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Senkung der Lohnzusatzkosten zum Ausgleich von Personalkostennachteilen an Bord deutscher Handelsschiffe

Erstellt am: 27.01.2003 | Stand des Wissens: 15.05.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Neben den Vorschriften der Schiffsbesetzungsverordnung werden die Personalkosten auf deutschen Schiffen auch durch die Lohnzusatzkosten beeinflusst. Eine Entlastung der Reedereien im Bereich der Lohnzusatzkosten könnte somit zur Verringerung der Ausflaggungstendenzen führen. Als Möglichkeiten zur Senkung der Lohnzusatzkosten können Maßnahmen zur Senkung der Lohnnebenkosten durch direkte Finanzbeihilfen und Maßnahmen zur Lohnsteuerermäßigung unterschieden werden. Aktionsfelder zur Senkung der Lohnnebenkosten sind die freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers, die tariflichen Lohnnebenkosten und die gesetzlich bedingten Lohnnebenkosten. Zu unterscheiden wäre weiterhin zwischen einer pauschalen Lohnnebenkostensenkung in Deutschland (also Senkung der Beitragssätze zu den Sozialversicherungen) und einer direkten und gezielten Lohnnebenkostensenkung (durch Zuschüsse an die Reedereien).
Direkte Finanzbeihilfen: Um die Personalkostennachteile an Bord deutscher Handelsschiffe gegenüber ausländischen Wettbewerbern zu verringern, werden durch die Bundesregierung seit 1995 Finanzbeihilfen zur Senkung der Lohnnebenkosten in der deutschen Seeschifffahrt gewährt. Die Höhe der Beihilfen und die Zuwendungsvoraussetzungen werden durch Richtlinien geregelt [LNK 2013-2017]. Ziel der Beihilfen ist es, die Sozialabgaben für deutsche Seeleute und Seeleute aus anderen Mitgliedsstaaten der EU, die an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge arbeiten, zu senken. Die Höhe der Beihilfen wird periodisch den Erfordernissen der Seeschifffahrt und nach den finanziellen Möglichkeiten des Bundeshaushaltes angepasst. In den Jahren 2006 bis 2009 betrugen sie jeweils ca. 50 Mio. Euro und 2010 52,2 Mill. Euro [DBu11, S.9]. Für den Haushalt 2012 hatte die Bundesregierung zunächst eine Halbierung der bisherigen Beihilfen beschlossen, diese Entscheidung aber aufgrund massiver Proteste zurückgenommen [Stei12]. Auf der nationalen maritimen Konferenz 2013 erhielt der VDR seitens der Politik die Zusage, die Beihilfen in Höhe von 58 Millionen Euro jährlich zu verstetigen [VDR13; BUND15, S. 3].
Lohnsteuerermäßigung: Um die Personalkostennachteile deutschflaggiger Handelsschiffe im Vergleich zu fremdflaggigen Handelsschiffen auszugleichen und damit der Ausflaggung entgegenzuwirken, wurden bereits bestehende Lohnsteuerermäßigungen im Januar 2016 ausgeweitet. Die bisherigen 40 Prozent der Lohnsteuer, die gemäß § 41 a (4) EstG seit 1999 vom "Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, [...] auf solchen Schiffen in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis von mehr als 183 Tagen beschäftigten Besatzungsmitglieder" einbehalten werden durften, wurde per Gesetzentwurf, der mit einer großen Mehrheit vom Verkehrsausschuss des Bundestages angenommen wurde, auf 100 Prozent erhöht [BMF16]. Diese Erhöhung war auf der vorangegangenen neunten Nationalen Maritimen Konferenz durch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt worden [DrAM15].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Senkung der Betriebskosten und der Steuerbelastungen für deutsche Reedereien (Stand des Wissens: 15.05.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?79026
Literatur
[BMF16] Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) Ge­setz zur Än­de­rung des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes zur Er­hö­hung des Lohn­steuer­ein­be­halts in der See­schiff­fahrt, 2016/03/24
[BUND15] Deutscher Bundestag (Hrsg.) Antwort auf die Kleine Anfrage: Schifffahrtsstandort Deutschland, 2015/02/13
[DBu11] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Zukunft des Maritimen Bündnisses für Ausbildung und Beschäftigung in der deutschen Seeschifffahrt, Bt-Drucksache 17/4088, 2011/01/05
[DrAM15] Die Bundesregierung (Hrsg.) Rede von Bundeskanzlerin Merkel zur Neunten Maritimen Konferenz am 19. Oktober 2015, 2015/10/19
[Stei12] Steinmeier, Frank-Walter und Fraktion Maritimes Bündnis fortentwickeln - Schifffahrtsstandort Deutschland sichern, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH / Köln, 2012/06/26
[VDR13] Verband Deutscher Reeder VDR (Hrsg.) Deutsche Reeder erhalten klare Zusagen von der Bundeskanzlerin, 2013/04/09
Rechtsvorschriften
[§ 41a Abs. 4 EStG] § 41a (4) EStG
[LNK 2013-2017] Richtlinie zur Senkung der Lohnnebenkosten in der Seeschifffahrt
[NN 135/2003] Richtlinien zur Senkung der Lohnnebenkosten in der deutschen Seeschifffahrt vom 17.12.2003
Glossar
Ausflaggungsproblematik Schiffe werden in das Schiffsregister von Billigflaggenländern (z.B. Panama, Bahamas, Zypern, Singapur) eingetragen. Sie unterliegen dann den gesetzlichen Bestimmungen der Länder (z.B. geringere Besatzungszahl, niedrigere Löhne, Registrierkosten, geringere Sicherheitsstandards usw.) Billigflaggenländer führen meist 'offene Schiffregister', d.h. jeder Reeder kann seine Schiffe dort registrieren lassen. Deutsche Reeder nutzen nur Flaggen der so genannten 'Weißen Liste', die den höchsten Sicherheitsstandards genügen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?30061

Gedruckt am Freitag, 26. April 2024 17:14:17