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Kostenreduzierende Wirkungen

Erstellt am: 27.02.2010 | Stand des Wissens: 14.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Infrastrukturwirtschaft und -management - Prof. Dr. Thorsten Beckers
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Das größte Potenzial zu Kosteneinsparungen wird dem PPP-Ansatz zumeist aufgrund seines wertschöpfungsstufenübergreifenden Charakters im Zusammenwirken mit einer outputorientierten Leistungsbeschreibung zugeschrieben, was eine Optimierung zwischen den einbezogenen Wertschöpfungsstufen erlaubt. Dieser Aspekt wird auch von Hart (2003) aufgegriffen, der - basierend auf der Theorie unvollständiger Verträge - Situationen identifiziert, in denen die Anwendung des PPP-Ansatzes im Vergleich zur konventionellen Beschaffungsvariante zu einer Steigerung der Kosteneffizienz führen kann. [Hart03a] Denn bei einem PPP-Projekt bestehen für den privaten Partner grundsätzlich Anreize, in der Bauphase Investitionen zu tätigen, die zu Kosteneinsparungen in der Erhaltungs- und Betriebsphase führen. Voraussetzung für eine Erhöhung der Kosteneffizienz durch PPP ist gemäß Hart (2003) eine gute Beschreibbarkeit des bereitzustellenden Services im ursprünglichen Vertrag, so dass die angestrebte Angebotsqualität erreicht wird. Im Vergleich zur konventionellen Beschaffungsvariante können insbesondere Kosteneinsparungen innerhalb der Vertragslaufzeit des PPP-Projektes erzielt werden, wenn gleichzeitig die Qualität des Baus schwierig zu spezifizieren ist. Sofern jedoch die Qualität des Baus sehr genau beschreibbar ist, während die des Services ("Angebotsqualität") nicht hinreichend spezifiziert werden kann, ist die konventionelle Beschaffungsvariante zu bevorzugen.

Bei der Interpretation des Modells von Hart (2003) ist zu beachten, dass die während der Vertragsdauer eines PPP-Projekts anfallenden Kosten in der Regel nicht deckungsgleich sind mit den Gesamtlebenszykluskosten eines Infrastrukturobjekts, deren Minimierung aus volkswirtschaftlicher Sicht als relevantes Ziel anzustreben ist. Insbesondere bei einer relativ kurzen Vertragslaufzeit kann die Strategie des privaten Partners auf der Ebene des wertschöpfungsstufenübergreifenden Managements nicht mit der aus volkswirtschaftlicher Sicht relevanten Reduktion der Lebenszykluskosten einhergehen. Vor allem bei langlebigen Infrastrukturen, wie zum Beispiel Ingenieurbauwerken (Tunnel, Brücken, etc.), die bei adäquaten Erhaltungsmaßnahmen Lebensdauern von bis zu 100 Jahren aufweisen, kann diesem Aspekt eine hohe Relevanz zukommen.

Durch eine Ausweitung der Vertragslaufzeit in Richtung der Infrastrukturlebensdauer, die Mitübertragung der Aufgabe der Verwertung an den privaten Partner und / oder die Gewährung von Kompensationszahlungen am Ende der Vertragslaufzeit in Abhängigkeit des Zustands beziehungsweise der Substanzqualität der Infrastruktur kann versucht werden, die Strategie des privaten Partners beim wertschöpfungsstufenübergreifenden Management stärker auf eine Optimierung der Lebenszykluskosten auszurichten. Allerdings sind dabei auch Probleme und Zielkonflikte zu beachten, die im Rahmen der Diskussion der optimalen Vertragslaufzeit betrachtet werden.

