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Technische und infrastrukturelle Rahmendaten

Erstellt am: 16.06.2015 | Stand des Wissens: 05.09.2023
Synthesebericht gehört zu:

Die steigenden Ansprüche an eine Vernetzung von Fahrzeugen, zwischen Nutzern von Verkehrsdienstleistungen und zwischen Verkehrsanbietern setzen eine leistungsfähige digitale Infrastruktur voraus. Für die Übermittlung aller anfallenden Daten zwischen den Knotenpunkten des gesamten Mobilitätssystems werden überwiegend Internetverbindungen genutzt. Der Internetzugang ermöglicht es, dass Personen Informationen erhalten und selber digital mit anderen Personen an anderen Orten kommunizieren können. Folglich spiegelt sich die Vielschichtigkeit der Digitalisierung in der Nutzung des Internets wider. Laut einer jährlichen Studie zur Entwicklung der digitalen Gesellschaft in Deutschland wird im Jahr 2020 der Anteil der Internetnutzer in der deutschen Bevölkerung auf 89,9 Prozent beziffert, vergleiche [DeST20j]. Von besonderem Interesse für die Nutzung des Internets sind mobile Endgeräte, mit denen an jedem Ort auf digitale Daten zugegriffen werden kann. Im Jahr 2018 hat erneut der Besitz an digitalen Endgeräten im Vergleich zu den Vorjahren zugenommen. 73,9 Prozent der Deutschen steht ein Notebook und 77,9 Prozent ein Smartphone zur Verfügung [DeST18f].  Dass die Internetnutzung im Verkehrsalltag immer wichtiger wird, zeigt sich auch in der Nutzungsintensität von Mobilitätsdiensten auf digitalen Endgeräten. In der Studie "Mobile-Nutzung in Wartesituationen", die sich der Unterwegs-Nutzung mobiler Dienste widmete, wurde nachgewiesen, dass Verkehrsapplikationen von 56 Prozent der Pendler im öffentlichen Personennahverkehr genutzt werden, vergleiche [Medi14]. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM): Rund 60 Prozent der mobilen Internetnutzer (das entspricht 15 Millionen Deutschen) verwenden Navigations- und Kartendienste auf ihren mobilen Endgeräten, um ihre Reise zu planen oder sich während der Fahrt zu orientieren. Allgemein werden Fahrplaninformationen und Navigationsdienste wie Google Maps, iOS Maps, Bing Maps, Nokia here, TomTom oder Garmin derzeit von etwa einem Drittel der Nutzer über mobiles Internet und von zwei Dritteln über stationäres Internet abgerufen, vergleiche [Bit14].
Im Individualverkehr konnten 2018 insgesamt 3,435 Millionen Neuzulassungen an Personenkraftwagen verzeichnet werden, von denen 59 Prozent aller Neuwagen mit einem Navigationssystem ausgestattet war, vergleiche [Hell15]. 97 Prozent der Deutschenbevolkerung surft mittlerweile mit einem mobilen Endgerät [Stat19h]. Um Applikationen unterwegs anzuwenden, muss ein Internetzugang über das Datennetz eines Mobilfunkproviders bestehen. Über den Long-Term-Evolution (LTE)-Mobilfunkstandard, der für höhere Datenübertragungsraten und kürzere Latenzzeiten sorgt, surfen aktuell 23 Prozent der mobilen Internetnutzer. Mit einer deutschlandweiten LTE Abdeckung von über 90 Prozent [yofo23] führt diese Funktechnologie zu einer besseren Nutzererfahrung und folglich zu einer intensiveren Datennutzung, vergleiche [Delo15]. Neben den mobilen Internetzugängen zählen auch stationäre Technologien zur digitalen Infrastruktur. Mit Very High Speed Digital Subscriber Line (VDSL) als kupferbasierte Netzinfrastruktur werden momentan 40 Prozent der