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Erfahrungen des Buslinienfernverkehrs im Ausland

Erstellt am: 25.04.2013 | Stand des Wissens: 18.01.2022
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Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Ab Anfang der 80er Jahre wurde in einigen europäischen und außereuropäischen Ländern wie Schweden, Großbritannien, Spanien und den USA der Markt für Buslinienfernverkehr dereguliert. Während Großbritannien bereits im Jahr 1980 einen "Transport Act" zur Deregulierung des Buslinienfernverkehrs erließ, erfolgte die vollständige Deregulierung in Schweden erst im Jahr 1999 [RoWh86, S. 359ff.; NoAl99, S. 5f.].

Die regulatorischen Rahmenbedingungen des nationalen Buslinienfernverkehrsmarktes unterscheiden sich von Land zu Land. In den USA und Großbritannien wurde mit der Deregulierung im Jahr 1980 (Großbritannien) und 1982 (USA) ein freier Marktzugang geschaffen, durch den sich ein Wettbewerb zwischen mehreren Unternehmen auf einer Strecke entwickeln konnte [RoWh86, S. 359ff.; KFH10, S. 4]. In Spanien wurde dagegen mit dem Gesetz zur Regelung des Landverkehrs 16/1987 und deren Ausführungsregeln aus dem Jahr 1990 ein Konzessionssystem eingeführt, das Exklusivrechte für verschiedene Routen vorsieht. Damit wurde ein Wettbewerb um den Markt eingeführt [GaGo03]. In Schweden wurde das zuvor streng ausgelegte Antragssystem mit einem Einspruchsrecht von Konkurrenzunternehmen und den regionalen Verkehrsbehörden im Rahmen von drei Stufen zwischen 1988 und 1999 dereguliert. Heutzutage sind Busunternehmen weiterhin verpflichtet, einen Antrag, um Buslinienfernverkehre zu stellen, dem die regionalen Verkehrsbehörden zustimmen müssen [SiStTr08, S.31ff.].

Die Deregulierung des Marktes für Buslinienfernverkehr führte anschließend zu unterschiedlichen intramodalen und intermodalen Entwicklungen. Nachdem sowohl die USA als auch Großbritannien Anfang der 80er Jahre den Markt für Buslinienfernverkehr vollständig deregulierten, entstand in Großbritannien ein stark wachsender Buslinienfernverkehrsmarkt mit hohen Preisreduktionen im Bus- und Bahnmarkt, während der Buslinienfernverkehrsmarkt in den USA nach der Deregulierung zunächst weiterhin stark schrumpfte [WhRo12, S. 2f.; ScFi07, S. 4ff]. Die Ursache für diese Entwicklung kann in den unterschiedlichen Regelungen in der Zeit vor der Deregulierung gesehen werden. In den USA benötigten Busunternehmen vor der Deregulierung eine Genehmigung, unprofitable Routen einzustellen, die jedoch von der Regulierungsbehörde selten ausgegeben wurde [KFH10, S. 3f]. In Spanien wurden mit der Einführung der Versteigerung von Konzessionen zunächst viele Konzessionen auf 20 Jahre verlängert. Daher entstand der eigentliche Wettbewerb um den Markt erst ab dem Jahr 2007 [VdVe09, S. 10; StDaGl09, APPENDIX A, S. 52].

