Fahrrad- und Komponentenhersteller die hohen Entwicklungskosten ihrer Produkte aus, wodurch die Vermarktung neuer Produkte erschwert wird. Zudem beeinflussen minderwertige Kopien hochwertiger deutscher oder europäischer Produkte die Marktchancen kleiner Unternehmen negativ [BMVBW98h].
Mit der EUROBIKE in Friedrichshafen und der Internationalen Fahrrad- und Motorradausstellung (IFMA) in Köln werden in Deutschland zwei große Fahrradmessen angeboten. Daneben existieren regionale Fahrradmessen oder Fachausstellungen im Rahmen anderer Ausstellungen [BMVBW98h].
Aufgrund der demographischen Entwicklung werden von den Händlern verstärkt "seniorengerechte" Fahrräder mit tiefem Durchstieg angeboten. Auch Falträder, welche zusammengeklappt leicht im Kfz oder Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mitgenommen werden können, sowie Elektrofahrräder erfreuen sich zunehmender Beliebtheit.
Doch auch das Laufrad für kleine Kinder hat eine Renaissance erfahren. So kommen zunehmend Laufräder auf den Markt, die so auch Kinder frühzeitig zum Rad bringen.
Doch auch das Laufrad für kleine Kinder hat eine Renaissance erfahren. So kommen zunehmend Laufräder auf den Markt, die so auch Kinder frühzeitig zum Rad bringen.
Die Wirtschaftlichen Effekte des Fußgängerverkehrs im Bereich Industrie und Handel sind im Gegensatz zum Radverkehr schwierig zu quantifizieren. Im direkten Zusammenhang mit dem Fußgängerverkehr steht die Bekleidungsindustrie. Die Art der notwendigen Bekleidung der Fußgänger ist abhängig vom Umfeld und von der Witterung. Im Bereich für wanderbezogene Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände kann das Ausgabevolumen jährlich auf rund 3,7 Milliarden Euro beziffert werden [DWV10a]. Die sogenannte Outdoor-Kleidung wird zunehmend zum Life-Style-Produkt, die auch im Alltag getragen wird.
Weiterhin bedingen sich der Nichtmotorisierte Verkehr (NMV) und der (Einzel-)Handel gegenseitig. Belebte Quartiere mit hoher Aufenthaltsqualität für Fußgänger und Radfahrer tragen zur Attraktivität eines Handelsstandortes bei [ScHa04]. Einkäufe des täglichen Bedarfs werden meist in näherer Umgebung des Wohnortes, überwiegend zu Fuß oder mit dem Fahrrad, erledigt. Auch in Stadtzentrumsbereichen sind nennenswerte Fußgänger- und Radfahreranteile beim Einkaufen festzustellen. Im Jahr 2008 wurde in 19 ausgewählten deutschen Städten der Modal Split des Einkaufsverkehrs erfasst (siehe Diagramm 1). Besonders in der Fahrradstadt Münster liegt der Anteil des NMV am Einkaufsverkehr bei fast 40 Prozent [HDE10].
Abbildung 1: Anteil der Fußgänger und Radfahrer am Einkaufsverkehr [HDE10]