deutschen Haushalte versorgt. Daneben können rund zwei Drittel der Haushalte auf die Fernsehkabel Technologie Data over Cable System Interface Specification (DOCSIS) zugreifen, während nicht einmal ein Prozent der Breitbandkunden Glasfaseranschlüsse im Ausbaugrad bis zur Wohnung oder zum Haus (Fiber to the Home (Glasfaser bis zur Wohnung, FTTH) oder Fibre To The Building (Galsfaser bis zur Wohnung, FTTB)) beziehen. In Bezug auf den Glasfaserausbau im Zugangsnetz liegt Deutschland im europäischen Vergleich an letzter Stelle, vergleiche [TNS14]. Dieser Umstand ist den leistungsfähigen Kupfer- und Fernsehkabelnetzen geschuldet, die aufgrund von Aufrüstungsmaßnahmen der vorhandenen Netze, wie Vectoring, G.fast und DOCSIS 3.0 den aktuellen Bedarf der Privatnutzer an Bandbreite genügen oder übertreffen. Während in Ballungsräumen die Breitbandinfrastruktur gut ausgebaut ist sowie kurz- und mittelfristig keinen dringenden Netzausbau erfordert, sind auf dem Land zeitnah infrastrukturelle Maßnahmen zwingend notwendig. 94,1 Prozent der Internetnutzer kann dort bereits mit einer Internetgeschwindigkeit größer gleich 16 Megabits pro Sekunde surfen [bmdv21o]. Für die ländliche Bevölkerung sollte daher die Anbindung an eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur in den nächsten Jahren erfolgen, um die noch bestehenden Versorgungslücken zu schließen und das Ziel der Bundesregierung, bis 2018 allen Haushalten eine Bandbreite von mindestens 50 Megabits pro Sekunde zur Verfügung zu stellen, zu erfüllen. Doch Stand 2019, waren nur 90 Prozent der deutschen Haushalte mit einer Breitbande von mindestens 50 mbit ausgestattet [bmdv21o]. 
Neben der Voraussetzung einer flächendeckenden Internetversorgung muss die Masse an Daten von einer Mobilitätszentrale verarbeitet werden, damit alle Teilnehmer des öffentlichen und individuellen Verkehrs Mobilitätsdienste nutzen können und folglich das Bedürfnis nach Vernetzung befriedigt werden kann. Ein erfolgreiches Verkehrsmanagement kann durch telematische Lösungen eine Verbesserung der Verkehrsabläufe schaffen. In Deutschland existieren viele regionale Verkehrsmanagementzentralen, die den Verkehr im zuständigen Gebiet überwachen und optimieren. In Berlin beispielsweise hat die Verkehrsregelungszentrale (VKRZ) die Aufgabe, den Straßenverkehr mit hochmoderner Technik zu steuern und über aktuelle Mobilitätsangebote zu informieren. Für die Zusammenfassung aller verkehrsrelevanten Informationen stehen rund 50.000 angeschlossene Lichtsignalanlagen zur Verfügung [BAVC23]. Aktuelle Verkehrsmeldungen werden über den Traffic Message Channel (Verkehrsnachrichtenkanal, TMC) automatisch an den Verkehrsfunk und in die Navigationsgeräte geleitet, vergleiche [VKRZ13]. Neben der VKRZ werden weitere verkehrsrelevante Informationen, wie beispielsweise Meldungen zu Baustellen von der Verkehrsinformationszentrale (VIZ) aufbereitet. Die Verkehrsdaten können anhand von 800 Messquerschnitten auf Autobahnen und auf 600 Detektoren im 1.600 Kilometer langen Hauptverkehrsstraßennetz ermittelt werden, vergleiche [SaRie14]. Die zunehmende Verkehrsnachfrage und der damit verbundene Anstieg digitaler Daten, die von den Verkehrszentralen verarbeitet werden müssen, bedürfen eines stetigen Ausbaus der digitalen Infrastruktur, um die Leistungsfähigkeit auch in Zukunft gewährleisten zu können.
