Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

4. Generation der Fahrradverleihsysteme

Erstellt am: 15.12.2010 | Stand des Wissens: 12.03.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Die sogenannte 4. Generation an Fahrradverleihsystemen wird in verschiedenen Publikationen erwähnt und dort durch innovative Entwicklungen der schon vorhandenen Strukturen und Betriebsabläufe der 3. Generation in naher Zukunft charakterisiert [Dema09, DIFU10, Interde10, Difu12].

Ein wichtiges Handlungsfeld stellt dabei die über eine reine Standortpolitik (das heißt Positionierung von Verleihstationen an Haltestellen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und engmaschige Verteilung über das Stadtnetz) hinausgehende Integration der öffentlichen Fahrräder in das System des Öffentlichen Verkehrs (ÖV) dar. Das betrifft insbesondere die tarifliche Integration (Kombiprodukte, Angebotsbündelung), aber auch gemeinsames Marketing oder Betrieb. Angesichts der historisch gewachsenen strukturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen, in die der ÖV in Deutschland eingebunden ist, stellt dies keine leichte Aufgabe dar [vergleiche BMVBS10j, Interde10].

Die Entwicklungsperspektiven liefern auch Ansätze zur weiteren Vereinfachung der Ausleihe und Rückgabe in Verbindung mit Ortungstechnologie und der neuen Mobilfunkgeneration ("Drop and Go" Stationen). Ein Pilotprojekt in Berlin beschäftigt sich unter anderem mit neuen technischen Ansätzen für das Stationsdesign in Form von virtuellen Stationen, bei denen die Räder ohne aufwendige technische Infrastruktur frei im Umfeld einer Stele abgestellt werden können [Knie10].

Weitere Entwicklungsmöglichkeiten bestehen in der technischen Weiterentwicklung der Räder. Neben Verbesserungen im Design des Fahrrades und der Fahrradstation steht hier die einfachere Handhabbarkeit und der Diebstahl- beziehungsweise Vandalismusschutz im Vordergrund. Neue Nutzergruppen und Aktionsradien lassen sich vermutlich mit dem Einsatz von E-Bikes/Pedelecs als öffentliche Fahrräder generieren. Im Rahmen des BMVBS-Modellversuches "Innovative öffentliche Fahrradverleihsysteme" kommen in Stuttgart Pedelecs zum Einsatz [NRVP09]. Darüber hinaus werden im Forschungsvorhaben inmod - Elektromobil auf dem Land [inmod12] Elektrofahrräder im ländlichen Raum als Zubringer zum ÖPNV eingesetzt. Neuerdings werden auch erste Lastenfahrräder in bestehende Fahrradverleihsysteme integriert, um so verstärkt den Liefer- beziehungsweise Transportverkehr in den innerstädtischen Straßen zu verringern [BMVI16b].

Derzeit wird auch an Optimierungsstrategien zur Verringerung des hohen Aufwandes für den Transport der an anderer Stelle benötigten Räder gearbeitet (zum Beispiel in Paris drei Euro pro Umdisposition eines Fahrrades). Ein Bonusmodell für die Abgabe des Fahrrades an schlechter erreichbaren Standorten wurde bereits in Paris (Vlib) eingeführt und führte zur Verbesserung der Verfügbarkeit von Fahrrädern an allen Standorten [Dema09]. Im Oktober 2015 wurde das öffentliche Fahrradverleihsystem in München eingeführt. Bei Rückgabe eines MVG-Rades an den Radstationen in der Stadt werden 10 Freiminuten gutgeschrieben. Im Landkreis München ist die Rückgabe an den Stationen Pflicht [MVG21].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Öffentliche Fahrradverleihsysteme (Stand des Wissens: 02.09.2020)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?336909
Literatur
[BMVBS10j] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Innovative Mobilität in Städten - Integration öffentlicher Fahrradverleihsysteme in den ÖPNV: Rechtliche und finanzielle Aspekte, 2010
[BMVI16b] Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel GmbH, Anke Schmidt TINK - AP 3 Verkehrswissenschaftliche Untersuchung
Erfolgskriterien für den Aufbau eines Transportradmietsystems aus Expertensicht, 2016/03/09
[Dema09] DeMaio, Paul Bike-sharing: Its History, Models of Provision, and Future, veröffentlicht in VeloCity 2009 Conference, Brussels, 2009
[DIFU10] Deutsches Institut für Urbanistik Fahrradverleihsysteme in Europa, 2010
[Difu12] Tilmann Bracher Innovative Öffentliche Fahrradverleihsysteme in Deutschland - Schlussfolgerungen und Zwischenbericht, 2012/11/08
[inmod12] inmod - Elektromobilität auf dem Land, 2012
[Interde10] TU Dresden, Lehrstuhl Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Prof. Dr.-Ing. G.-A. Ahrens, Ahrens, Gerd-Axel, Aurich, Tanja, Böhmer, Thomas, Klotzsch, Jeannette, Pitrone, Anne Interdependenzen zwischen Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung. Analysen, Strategien und Maßnahmen einer integrierten Förderung in Städten, 2010
[Knie10] DB Rent GmbH, Knie, Andreas Call a Bike. Öffentliche Verleihsysteme als Bestandteil des traditionellen ÖPNV? , veröffentlicht in [Folienvortrag auf dem Nationalen Radverkehrskongress des BMVBS am 07. und 08. Mai 2009 in Berlin.], 2010/05/07
[MVG21] Münchner Verkehrsgesellschaft mbH Ganz einfach mobil mit dem MVG Rad, 2021/02/12
[NRVP09] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Innovative öffentliche Fahrradverleihsysteme (Neue Mobilität in Städten), 2009
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?336869

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 11:08:07