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Akzeptanz und Nutzungshemmnisse

Erstellt am: 18.09.2003 | Stand des Wissens: 10.01.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Akzeptanz- oder Nutzungshemmnisse des Carsharings liegen begründet
  • in der Bekanntheit des Ansatzes,
  • auf funktionaler Ebene sowie
  • auf emotionaler Ebene.
Während im Jahr 2001 53 Prozent der Befragten (n = 1000) noch nie etwas von Carsharing gehört hatten beziehungsweise sich nichts Genaues darunter vorstellen konnten [BAST04b, S. 65], ist heutzutage der Mehrheit der Führerscheinbesitzer in Großstädten der Begriff Carsharing bekannt. Nur 13 Prozent haben noch nie von Carsharing gehört (siehe Abbildung 1) [ADAC15].
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Abbildung 1: Bekanntheit von Carsharing [ADAC15]
Viele der jetzigen Carsharing-Mitglieder sind durch Freunde, Bekannte aber auch durch eigenes Interesse auf das Carsharing aufmerksam geworden. Werbung stellt nebenbei ein wichtiges Informationsmedium dar [MVV12].
Im Vergleich zur privaten Pkw-Nutzung ergeben sich auf funktionaler Ebene beim Carsharing einige Besonderheiten:
  • Im Vergleich zur Nutzung des eigenen Pkw ist ein Planungs- und Buchungsaufwand vorhanden. Allerdings entfällt auch in regelmäßigen Abständen Aufwand für die Wartung des Fahrzeuges (zum Beispiel Reinigung oder Reifenwechsel).
  • In den Anfängen des Carsharings war aufgrund der geringen Nutzerzahl und nur wenig verfügbaren Carsharing-Autos eine durchschnittliche Wegezeit von 13 Minuten zum Stellplatz zurückzulegen [Koss02; Pete95]. Trotz stark gestiegener Nutzerzahlen und der daraus resultierenden größeren Standortdichte in den letzten Jahren können die Zugangszeiten zum Stellplatz des privaten Autoverkehrs (noch) nicht erreicht werden. Im privaten Autoverkehr liegt diese Zugangszeit in der Regel bei ein bis zwei Minuten. Beim stationsbasierten Carsharing entfällt jedoch aufgrund fest reservierter Parkplätze auch die Zeit für eine Parkplatzsuche und das Parkticket.
  • Der Nutzer hat keine 100-prozentige Sicherheit, den gewünschten Wagen zu bekommen.