Der Ausbau der digitalen Infrastruktur hat auch in der Automobilbranche innovative Trends, wie beispielsweise das vernetzte Auto, geschaffen. Mit Infotainment sind Kraftfahrzeuge bestens ausgerüstet, um die Vorlieben der Reisenden nach Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsdiensten gerecht zu werden. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, Daten abzurufen. Zum einen können Smartphones über einen  Universal Serial Bus (serielles Bussystem, USB)-Anschluss oder über Bluetooth mit dem Auto verbunden werden. Zum anderen sind Fahrzeuge mit einem Internetanschluss ausgestattet und können als Endgerät selbst Daten empfangen und verarbeiten, vergleiche [VDA12a]. Bei den gegenwärtigen und zukünftigen großen Datenmengen muss die Vernetzung über ein leistungsstarkes Datennetz geschehen. Die technische Infrastruktur ist daher so auszubauen, dass eine flächendeckende Versorgung gewährleistet werden kann. Auch im ländlichen Gebieten möchten die Bürger Informationen zum aktuellen Verkehrsgeschehen und zu öffentlichen Mobilitätsangeboten abrufen können. In Städten können WLAN-Hotspots problemlos errichtet werden, die für eine drahtlose Internetverbindung sorgen. Im gesamten Bundesgebiet stehen aktuell etwa 4 Millionen solcher Hotspots zur Verfügung, vergleiche [Voda23].
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Digitale Infrastrukturen für verkehrsspezifische Anwendungen (Stand des Wissens: 05.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?451631
Literatur
[BAVC23] BAVC (Hrsg.) Alles über Ampeln, 2023
[Bit14] Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., BITKOM (Hrsg.) Navigation per Smartphone und Tablet, 2014/04/23
[bmdv21o] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Bericht zum Breitbandatlas Teil 1: Ergebnisse, 2021
[DeST18f] Statistisches Bundesamt (DeSTATIS) (Hrsg.) Ausstattung privater Haushalte mit Informations- und Kommunikationstechnik-Deutschland, 2018
[DeST20j] Statistisches Bundesamt (DeSTATIS) (Hrsg.) Basistabelle Internetnutzer/-innen, 2020
[Hell15] Heller, U., Letzner-Friedlein, P., Matuschek, A., Trede, S., Weber, B. 2015 DAT Report, 2015
[SaRie14] Sandrock, M., Riegelhuth, G. Verkehrsmanagementzentralen in Kommunen - Eine vergleichende Darstellung, Springer Fachmedien Wiesbaden, 2014, ISBN/ISSN 978-3-658-04390-2
[Stat19h] Statistika (Hrsg.) Anteil der Autos die mit einem Navigationssystem ausgestattet sind im Jahr 2018 in Deutschland, 2019/01
[Voda23] Vodafone (Hrsg.) Die WLAN-Hotspots von Vodafone, 2023
[yofo23] yourfone (Hrsg.) Mobiles Internet, braucht man LTE für Seinen Alltag überhaupt?, 2023
Glossar
FTTH FTTH - Fiber To The Home (Glasfaser bis zur Wohnung) bezeichnet eine Glasfaseranschlusstechnik, bei der der Glasfaserausbau bis zur Wohneinheit erfolgt. Das heißt die Glasfaserleitung endet nicht im Verteilkasten am Bordstein (FTTC) oder im Technikraum beziehungsweise im Keller eines Gebäudes (FTTB), sondern wird bis in die Wohnung geführt. Diese Technologie ermöglicht Highspeed-Internet, digitales Fernsehen in hochauflösender Qualität (sogenanntes HDTV - High Definition Television) und höchste Sprachqualität beim Telefonieren.
FTTB FTTB - Fiber To The Building (Glasfaser bis zum Gebäude) bezeichnet eine Glasfaseranschlusstechnik, bei der der Glasfaserausbau bis zum Gebäude erfolgt. Die weiterführenden Verbindungen im Gebäude bis zum Teilnehmeranschluss werden über die vorhandenen Kupferkabel realisiert. Diese Technologie wird für das VDSL- und VDSL2 Verfahren benutzt.
Bluetooth Technologie für die drahtlose Übermittlung von Sprache und Daten über kurzwe Distanzen im frei verfügbaren ISM-Band (Industrial-Scientific-Medical-Band)
WLAN
Als Wireless Local Area Network (WLAN, deutsch: drahtloses lokales Netzwerk) wird ein lokales Funknetz und dessen verschiedene Techniken und Standards bezeichnet.
