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Tourismuswirtschaft

Erstellt am: 06.09.2023 | Stand des Wissens: 06.09.2023
Synthesebericht gehört zu:

Die Organisationsstrukturen im Tourismus sind ähnlich zu den föderalen Strukturen Deutschlands aufgebaut und erfassen alle administrativen Ebenen. Tourismusorganisationen können öffentlich-rechtlich, aber auch privatrechtlich aufgestellt sein. Einen Überblick dazu zeigt Abbildung 1.
Organisationsstrukturen Tourismus.pngAbb. 1: Organisationsstrukturen im Tourismus
Der Tourismus ist eine Querschnittsbranche, bei der die eindeutige Trennung der verschiedenen touristischen Akteure aufgrund ihrer differenzierten Strukturen und Aufgabenstellungen nicht immer genau möglich ist. Ihre jeweilige Aufgabenwahrnehmung ist von der Art der Finanzierung abhängig. So widmet sich eine durch Leistungsträger ganz oder teilweise finanzierte Organisation vor allem der Vermarktung, während öffentlich-rechtliche Organisationen eher Strategie-, Planungs- oder Leitbildfunktionen wahrnehmen [FGSV21].
Für die Planungsverantwortlichen im öffentlichen Verkehr ist es von zentraler Bedeutung, Partner im Tourismusbereich zu finden, mit denen gemeinsam marktfähige Strategien und Angebote entwickelt werden können [FGSV21]. Gleichzeitig hat die Tourismuswirtschaft spezifische Erwartungen an den öffentlichen Verkehr:
  • zuverlässiges, pünktliches und reichhaltiges Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln zu den touristischen Zielen,
  • leicht begreifbare Tarife, die Touristen eine erschwingliche Alternative zu anderen Transportmitteln wie dem eigenen Pkw bieten,
  • ausreichende Platzkapazität, um auf Schwankungen reagieren zu können,
  • geschultes Personal, um Ortsunkundigen Hilfestellung geben zu können,
  • klare und verständliche Informationen in möglichst mehreren Sprachen,
  • barrierefreie Zugänglichkeit des Systems, um allen Touristen einen reibungslosen Beförderung zu ermöglichen.
Die Akteure in der Tourismuswirtschaft sind sich selten der für den öffentlichen Verkehr hinderlichen administrativen Grenzen innerhalb einer Destination bewusst und erwarten eine gleichbleibende Qualität und Durchgängigkeit der Verkehrsangebote über Landkreis- und Tarifgrenzen hinweg [LoMe13]. Die gleiche Erwartung haben die Nutzer öffentlicher Verkehre. Zur Erfüllung dieser Erwartungen ist eine verstärkte Zusammenarbeit der touristischen Akteure mit allen Aufgabenträgern und unternehmen essenziell.
Tourismusorganisationen erreichen potenzielle Nutzer bereits im Vorfeld der Reise und sind deshalb dafür prädestiniert, Gäste zu einer An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu motivieren. Schwierig gestaltet sich dabei oft die letzte Meile. Touristische Einrichtungen oder Gastgeber erwägen deshalb häufig, ihren Gästen dafür Mobilitätsleistungen anzubieten. Allerdings herrscht dabei aufgrund der 2018 neugefassten EU-Pauschalrichtlinie eine große Rechtsunsicherheit zum damit erlangten Status als Reiseveranstalter, der eine umfangreichere Haftung gegenüber den Gästen und eine deutlich stärkere Informationspflicht nach sich zieht. Das verhindert zumeist die Umsetzung derartiger konkreter Überlegungen [UBA19v]. Umso mehr sind damit Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen in der Pflicht, auch für die letzte Meile ansprechende Verkehrsangebote vorzuhalten.
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verbesserte Integration des Freizeitverkehrs bei der Gestaltung des öffentlichen Verkehrs in Deutschland (Stand des Wissens: 07.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?575311
Literatur
[FGSV21] Hinweise zur Berücksichtigung des Freizeitverkehrs bei der Gestaltung des ÖPNV, FGSV, Köln, 2021/03
[LoMe13] Lorenz, Andreas, Melzer, Hagen Kurzreport Mobilität, veröffentlicht in Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen, Ausgabe/Auflage Band 2, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Berlin, 2013
[UBA19v] Nachhaltige Reisemobilität, Ausgabe/Auflage Dokumentationen 05/2019, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, 2019/05
Glossar
Aufgabenträger
Aufgabenträger bestellen bei den Verkehrsunternehmen die im Rahmen der Daseinsvorsorge gewünschten Nahverkehrsleistungen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und dem straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Im SPNV sind seit Bahnreform und ÖPNV-Regionalisierung im Jahr 1995/96 anstelle des Bundes die Länder für die Planung, Organisierung und Finanzierung verantwortlich. In einigen Ländern sind die Aufgabenträger für das gesamte Land zuständig, wie in Bayern, in anderen betreuen sie regional abgegrenzte Gebiete, wie in Nordrhein-Westfalen. Teilweise wird die Aufgabenträgerschaft den Verkehrsverbünden zugewiesen, wie in Hessen.
Die Aufgabenträgerfunktion für den straßengebundenen ÖPNV ist den Landkreisen oder kreisfreien Städten zugeordnet.
Letzte Meile
Im Bereich der Telekommunikation bezeichnet die "letzte Meile", auch Teilnehmeranschlussleitung genannt, die Netzstrecke zwischen dem lokalen Verteilerkasten des entsprechenden Kommunikations-Unternehmens und dem Hausanschluss des Endkunden.
In der Logistik steht der Begriff für die Belieferung des Endkunden im Liefer- und Abholverkehr, also dem letzten notwendigen Transportvorgang.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?575101

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 04:25:53