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Kostensenkungspotenziale in der Containerlinienschifffahrt

Erstellt am: 14.04.2003 | Stand des Wissens: 20.10.2023
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Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Vor allem in Zeiten niedriger Fracht- und Charterraten sind Reedereien verstärkt bemüht, Kostensenkungspotenziale zu erschließen. Seeseitig sind Kosteneinsparungen durch die Nutzung von Skaleneffekten, die mit dem Einsatz großer Containerschiffe verbunden sind, möglich. Voraussetzung für den wirtschaftlichen Einsatz größerer Schiffe ist allerdings ein ausreichendes Ladungspotenzial. Der Einsatz sehr großer Containerschiffe ist mit hohen Investitionskosten verbunden, außerdem nehmen die Skaleneffekte zum Beispiel bei einem Direktdienst bereits ab Schiffsgrößen von 4000 TEU stark ab [Ashar06, S.49]. Der Einsatz größerer Schiffe führt andererseits zu steigenden Hafenliegezeiten, sodass im Ergebnis die Rentabilität pro Reisetag nach Modellrechnungen für den Europa-Fernost-Verkehr (in dem die größten Einheiten mit bis zu 24.000 TEU eingesetzt werden) für Schiffe mit 7.000 bis 9.000 TEU am höchsten ist [Schö07]. In der Praxis haben sich Großschiffe für die Reedereien, bei voller oder nahezu voller Auslastung, als rentabel erwiesen [MaMa16a].

