Well-to-Wheel Betrachtung der Antriebstechnologien
Erstellt am: 04.11.2010 | Stand des Wissens: 21.01.2019
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IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Eine akkurate Bewertung von konventionellen und alternativen Antriebstechnologien bedarf einer vollständigen Analyse der Gewinnung und Bereitstellung eines Treibstoffs bzw. Energieträgers bis zur Umwandlung in Bewegungsenergie, der sogenannten Well-to-Wheel (WtW) Analyse [BrWa05, S. 15]. Ihr Hauptfokus liegt in der Ermittlung aller direkten und indirekten Emissionen über den kompletten Pfad der Bereitstellung eines Energieträgers [WoLu16]. Relevante Gase sind in diesem Fall Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Stickoxide (NxO) [WeBu09, S. 204].

Abbildung 1 zeigt den Umfang einer typischen WtW Analyse. Für spezifische Analysen werden die Resultate oft in zwei Systeme aufgeteilt: Well-to-Tank (WtT) und Tank-to-Wheel (TtW). Das WtT System beginnt mit der Gewinnung von Rohstoffen für die Treibstoffproduktion und endet mit dem fertigen Treibstoff im Fahrzeugtank. Hier existiert eine Vielzahl an Treibstoffvorketten, die aus unterschiedlichen Rohstoffen (z.B. Rohöl, Erdgas oder Biomasse) und Produktionstechniken zu unterschiedlichen Treibstoffen (z.B. Benzin, Wasserstoff oder Elektrizität) kombiniert werden können. Das TtW System hingegen umfasst den Betrieb des jeweiligen Fahrzeuges. Die Umwandlung des Treibstoffs in Bewegungsenergie erfolgt je nach Fahrzeugtechnologie (z.B. Ottomotor, Elektrofahrzeug) sehr unterschiedlich und der Wirkungsgrad der einzelnen Fahrzeuge unterscheidet sich ebenfalls stark [BrWa05, S. 11]. Schließlich können Analyseergebnisse sehr unterschiedlich ausfallen, da betreffende ISO 14040 und 14044 lediglich Bilanzierungsstandards definieren [WoLu16].
Durch die WtW Analyse werden die Unterschiede in den Treibhausgasemissionen der Fahrzeuge und die Effizienz von Elektrofahrzeugen, auch bei Betrachtung des europäischen Strommix, sichtbar. Abbildung 2 zeigt Fahrzeugemissionen in Abhängigkeit des Energiebedarfs von Pkw der unteren Mittelklasse für verschiedene Antriebstechnologien.
Bei Elektrofahrzeugen ist vor allem der angewandte Strommix von Bedeutung, da WtW Emissionen direkt mit den Emissionen der Stromproduktion skalieren. Würde man z.B. beim Elektrofahrzeug statt des europäischen Strommix als Energiequelle Windenergie einsetzen, so würden sich sehr geringe WtW Emission ergeben (Tabelle 1). Biotreibstoffe hingegen setzen bei der Verbrennung Emissionen frei, die wiederum vorher durch die zur Biotreibstoffherstellung verwendeten Pflanzen gebunden wurden und somit Teil eines sehr viel kürzeren Emissionszyklus als fossile Brennstoffe sind. Betrachtet man diesen treibhausgasneutralen Effekt, ergeben sich für Biotreibstoffe geringere Emissionen als für konventionelle Treibstoffe. Jedoch ist das Potenzial von Biokraftstoffen beschränkt.
![Abb. 3: WtW Betrachtung verschiedener Antriebstechnologien (Eigene Darstellung nach [Eintrag-Id:332805]). Negative Bilanz des Biodiesel durch Gutschriften aus der Gewinnung von Koppelprodukten bei der Kraftstoffproduktion. WtW_all.JPG](/servlet/is/332825/WtW_all.png)
Insgesamt gilt es, den gesamten Treibstoffzyklus zu betrachten, um das Emissionspotenzial von alternativen Antriebsarten bewerten zu können. Während WtT Emissionen von Treibstoffen für die einzelnen Treibstoffe und Entwicklungspfade gegeben sind, sind kilometerspezifische TtW Emissionen von der Fahrweise abhängig. Effekte des individuellen Fahrverhaltens oder möglicher Rebound-Effekt können in den dargestellten Durchschnittswerten nicht abgebildet werden [WoLu16].
Die Energieintensität der Fahrzeugherstellung wird in WtW-Analysen oftmals nicht einbezogen. Dabei weist die Fahrzeugherstellung bei allen alternativen Antriebsarten mit 41 bis 51 g CO2-Äquivalent / km höhere Emissionswerte auf, als die konventionellen Antriebe mit 29 g CO2-Äquivalent / km, was aus dem Umstand folgt, dass die Herstellung der BEV, PHEV und FCEV in aller Regel Energie- und CO2-intensiver ist [NoMe14, Mich13]. Die Erhöhungen sind jedoch im Vergleich zu den Abgasemissionen von konventionellen Fahrzeugen gering und können leicht durch die Verwendung von Strom und Wasserstoff aus sauberen Quellen überkompensiert werden. Der Ausstoß von Schwefeloxiden ist jedoch bis zu vierfach höher, kann aber möglicherweise durch Recycling von Fahrzeugbatterien begrenzt werden [DuGa14].
Verschärfte Emissionsvorgaben führen zu steigenden Kosten für konventionelle Antriebsformen. Darüber hinaus begrenzt der hohe Entwicklungsstand konventioneller Antriebe das Potenzial für weitere Effizienzsteigerungen. Mit den steigenden Kosten für konventionelle Diesel- und Ottomotoren und sinkenden Kosten für alternative Antriebsformen werden batteriebetriebene Fahrzeuge mittelfristig auch in der breiteren Anwendung konkurrenzfähig sein. Die fallenden Kosten alternativer Fahrzeuge sind zu einem großen Teil der steigenden Kosteneffizienz der Batterie- und Brennstoffzellenproduktion zuzuschreiben [WoLu16]. Die Emissionen von alternativen Antrieben werden aufgrund eines sich ändernden Strommix weiter fallen. Mit alternativen Antrieben sind bei Nutzung dieses Strommix deutliche Emissionsreduktionen zu erwarten, die mit konventionellen Fahrzeugen nicht erreicht werden können.