Ein weiterer Erklärungsansatz zur möglichen Vorteilhaftigkeit des PPP-Ansatzes besteht darin, dass im Rahmen von PPP-Projekten unter Umständen ein effizienteres Finanzmanagement möglich ist, da der private Partner neben dem theoretischen Anreiz zur Optimierung zwischen den Wertschöpfungsstufen in der Regel auch die praktischen Möglichkeiten besitzt, Finanzmittel zu den "richtigen" Zeitpunkten während der Vertragslaufzeit bereitzustellen, um die Gesamtkosten zu minimieren. Demgegenüber führt der Budgetprozess bei einer Finanzierung innerhalb des öffentlichen Haushaltssystems häufig dazu, dass die zur Verfügung stehenden Finanzmittel geringer oder höher sind als die Beträge, die für eine Minimierung der Lebenszykluskosten erforderlich wären. Allerdings dürfte die diesbezügliche Vorteilhaftigkeit des PPP-Ansatzes abnehmen, wenn die betreffende Infrastruktur durch eine Institution finanziert wird, der aufgrund ihrer Ausgestaltung ein im Vergleich zur klassischen Haushaltsfinanzierung flexibleres Finanzmanagement erlaubt ist und die nicht dem Grundsatz der Jährlichkeit unterliegt. Im Übrigen dürfte die vielfach zu beobachtende Flexibilisierung des Haushaltsrechts dazu führen, dass die Bedeutung dieses Aspekts auch bei einer Finanzierung im Rahmen des Haushaltssystems zukünftig abnehmen wird.

Ferner könnten private Unternehmen über ein höheres Know-how verfügen, zu welchen Zeitpunkten und in welchem Umfang Finanzmittel auf die Planungs-, Bau-, Erhaltungs- und Betriebsphase allokiert werden sollten, um die Gesamtkosten zu minimieren. Zudem wird bei PPP-Projekten durch die Ausschreibung des Service-Einkaufs die Aufgabe des wertschöpfungsstufenübergreifenden Managements dem Wettbewerb ausgesetzt, so dass die Unternehmen mit den besten Lösungen identifiziert werden können.

Zwar kann der öffentliche Sektor auch im Rahmen der konventionellen Beschaffungsvariante Know-how von privaten Unternehmen über das wertschöpfungsstufenübergreifende Management einbeziehen, indem er entsprechende Beratungsleistungen in Anspruch nimmt. Allerdings bestehen beim Einkauf derartiger Beratungsleistungen Kontrahierungsprobleme. Denn obwohl das Beratungsergebnis in der Regel beobachtbar sein wird, kann kurzfristig die Qualität der Leistung nicht abschließend beurteilt werden, da die Auswirkungen eines mangelhaften wertschöpfungsstufenübergreifenden Managements oftmals erst langfristig zu Tage treten und bei Abnahme die Beratungsleistung nicht messbar ist. Im Vergleich zu einem separaten Contracting Out solcher Beratungsleistungen im Rahmen der konventionellen Beschaffungsvariante trägt beim PPP-Ansatz der private Partner die Konsequenzen seiner Strategie beim wertschöpfungsstufenübergreifenden Management. Insofern kann beim PPP-Ansatz die Aufgabe des wertschöpfungsstufenübergreifenden Managements an ein privates Unternehmen übergeben werden, ohne dass das Problem der Messbarkeit der Qualität dieser Leistung auftritt.

Des Weiteren kann der PPP-Ansatz die Bedeutung kurzfristig orientierter, politischer Einflussnahme verringern und zu einer Selbstbeschränkung der Politik im Hinblick auf das Finanzmanagement führen. Denn Eingriffe der öffentlichen Hand während der Vertragslaufzeit sind im Vergleich zur konventionellen Beschaffungsvariante beim PPP-Ansatz mit höheren Transaktionskosten verbunden. Im Bereich der Produktion von Infrastruktur dürfte dies prinzipiell sinnvoll sein, da - anders als bei Bereitstellungsentscheidungen - Entscheidungen im Bereich des Bau-, Erhaltungs- und Betriebsmanagements grundsätzlich keine fortwährende politische Steuerung erfordern.
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Potenziale und Erfolgsfaktoren des PPP-Ansatzes (Stand des Wissens: 15.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?294833
Literatur
[Hart03a] Hart, O. Incomplete Contracts and Public Ownership: Remarks, and an Application to Public-Private Partnerships, veröffentlicht in The Economic Journal, Ausgabe/Auflage Vol. 113, March, 2003
Glossar
PPP Public Private Partnership beschreibt Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen. Normalerweise findet diese über eine Kapitalverflechtung bei den auszuführenden Projekten statt. Eine Gewinnerzielung ist durchaus erwünscht, um Anreize für das private Unternehmen zu schaffen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?288954

Gedruckt am Freitag, 26. April 2024 13:57:04