Ein Stellhebel zur Kostenreduzierung ist das Slow Steaming, da durch Geschwindigkeitsreduzierung einfach und schnell Einsparungen bei Treibstoffen erzielt und zugleich auch bei fehlender Ladung Schiffe in Fahrt gehalten werden können. Maloni et al. (2013) errechnete für eine Geschwindigkeit von 18 Knoten Kosteneinsparungen von 20,5 Prozent gegenüber den Kosten bei Normalgeschwindigkeit (24 Knoten) [MaPa13]. Dieser Wechsel im modus operandi der Seeschifffahrt trägt maßgeblich zu den sich aus dem Wachstum der Schiffsgrößen ergebenden Skaleneffekte bei, da moderne Containerschiffe technisch auf das Slow Steaming ausgelegt sind, wodurch der Kraftstoffeinsatz weiter reduziert werden kann [ITF15b S.24]. Zusätzlich wird Performance Monitoring genutzt, um anhand verschiedener Datenquellen an Bord des Schiffes den Schiffsbetrieb hinsichtlich Fahrzeit, Leistung und Kraftstoffverbrauch zu überwachen und kostensparend einzugreifen.
Um Ladungspotential zu bündeln und hohe Schiffsinvestitionskosten zu tragen, kooperieren Containerreedereien in Linienkonferenzen, Konsortien und Allianzen. Dadurch ist es ihnen möglich, den Einsatz der Schiffe zu rationalisieren. Eine weitere Möglichkeit, Kosteneinsparungen zu erreichen, suchen Reedereien in landseitigen Aktivitäten. Durch zwischenzeitliche Wechsel der angelaufenen Häfen sind sie bestrebt, Kosten beim Terminalumschlag und bei anfallenden Hafengebühren einzusparen und Tarife regelmäßig neu zu verhandeln [WisB19, S. 4].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Betriebliche Maßnahmen der Containerlinienreedereien (Stand des Wissens: 20.10.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?38567
Literatur
[Ashar06] Ashar, Asaf Revolution #4, veröffentlicht in Containerisation International, Ausgabe/Auflage 12, Informa plc / London, 2006, ISBN/ISSN 0010-7379
[ITF15b] International Transport Forum (Hrsg.) The Impact of Mega-Ships, 2015
[MaMa16a] Manager Magazin (Hrsg.) 20.000 Container-Plätze, die keiner braucht, 2016
[MaPa13] Maloni, Michael, Paul, Jomon Aliyas, Gligor, David M. Slow steaming impacts on ocean carriers and shippers, veröffentlicht in Maritime Economics & Logistics, Ausgabe/Auflage 2013 (15), 2013
[Schö07] Schönknecht, Axel Größenentwicklung von Containerschiffen und Auswirkung auf die intermodale Transportkette, veröffentlicht in Tagungsbeiträge des 3. Fachkolloquiums der Wissenschaftlichen Gesellschaft Technische Logistik, Selbstverlag der Wissenschaftlichen Gesellschaft Technische Logistik /o.O., 2007
[WisB19] Wissenschaftlicher Beirat Internationales Verkehrswesen (Hrsg.) Chancen der Digitalisierung für die deutschen Seehäfen nutzen und Investitionen in die Infrastruktur optimieren
, Trialog Publishers Verlagsgesellschaft, Baiersbronn, 2019/01
Weiterführende Literatur
[Hans02a] Hanscom, Jim Close to the edge, veröffentlicht in Seatrade week, Ausgabe/Auflage 9-10/2002, Princeton / New York, 2002, ISBN/ISSN 0891-2319
[Brei93] Schönknecht, Rolf, Prof. Dr., Peters, Dirk, Biebig, Peter, Prof. Dr., Böhm, Christine, Hübner, Herbert, Jenssen, Bruno, Prof. Dr., Kuhlmann, Günther, Prof. Dr., Laue, Uwe, Prof. Dr., Linde, Horst, Prof. Dr., Lüsch, Jürgen, Prof. Dr.-Ing., Mencl, Ralph-Christian, Dr., Sinnig, Elvira, Dr., Wagener, Norbert, Dr., , Breitzmann, Karl-Heinz, Prof. Dr. Containerlinienschiffahrt, veröffentlicht in Rostocker Beiträge zur Verkehrswirtschaft und Logistik, Ausgabe/Auflage Heft 2, Rostock, 1993, ISBN/ISSN 0944-5919
[Thies05] Thies, G. Deutlicher Trend zum Großcontainerschiff, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, Fachzeitschrift für Wissenschaft und Praxis, Deutscher Verkehrs-Verlag / Hamburg, 2005/11, ISBN/ISSN 0020-9511
[MüSch05] Müller, M., Schönknecht, A. Kapitalrendite von Großcontainerschiffen, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen - Fachzeitschrift für Wissenschaft und Praxis, Deutscher Verkehrs-Verlag / Hamburg, 2005/09, ISBN/ISSN 0020-9511
[RaRu00] Rathjen, Hermann H., Ruffmann, Jana, Konferenzen und Konsortien in der Linienschifffahrt, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, Ausgabe/Auflage 12/2002, Deutscher Verkehrs-Verlag / Hamburg, 2000/12, ISBN/ISSN 0020-9511
Glossar
Twenty-foot equivalent unit Zwanzig-Fuß-Äquivalente-Einheit (Twenty-foot Equivalent Unit). Eine statistische Hilfsgröße auf der Basis eines 20-Fuß-ISO-Containers (6,10 m Länge) zur Beschreibung von Verkehrsströmen oder -kapazitäten. Ein genormter 40'-ISO-Container der Reihe 1 entspricht 2 TEUs.
Economies of Scale Economies of Scale treten auf, wenn die Produktionskosten pro hergestellter Einheit mit zunehmender Produktionsmenge abnehmen.
Linienkonferenzen Linienkonferenzen sind eine seit langer Zeit typische Kooperationsform der Linienschifffahrt. Sie sind ein ständiges Gremium von Reedereien für ein abgegrenztes Fahrtgebiet und vereinbaren intern Tarife und Bedingungen, oft auch Kapazitäten und Frequenzen. Zu unterscheiden ist zwischen offenen und geschlossenen Linienkonferenzen. Offene Konferenzen nehmen beitrittswillige Reedereien auf, geschlossen erst nach Zustimmung der Konferenzmitglieder (daher auch "regulierte" Konferenz). Die EU-Gruppenfreistellung vom allgemeinen Kartellverbot wurde durch den Wettbwerbsrat 2006 mit Wirkung 10/2008 aufgehoben. Preisvereinbarungen und Kapazitätsregulierung sind verboten, wie zuvor bereits im US-Verkehr.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?41217

Gedruckt am Dienstag, 23. April 2024 15:49:10