Vectoring
Vectoring ist eine Netztechnologie, die zur Erhöhung der Datenraten in Kupferkabelleitungen Anwendung findet. Die Vectoring-Technologie kann die zum Teil erheblichen elektromagnetischen Störungen, die durch Fremd- und Störsignale, durch Interferenzen, Übersprechen und Nahnebensprechen auf den Teilnehmeranschlussleitungen entstehen, verringern und kompensieren. Damit werden höhere Datenraten ermöglicht.
DSL
Abkürzung für Digital Subscriber Line (digitaler Teilnehmeranschluss)
Unter DSL werden Übertragungsstandards verstanden, die über einfache Kupferleitungen hohe Übertragungsraten (bis zu 1.000 Megabit pro Sekunde) ermöglichen. In Deutschland war dies lange Zeit ein Synonym für einen Breitband-Internetzugang.
xDSL bedeutet die Zusammenfassung verschiedener DSL-Verfahren.
Von VDSL (Very High Speed Digital Subscriber Line) spricht man bei Hybridnetzen aus Glasfaser- und Kupferleitungen, wobei die Glasfaser möglichst nah an den Kunden herangeführt wird, um hohe Datenübertragungsraten zu erreichen.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Traffic Message Channel Traffic Message Channel (TMC) ist ein Verkehrsinformationsdienst, welcher auf Radio Data System (RDS) beruht, das mehrere Kanäle für Zusatzinformationen zu den jeweiligen Radioprogrammen zur Verfügung stellt. TMC überträgt nach einem spezifischen Protokoll digital codierte Verkehrsinformationen, die im Radiodisplay angezeigt werden. Die Nutzung von TMC ist sprachunabhängig, das heißt die Informationen werden unabhängig vom augenblicklichen Aufenthaltsort in der Sprache des jeweiligen Benutzers dargestellt.
LTE
Long-Term-Evolution (LTE) ist nach dem analogen Mobilfunknetz, dem GSM-Standard (2G) und dem UMTS-Standard (3G) der inzwischen vierte Mobilfunkstandard (4G), der deutlich höhere Downloadraten mit bis zu 300 Megabit pro Sekunde erreichen kann.
LTE-Advanced, kurz LTE-A, ist eine Erweiterung von LTE und soll Datenraten bis zu einem Gigabit pro Sekunde beim Herunterladen von Inhalten erzielen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das klassische LTE Netz mit der neuen Technologie aufgerüstet werden.
DOCSIS DOCSIS (Data Over Cable Service Interface Specification) ist ein weltweit einheitlicher Standard für die Datenübertragung mit Kabelmodems in Kabelfernsehnetzen. Die erste Version DOCSIS 1.0 wurde hauptsächlich für den Internetzugriff über Kabelfernsehnetze entwickelt. Bei den weiteren Versionen, die inzwischen entwickelt wurden, steht insbesondere im Vordergrund, die verfügbare Bandbreite pro Nutzer zu steigern.
Infotainment
Unter Infotainment (Kofferwort aus Information und Entertainment = Unterhaltung) wird ein Teil eines Medienangebotes verstanden, bei welchem der Zuschauer bzw. Empfänger sowohl informiert, als auch unterhalten wird.
G.fast G.fast ist ein Industriestandard. Er wurde durch die Internationale Fernmeldeunion (englisch International Telecommunication Union, ITU) standardisiert und ermöglicht die schnelle Anbindung des Internet über Kupfer-Doppeladern. G.fast ist damit eine hochbitratige Anschlusstechnik an die Vermittlungseinrichtung, die sogeannten Digital Subscriber Line Access Multiplexer (DSLAM), wie sie bei FTTH oder FTTB zum Einsatz kommen, um optische Signale der Glasfasertechnik in elektrische Signale zur Übertragung in Kupferkabeln umzuwandeln.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?451559

Gedruckt am Freitag, 26. April 2024 14:20:15