Carsharing besitzt auf emotionaler Ebene die systemimmanente Eigenschaft, dass es sich nicht um ein "eigenes Auto" handelt. Damit entfällt die Möglichkeit der Präsentation eines "Prestigeobjektes" vor der Haustür, sofern Carsharing als Ersatz für einen Erst-Pkw dient. Zudem kann das Teilen eines derart hochwertigen Gegenstandes zum Teil mit Hemmungen und Abneigungen verbunden sein.
Zur Akzeptanzsteigerung des Carsharings können folgende Maßnahmen dienen:
  • Erhöhung der Stationsdichte bis zur fußläufigen Erreichbarkeit,
  • Bereitstellung der Fahrzeuge an Knotenpunkten,
  • Bereitstellung der Fahrzeuge in dicht besiedelten Wohngebieten [UBA20z],
  • Anbindung an den Öffentlichen Verkehr,
  • Einrichtung verkehrsmittelübergreifender Mobilitätsstationen (Mobilpunkte) [UBA20z],
  • flexible Zuteilung der Fahrzeuge zu den Standorten entsprechend der Nachfrage,
  • Bereitstellung auch an Standorten, wo bisher noch keine Nachfrage vorhanden ist,
  • Ermöglichen sogenannter "Quernutzungen", das heißt, dass auch Fahrzeuge anderer Anbieter genutzt werden können [Kell00; Pesc96] und
  • Bereitstellung von E-Fahrzeugen, da Carsharing-Nutzer eine hohe Akzeptanz für elektrisches Carsharing sowie für das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs besitzen [Wimo15].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Carsharing (Stand des Wissens: 20.02.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?56435
Literatur
[ADAC15] Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e. V. (ADAC) (Hrsg.) Wie tickt der Autofahrer? Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zum Carsharing im Auftrag des ADAC, 2015/03
[BAST04b] Loose, Willi , Mohr, Mario , Nobis, Claudia , et al. Bestandsaufnahme und Möglichkeiten der Weiterentwicklung von Car-Sharing, veröffentlicht in Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Ausgabe/Auflage Verkehrstechnik Heft V 114, Wirtschaftsverlag NW, Bergisch Gladbach, 2004/07, ISBN/ISSN 3-86509-144-X
[Kell00] Keller, Thomas Entwicklung und Potential von organisiertem Car-Sharing in Deutschland, Österrreich und der Schweiz, veröffentlicht in IVS-Schriften, Ausgabe/Auflage 9, Österreichischer Kunst- und Kulturverlag, 2000, ISBN/ISSN 3-85437-198-5
[Koss02] Koss, Reinhard Car-Sharing als Beitrag zur Lösung der verkehrs- und umweltpolitischen Krise?, Verlag für Wissenschaft und Forschung GmbH, Berlin, 2002
[MVV12] Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV) (Hrsg.) Klassisches CarSharing und ÖPNV in den MVV-Landkreisen - eine Win-Win-Beziehung, 2012/06/23
[oeko01] Michael Schaaf, Fritjof Mothes, Gesine Zuchanke, doppelspitze, Ralf Elsässer + Angelika Kell GbR Innovative CarSharing-Konzepte für Privatkunden und kleine Unternehmen auf kommunaler Ebene, Leipzig, 2001/01
[Pesc96] Pesch, Stephan Car-Sharing als Element einer Lean Mobility im Pkw-Verkehr - Entlastungspotentiale, gesamtwirtschaftliche Bewertung und Durchsetzungsstrategien, veröffentlicht in Buchreihe des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Universität Köln, Verkehrs-Verlag J.Fischer, Düsseldorf, 1996, ISBN/ISSN 3-87841-086-7
[Pete95] Markus Petersen Ökonomische Analyse des Car-Sharing, Wiesbaden, 1995
[UBA20z] Umweltbundesamt (Hrsg.) Car-Sharing, 2020/05/03
[Wimo15] Landeshauptstadt München - Kreisverwaltungsreferat, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.) Carsharing bringt nachhaltige Mobilität in den Innenstädten urbaner Ballungsgebiete voran., 2015/10/16
Weiterführende Literatur
[Harm04] Sylvia Harms Besitzen oder teilen - Sozialwissenschaftliche Analyse des CarSharings, Rüegger-Verlag/Zürich, 2003, ISBN/ISSN 3-7253-0753-9
[DtGV17] Deutsche Gesellschaft für Verbraucherstudien mbH (Hrsg.) Carsharing-Anbieter: Test von Preise, Verfügbarkeit, Transparenz & Buchung, Fahrzeugflotte und Kundendienst , 2017/04/21
[SteH04] Herrmann, Annett, Lange, Manfred A., Steding, Dirk Carsharing - sozialinnovativ und kulturell selektiv?, veröffentlicht in ZUFO-Berichte Band 3, Münster, 2004, ISBN/ISSN 3-9808840-3-1
[KrSa01] Krämer, Christine , Saretzki, Ute Das "öffentliche" Auto Kooperationen zwischen ÖPNV und CarSharing, 2001
[Stutz01] Stutzbach , Raabe , Pfriem , Becker Machbarkeitsstudie zum Forschungsvorhaben "Carsharing in der Fläche", Oldenburg/Dresden, 2001
[mobi04] Mobilservice c/o beco Berner Wirtschaft Immissionsschutz Praxis-Beispiel - CarSharing mit Öffentlichkeitsarbeit fördern, Bern, 2004/12/01
Glossar
Carsharing
Der Begriff CarSharing stammt aus dem Englischen (car= Auto, to share= teilen) und kann sinngemäß mit der Bedeutung "Auto teilen" übersetzt werden. Er beschreibt die organisierte, gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen, die meist von Unternehmen gegen Gebühr bereitgestellt werden.
Durch einen Rahmenvertrag oder eine Vereinsmitgliedschaft erhalten Kunden flexiblen Zugriff auf alle Kfz eines Anbieters. Die Fahrzeuge können über eine Webseite oder über eine Smartphone-App gebucht werden. Geöffnet werden sie in der Regel mit Hilfe von Chipkarten oder durch einen über die Smartphone-App vermittelten Zugangscode .
Bei dem System des stationsbasierten CarSharing stehen die Fahrzeuge auf reservierten Stellplätzen und werden nach der Nutzung auch wieder dorthin zurückgebracht. Ein anderes Modell ist das free-floating CarSharing. Hier stehen die Fahrzeuge in einem definierten Operationsgebiert verteilt. Sie können per Smartphone geortet werden und nach der Nutzung auf einem beliebigen Stellplatz innerhalb des Operationsgebiets zurückgegeben werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?56907

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 01:54:32