Grundlegende Anforderungen an Zugangsstellen zum ÖPNV
Erstellt am: 07.02.2013 | Stand des Wissens: 14.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Als Teil des öffentlichen Raumes und als Schnittstelle sowohl zwischen zwei oder mehr Verkehrssystemen als auch zwischen dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und seinen Kunden müssen Zugangsstellen und -wege zum ÖPNV wesentliche grundlegende Anforderungen erfüllen.
Ganz oben steht die Sicherheit. Alle Anlagen müssen den anerkannten Regeln der Technik entsprechen und die Menschen müssen sich sicher fühlen.
Ebenso selbstverständlich ist die Zweckmäßigkeit. Dazu zählen insbesondere Erreichbarkeit, Leistungsfähigkeit, Aufenthaltsqualität und Konfliktarmut. Jede Zugangsstelle sollte in jedem Verkehrssystem, zu dem sie als Schnittstelle fungiert, so gelegen sein, dass sie von Fahrgästen und Fahrzeugen auf kurzen Wegen sicher erreicht und verlassen werden kann. Die Leistungsfähigkeit einer Zugangsstelle hängt von der minimal möglichen Fahrzeugfolgezeit und der Zahl an Haltplätzen ab. Maßgebend für die Dimensionierung sind jedoch die maximale Anzahl gemeinsam haltender Fahrzeuge und die größte Zahl gleichzeitig wartender oder umsteigender Kunden. Das gilt insbesondere bei Anschlüssen. Die Wartezeit bis zur Abfahrt und der damit verbundene Aufenthalt an der Zugangsstelle werden von den Fahrgästen regelmäßig als unangenehm empfunden. Dem sollte mit einer hohen Aufenthaltsqualität entgegen gewirkt werden, insbesondere sind ausreichende Informationen zu allen verfügbaren Beförderungsmöglichkeiten bereitzustellen. Schließlich müssen Belästigungen, Behinderungen oder gar Gefährdungen Dritter - so gut es geht - vermieden werden.
In §8 Abs. (3) Personenbeförderungsgesetz [PBefG] wird die Umsetzung einer möglichst weitreichenden Barrierefreiheit bis zum 01. Januar 2022 gefordert, auch sollte sich das Design gut in die Umgebung einfügen.
Insofern stehen Standortwahl und Gestaltung im Spannungsfeld verschiedener Interessen:
Interessen der Kunden:
- Nähe zu Fahrtzielen und -quellen
- sichere, komfortable und barrierefreie Erreichbarkeit der Zugangsstelle
- sichere und angenehme Wartemöglichkeiten
- barrierefreier Übergang vom und zum Fahrzeug
- Information über Verkehrsmittel und Fahrplan
Eine Kundenzufriedenheitsbefragung im Rahmen des Schweizer Forschungsprojektes "Ausgestaltung von multimodalen Umsteigepunkten" zeigt auf, dass kurze, direkte und hindernisfreie Wege sowie Atmosphäre, Gestaltung und Beleuchtung wichtige Themen aus Kundensicht darstellen [Wete07].
Interessen der Betreiber:
- ein angemessener Haltestellenabstand für die angestrebte Erschließungsqualität
- störungsfreie Ein- und Ausfahrten
- kurze Fahrgastwechselzeiten
- Überlagerung von Fahrgastwechselzeiten und Behinderungszeiten an Lichtsignalanlagen
- Abstimmung mit koordinierten Lichtsignalsteuerungen für den im gleichen Straßenraum geführten allgemeinen Straßenverkehr
Interessen anderer Verkehrsteilnehmer:
- keine Einschränkung von Sichtbeziehungen
- kein Rückstau hinter haltenden Nahverkehrsfahrzeugen
- keine Behinderung durch haltende und wiederanfahrende Fahrzeuge
- die Kapazität der Knotenpunktzufahrten ist für alle Verkehrsteilnehmer ausreichend
- keine Behinderungen durch Überquerungsstellen
- konfliktfreie Führung von Radfahrern und Fußgängern an den Zugangsstellen
Interessen der Allgemeinheit:
- keine Immissionsbelastung durch Lärm und Schadstoffe
- keine Trennwirkung
- hohe gestalterische Qualität
Die unterschiedlichen Interessen erfordern das Erarbeiten tragfähiger Kompromisse. Dazu ist es notwendig, alle Beteiligten zeitig zu informieren und einzubeziehen.