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Freizeitverkehr mit Ortskenntnissen

Erstellt am: 04.09.2023 | Stand des Wissens: 04.09.2023
Synthesebericht gehört zu:

Der Freizeitverkehr mit Ortskenntnissen findet in Regionen statt, die den Personen gut bekannt sind, weil sie entweder im Wohnumfeld liegen oder schon mehrmals besucht worden sind. Das Wohnumfeld, also die gewohnte Umgebung, liegt bei Orten bis 100.000 Einwohnern meist innerhalb ihrer Grenzen. Bei Großstädten ist das Wohnumfeld meist mit dem eigenen Stadtteil gleichzusetzen. Das schließt nicht aus, dass Ausflugsziele auch in bekannten, weiter entfernt liegenden Stadtteilen oder angrenzenden ländlichen Regionen liegen können, wie beispielsweise Sehenswürdigkeiten oder Wanderziele [HarSch13].
Beim Freizeitverkehr mit Ortskenntnissen handelt sich häufig um Fahrten mit unterschiedlichen Entfernungen und Abläufen zu Freizeitaktivitäten, die vor oder nach der Ausbildung oder Arbeit sowie an arbeits- und schulfreien Tagen durchgeführt werden. Das können einerseits Fahrten zu immer wiederkehrenden Aktivitäten in Sport-, Weiterbildungs- oder Kultureinrichtungen und andererseits zu spontanen Privatbesuchen, aber auch zu einmaligen Unternehmungen in Freizeiteinrichtungen oder in die nähere bekannte Umgebung sein [FGSV21]. Auch Letztere bedürfen dank genauer Ortskenntnis und bekannter Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) keiner aufwändigen Planung. Etwa 43 Prozent aller Freizeitwege sind bis zu 25 Kilometer lang und zählen somit zum Einzugsbereich des Wohnortes [FGSV21].
Die Wahl des Verkehrsmittels wird nicht nur durch das Freizeitziel und die Verkehrsangebote für den Weg dorthin bestimmt, sondern auch durch die Verkehrsmittelwahl auf den Wegen davor und/oder danach, beispielsweise wenn der Freizeitweg in eine Wegekette mit anderen Wegen eingebettet ist [FGSV21]. Die folgende Tabelle fasst die zeitlichen, räumlichen und organisatorischen Merkmale für den Freizeitverkehr mit Ortskenntnissen zusammen.
Merkmale.pngAbb. 1: Merkmale für den Freizeitverkehr mit Ortskenntnissen, nach [FGSV21]
Daraus ergeben sich spezielle Anforderungen an den ÖPNV, die sich jedoch teilweise je nach Raumtyp unterscheiden können [FGSV21].
In städtischen Räumen, in denen die vorhandenen Angebote des ÖPNV infolge eines dichteren Verkehrsnetzes und Takts deutlich attraktiver als in ländlichen Gebieten sind, liegt das Hauptaugenmerk auf der Erreichbarkeit von Freizeitzielen und der anschließenden Rückfahrt zum Wohnort in den Nebenverkehrszeiten, also am Abend und am Wochenende [DIW18]. Großstädte verfügen unter anderem deshalb häufig sogar über durchgehende Nachtverkehrsangebote.
Im ländlichen Raum wird der ÖPNV zur Durchführung von Freizeitwegen deutlich seltener genutzt. Das ergibt sich in erster Linie aus dem schlechteren ÖPNV-Angebot. Ziel ist deshalb ein gezielter Ausbau des ÖPNV-Angebotes für die heimische Bevölkerung auf dem Land. Durch den Aufbau tourismusspezifischer Angebote können auch für die heimische Bevölkerung Nutzugsmöglichkeiten erweitert werden [KePi20].
Für Großveranstaltungen sind zusätzliche ÖPNV-Angebote notwendig, um Besucher zur An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu motivieren [FGSV21]. Dazu gehören neben zusätzlichen Fahrzeugen und Personal zur Gewährleistung dichterer Taktzeiten auch Vorrangregelungen zugunsten des ÖPNV.
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verbesserte Integration des Freizeitverkehrs bei der Gestaltung des öffentlichen Verkehrs in Deutschland (Stand des Wissens: 07.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?575311
Literatur
[DIW18] Nobis, Claudia, Kuhnimhof, Tobias Mobilität in Deutschland (MiD), infas, DLR, IVT und infas 360, Bonn/Berlin, 2018/12
[FGSV21] Hinweise zur Berücksichtigung des Freizeitverkehrs bei der Gestaltung des ÖPNV, FGSV, Köln, 2021/03
[HarSch13] Harrer, Bernhard, Scherr, Silvia Tagesreisen der Deutschen, Ausgabe/Auflage Schriftenreihe Nr. 55/2013, dwif, München, 2013
[KePi20] Kersten, Isabel, Pinnow, Diana Touristische Mobilität im ländlichen Raum, veröffentlicht in Thesenpapier 78/2020, dwif-Consulting GmbH, Berlin, 2020
Glossar
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?575006

Gedruckt am Sonntag, 28. April 2024 08:23:52