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Bemessung und Entwurf von Zugangsstellen zum Stadtverkehr

Erstellt am: 20.03.2013 | Stand des Wissens: 11.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König

Bemessung und Entwurf einer Zugangsstelle hängen grundsätzlich von den gegebenen infrastrukturellen, verkehrlichen und betrieblichen, zunehmend aber auch demografischen Faktoren ab. Detaillierte Ausführungen zu Bemessung und Entwurf von Haltestellen sind in den "Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs" [EAÖ03] dokumentiert. Ausführliche Planungshinweise für die Barrierefreiheit werden in [Stuv12] anhand detaillierter Skizzen und der Vorstellung geeigneter Praxislösungen auch mit Hilfe einer Vielzahl von anschaulichen Bildern gegeben.
Die Länge der Haltekante ist von der Fahrzeuglänge der eingesetzten Fahrzeuge abhängig und um einen Zuschlag für ungenaues Halten und eine Reserve für den Einsatz längerer Fahrzeuge für besondere Verkehrsaufgaben zu erhöhen. Bei Doppel- oder Mehrfachhaltestellen tritt noch ein Sicherheitsabstand zwischen den Fahrzeugen von mindestens jeweils 1,0 m hinzu. Busbuchten erfordern zusätzlich noch das erforderliche Maß zum sicheren Ein- und Ausfahren bei parallelem Halt.
Die Warteflächen sind für die Spitzenbelegung an wartenden Fahrgästen so zu dimensionieren, dass ein bequemes Ein- und Aussteigen und eine geringe Fahrgastwechselzeit möglich sind. Dabei sind ein Sicherheitsabstand von 0,5 m zur Fahrbahn und die nichtnutzbare Fläche durch Einbauten auszuklammern. Es wird empfohlen, einen Fahrgast-Platzbedarf von 1,5 m² nicht zu unterschreiten [EAÖ03]. Weiterhin ist auf ausreichend große Bewegungsräume zu achten, die Rollstuhl- und Rollator-Nutzern eine 180°-Wendung ermöglichen.
Die Reststufe und der horizontale Restspalt zwischen Fahrzeugfußboden und Haltestellenbord sollten 5 cm nicht übersteigen. Durch das Überstreichen des Bordes beim Anfahren der Haltestelle mit Bussen oder durch fahrzeug- und bautechnische Toleranzwerte bei Bahnen können diese Werte in der Praxis nicht immer eingehalten werden. Dann ist zusätzlich eine fahrzeuggebundene Einstiegshilfe erforderlich. Eleganter im Sinne eines Designs für Alle ist jedoch, das parallele Anfahren für Busse baulich und verkehrsorganisatorisch sicherzustellen und tolerable Verschleißgrenzen bei Bahnen festzusetzen und einzuhalten.
Die Anzahl der erforderlichen Halteplätze ist anhand des Fahrplans und des erforderlichen Zeitbedarfs für den Halt zu ermitteln. Dafür sind neben den Fahrgastwechselzeiten auch technisch bedingte Zeitanteile (Türöffnung und Schließung) und Zeitelemente für Tätigkeiten des Fahrers (Fahrkartenverkauf) zu beachten. Dabei werden auch statistische Auswertungen von Fahrplanabweichungen einbezogen. Im Allgemeinen betragen die Haltezeiten zwischen 15 und 30 s. Bei einer Fahrplandichte von weniger als 5 min und bei störanfälligem Betrieb sollte ein zweiter Halteplatz erwogen werden [EAÖ03].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Zugangsstellen und -wege zum ÖPNV (Stand des Wissens: 01.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?409212
Literatur
[EAÖ03] Wörner, Wolfgang Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs - EAÖ, Ausgabe/Auflage 2003, FGSV-Verlag / Köln, 2003
[Stuv12] Boenke, Dirk Dr.-Ing., Girnau, Günter Prof. Dr.-Ing. Dr. Ing. E. h., u.a. Barrierefreier ÖPNV in Deutschland, Ausgabe/Auflage 2., vollständig überarb. und erw. Aufl., Düsseldorf / Alba Fachverlag, 2012/08, ISBN/ISSN 978-3-87094-4
Glossar
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?408322

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 12:53:10