Es kann kein direkter Vergleich des Buslinienfernverkehrs jedes Landes gezogen werden. Zunächst existiert keine einheitliche Definition des Buslinienfernverkehrs. Während die Briten einen Busverkehr mit einer Mindestentfernung von 24 Kilometern (15 Meilen) als Fernverkehr bezeichnen [RoWh86, S. 362], definieren die Schweden erst Busverkehre ab einer Distanz von 100 Kilometern und einer Überquerung einer Regionalgrenze als Buslinienfernverkehr [VdVe09, S. 6]. In Deutschland wird Buslinienverkehr ab einer Strecke von 50 Kilometern und einer Fahrzeit des Schienenpersonennahverkehr von 60 Minuten als Buslinienfernverkehr bezeichnet [PBefG, §42a]. Die Bedeutung des Buslinienfernverkehrs für den Personenfernverkehr hängt zudem von der intermodalen Konkurrenz und den geographischen Gegebenheiten eines Landes ab. Während die Bahn in den USA nur regional im Nordostkorridor im Wettbewerb mit dem Fernbus steht, und das Flugzeug im interregionalen Personenverkehr eine wichtige Rolle spielt, steht der Buslinienfernverkehr in Deutschland mit einem umfangreich ausgebauten IC-Netz und den Hochgeschwindigkeitsverbindungen der Bahn in Konkurrenz.

Seit Anfang dieses Jahrtausends wächst der Markt für Buslinienfernverkehre besonders in den USA und in Europa stark an. Zurückzuführen ist dies auf den Eintritt von Discountanbietern wie Megabus, die mithilfe von Internetvertrieben, alternativen Haltestellen und einem ausgeprägten Yieldmanagement einen zum konventionellen Busbetrieb günstigen Preisen anbieten [Robb07, S. 7; OToo11, S. 4].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Buslinienfernverkehr (Stand des Wissens: 08.02.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?409383
Literatur
[GaGo03] Garcia-Pastor, A., Gonzales, J.-D., Christobal-Pinto, C., Lopez-Lambas, M. The spanish situation of road public transport competition, 2003/10
[KFH10] Minnesota Intercity Bus Network Study (Final Report), 2010/04
[NoAl99] Nordenlöw, L., Alexandersson, G. Standing in the Shadow of the Giants - Conditions for Entry and Survival of Small Businesses on the Deregulated Bus and Railway Markets in Sweden, 1999
[OToo11] O'Toole, R. Intercity Buses: The Forgotten Mode, veröffentlicht in Policy Analysis, Ausgabe/Auflage 680, 2011/06/29
[Robb07] Robbins, D. Competition in the UK express coach market 25 years after deregulation: the arrival of Megabus.com, veröffentlicht in EUROPEAN TRANSPORT CONFERENCE 2007, 2007, ISBN/ISSN 1905701020
[RoWh86] Robbins, D., White, P. The experience of express coach deregulation in Great Britain, veröffentlicht in Transportation, Ausgabe/Auflage 13, 1986
[ScFi07] Schwietermann, J. P., Fischer, L, Smith, S., Towles, C. The Return of the Intercity Bus: The Decline and Recovery of Scheduled Service to American Cities, 1960 - 2007 , 2007/12/24
[SiStTr08] Sittig, S., Stober, N., Trubbach, K. Die Verkehrsmärkte in Schweden und Dänemark - Organisation und Wettbewerb 2000-2007, 2008/09/19
[StDaGl09] Steer Davies Gleave Study of passenger transport by coach, 2009/06
[VdVe09] Van de Velde, D. Long-Distance Bus Services in Europe: Concessions or Free Market? , 2009/12
[WhRo12] White, P., Robbins, D. Long-term development of express coach services in Britain, veröffentlicht in Research in Transportation Economics, Ausgabe/Auflage Volume 36, Issue 1, 2012/09
Rechtsvorschriften
[PBefG] Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
[PBefG12] Personenbeförderungsgesetz
Glossar
Schienenpersonennahverkehr
Gemäß Regionalisierungsgesetz (RegG) § 2 handelt es sich bei einer auf der Schiene erbrachten Beförderungsdienstleistung um ein Angebot des Nahverkehrs, "wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle [...] die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt" [RegG, § 2]. Zur Erfüllung der Daseinsvorsorge wird der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) von den Ländern bestellt und unterstützt. Der SPNV ist eine Sonderform des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Der ÖPNV ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert, der SPNV zusätzlich noch im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?409411

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 20:16:37