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Maßnahmen und Regeln auf der Programmebene eines PPP-Projekts

Erstellt am: 14.03.2010 | Stand des Wissens: 14.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Infrastrukturwirtschaft und -management - Prof. Dr. Thorsten Beckers
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

In der Praxis ist das Handeln der Akteure, die bei Infrastrukturprojekten für die Auswahl der Beschaffungsvariante und deren Umsetzung verantwortlich sind, nicht nur von dem volkswirtschaftlich legitimierten Ziel der Kosteneffizienz geprägt. Vielmehr versuchen verschiedene Akteure (Individuen und Organisationen) Entscheidungen zu beeinflussen, um eigene Interessen durchzusetzen. Eine entsprechende Einflussnahme kann auch bei der Realisierung von Infrastrukturvorhaben durch private und öffentliche Akteure erfolgen, indem sich diese - unabhängig von der volkswirtschaftlichen Rationalität - entweder gegen oder für die Realisierung von Projekten nach dem PPP-Ansatz sowie gegebenenfalls jeweils für spezielle Ausgestaltungswege einsetzen. Die zu erwartenden Auswirkungen entsprechender Aktivitäten sind bei der Beurteilung der verschiedenen Beschaffungsvarianten zu berücksichtigen [Damit wird einem Ansatz von Grossekettler (1991) gefolgt, nach dem bei der Bewertung alternativer wirtschaftspolitischer Maßnahmen die jeweils vorliegenden "(...) Missbrauchsmöglichkeiten des politisch-administrativen Apparats einzukalkulieren (...)" sind. [Gross91, S. 118. sowie FrWe07, S. 425 f.]

Allerdings besteht die Möglichkeit, durch die Vorgabe entsprechender Regeln auf der Programmebene die Handlungsspielräume der Akteure derart einzugrenzen, dass die Umsetzungswahrscheinlichkeiten volkswirtschaftlich sinnvoller Maßnahmen erhöht und lediglich eigennutzorientierter Maßnahmen reduziert werden. [FrWe07, S. 425 f.] Hinsichtlich der Erzielung von Kosteneffizienz bei PPP-Projekten ist dementsprechend die Implementierung von Regeln geboten, mit denen die Auswahl der geeigneten Projekte sowie deren effiziente Ausgestaltung und Begleitung durch die öffentliche Hand sichergestellt werden. Derartige Regeln sollten sich unter anderem auf die Kompetenzaufteilung zwischen Akteuren, die Ausgestaltung von Kontrollsystemen und die Transparenz im öffentlichen Sektor beziehen. [HoGr07, S. 553]

Eine besondere Bedeutung bei der Entscheidung für oder gegen die Realisierung von PPP-Projekten können Haushalts- und Buchungsregeln im öffentlichen Sektor einnehmen. Einerseits besteht die Gefahr, dass für die konventionelle Beschaffungsvariante geeignete Projekte nach dem PPP-Ansatz realisiert werden, um Vorfinanzierungseffekte zu erreichen. Diesem Problem sollte durch Regeln entgegengewirkt werden, die unter anderem die Anreizkonstellationen zwischen Finanzministerium beziehungsweise Kämmerei und den Fachministerien berücksichtigen sollten. Anderseits sollte verhindert werden, dass Fachministerien beziehungsweise projektverantwortliche Verwaltungen sich gegen PPP-Projekte entscheiden, weil ihnen bei PPP-Projekten Finanzierungskosten zugerechnet werden, die bei der konventionellen Projektrealisierung vom Finanzministerium beziehungsweise von der Kämmerei getragen werden. Daher ist zu empfehlen, dass analog zur konventionellen Beschaffung ein Teil der anfallenden Zinszahlungen als Folge einer staatlichen Kreditaufnahme vom Finanzministerium beziehungsweise von der Kämmerei geleistet werden. Zwar ist es gerechtfertigt, durch die Risikohöhe eines PPP-Projektes bedingte Finanzierungskosten, die über den risikolosen Zinssatz hinausgehen, dem Budget des Fachministeriums beziehungsweise der projektverantwortlichen Verwaltung anzulasten, da diese Kosten nur aufgrund der Entscheidung der Projektrealisierung nach dem PPP-Ansatz anfallen. Die sich aus dem risikolosen Zinssatz ergebenden Zinszahlungen sollten jedoch vom Finanzministerium beziehungsweise der Kämmerei getragen werden.

Durch die Bereitstellung von Gütern auf der Programmebene, die Charakteristika öffentlicher Güter aufweisen, besteht das Potential, speziell bei der Realisierung von PPP-Projekten anfallende (Transaktions-)Kosten zu reduzieren und ein bestimmtes Qualitätsniveau sicherzustellen. In diesen Fällen kann es gerechtfertigt sein, dass die öffentliche Hand auf einer zentralen Ebene die Finanzierung der Güter beziehungsweise Aufgaben übernimmt. Dies bezieht sich insbesondere auf die Entwicklung von Standards und Methoden. Beispielsweise bietet es sich an, Standardverträge und eine Methodik für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf der Programmebene zu erstellen.

Weiterhin kann die Sammlung und Auswertung sowie das zur Verfügung stellen von Daten, zum Beispiel über die Performance realisierter Projekte, zentral erfolgen. Auch Aufgaben des Wissensmanagements, das Voraussetzung für den Know-how-Transfer zu den projektverantwortlichen Verwaltungsstellen ist, können auf der Programmebene erbracht werden. Zum Teil legen Kontrahierungsprobleme nahe, dass die Durchführung dieser Aufgaben nicht in geeigneter Form an private Unternehmen übertragen werden kann und zum Beispiel durch einen zentralen Kompetenzträger erfolgen sollte, der dem Zielsystem der öffentlichen Hand verpflichtet ist.
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Potenziale und Erfolgsfaktoren des PPP-Ansatzes (Stand des Wissens: 15.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?294833
Literatur
[FrWe07] Fritsch, M., Wein, T., Ewers, H.-J. Marktversagen und Wirtschaftspolitik, Vahlen München, 2007
[Gross91] Grossekettler, H. Zur Integration der Wettbewerbs- und Finanzpolitik in die Konzeption des ökonomischen Liberalismus, veröffentlicht in Jahrbuch für neue politische Ökonomie, Ausgabe/Auflage Band 10, 1991
[HoGr07] Hodge, G. A., Greve, Co. Public Private Partnerships: An International Performance Review, veröffentlicht in Public Administration Review, Ausgabe/Auflage Vol. 67, No. 3, 2007
Glossar
Zielsystem
In einem Zielsystem werden Ziele in einem hierarchischen Gefüge dargestellt. Ausgehend von einem Oberziel werden Leitlinien definiert. Zur Erfüllung dieser Leitlinien werden Handlungsfelder aufgespannt, welche wiederrum mit Handlungszielen versehen werden.
PPP Public Private Partnership beschreibt Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen. Normalerweise findet diese über eine Kapitalverflechtung bei den auszuführenden Projekten statt. Eine Gewinnerzielung ist durchaus erwünscht, um Anreize für das private Unternehmen zu schaffen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?292152

Gedruckt am Freitag, 26. April 2024 23:05:50