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Schiffsgrößenwachstum und dessen Folgen für Seehäfen

Erstellt am: 18.01.2023 | Stand des Wissens: 25.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Vor allem Containerschiffe, Autotransporter und Massengutfrachter haben in den letzten Jahrzehnten ein starkes Größenwachstum erfahren. Hatten beispielsweise Containerschiffe um die Jahrtausendwende eine Kapazität von 8.000 TEU, fassen die größten Containerschiffe im Jahr 2022 knapp 24.000 TEU [Alli22]. Somit hat sich die Kapazität bei den Containerschiffen in den letzten beiden Jahrzehnten verdreifacht. Bei der Betrachtung der Containerschiffkapazität seit 1968 lässt sich sogar ein Wachstum um rund 1.500 Prozent feststellen [Alli22]. In Abbildung 1 sind die Größenverhältnisse verdeutlicht. Dabei sind nicht nur die Zunahme von Länge und Breite der Schiffe von Bedeutung, sondern auch der Tiefgang der Schiffe nimmt mit wachsenden Dimensionen zu.
Schiffe.pngAbbildung 1: Schiffgrößenentwicklung (Eigene Darstellung)


Faktoren, die die Entwicklung von Schiffgrößen beeinflussen, lassen sich in wachstumsbegünstigende und wachstumshemmende Faktoren untergliedern. In Abbildung 2 sind diese Einflussfaktoren visualisiert, untergliedert in begünstigende und hemmende Faktoren.
Einflussfaktoren.pngAbbildung 2: Einflussfaktoren auf das Schiffgrößenwachstum (Eigene Darstellung)


Vor allem die bestehende Hafeninfrastruktur entspricht häufig nicht den Anforderungen an die Abfertigung großer Schiffe. Begrenzte Platzverfügbarkeit, zu kleines wasserseitiges Umschlagequipment und zu geringer Tiefgang des Hafenbeckens stellen nur einige Hemmnisse dar. In der Vergangenheit wurden zwar zunehmend vor allem die Zufahrtskanäle zu den bestehenden Häfen vertieft und die Liegeplätze und Kaianlagen erweitert, um besonders große Schiffe aufnehmen zu können. Jedoch ist die Gesamtgröße der bestehenden Häfen gleich geblieben. Insgesamt sind die Hafeninfrastruktur und die Schiffe nicht im gleichen Maß gewachsen.
Darüber hinaus bedeuten große Schiffe eine starke Risikokonzentration, sodass im Schadensfall sehr hohe Kosten entstehen. Häufige Unfallursachen sind beispielsweise Brände und Grundberührungen bei großen Containerschiffen sowie Brände und Stabilitätsprobleme bei Autotransportern. Gleichzeitig sind die Folgen von Unfällen komplexer. Dabei benötigen große Schiffe eine spezielle Bergungsausrüstung, deren Verfügbarkeit begrenzt ist. Auch die Bergung und Wrackbeseitigung ist teurer und stellt oft noch Neuland dar [Alli22]. Es lässt sich feststellen, dass limitierende Faktoren weniger durch die technische Realisierbarkeit, als vielmehr durch Geschäftsstrategien und die Dimensionen von Kanälen und Häfen entstehen. Dennoch ist das Größenwachstum von Schiffen noch nicht an seine Grenzen gestoßen. Vor allem Größenvorteile führen dazu, den Trend zu immer größeren Schiffen voranzutreiben [PierN19].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Funktionen und Zukunftsperspektiven von Seehäfen im Kontext maritimer Lieferketten (Stand des Wissens: 18.01.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?50780
Literatur
[Alli22] Allianz Global Corporate & Specialty SE (Hrsg.) Safety and Shipping Review 2022, 2022/05
[PierN19] PierNext (Hrsg.) Container-ship size: What dimensions can we expect to see, 2019
Glossar
Twenty-foot equivalent unit Zwanzig-Fuß-Äquivalente-Einheit (Twenty-foot Equivalent Unit). Eine statistische Hilfsgröße auf der Basis eines 20-Fuß-ISO-Containers (6,10 m Länge) zur Beschreibung von Verkehrsströmen oder -kapazitäten. Ein genormter 40'-ISO-Container der Reihe 1 entspricht 2 TEUs.
Economies of Scale
Economies of Scale sind Skalenerträge beziehungsweise Größenvorteile, die auftreten, wenn die Produktionskosten pro hergestellte Einheit mit zunehmender Produktionsmenge abnehmen. Wichtigste Ursache ist die Fixkostendegression, das heißt, dass bei höherer Kapazitätsauslastung die Fixkosten auf eine größere Produktionsmenge aufgeteilt werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?564735

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 15:57:11