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Maßnahmen zur Ertüchtigung des Lastenfahrrads in der gewerblichen Nutzung

Erstellt am: 30.06.2023 | Stand des Wissens: 05.07.2023
Synthesebericht gehört zu:

Eine Befragung von potenziellen Nutzenden von Lastenrädern zeigt, dass ein gesteigertes Interesse an der gewerblichen Nutzung von Lastenfahrrädern von Pull- und Push-Faktoren abhängt (siehe Abbildung 1). Pull-Faktoren, die durch die Nutzenden gewünscht werden, beziehen sich dabei auf die Senkung der Anschaffungskosten oder den Kostenausgleich durch Kaufprämien. Auch die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur spielt eine Rolle. Die Minderung bestehender Nutzungsvorteile von konventionellen Fahrzeugen, wie beispielsweise der Erweiterung von Fahrverboten, die Erhöhung der Kraftstoffkosten oder die Reduzierung von Park- und Haltemöglichkeiten sind Push-Faktoren, die eine Nutzung von Lastenfahrrädern zusätzlich attraktiv machen [Grub21a].
Push und Pull Faktoren.pngAbb. 1: Push- und Pull-Faktoren für die gewerbliche Nutzung von Lastenfahrrädern [Grub21a] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Dem Bund, den Kommunen und den lokalen Behörden kommt somit eine wichtige Rolle bei der Schaffung von geeigneten Bedingungen und Anreizen für die gewerbliche Nutzung von Lastenfahrrädern zu [Schliw15]. Um dieser Rolle gerecht zu werden, werden insbesondere Förderprogramme entwickelt.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle fördert im Rahmen der E-Lastenrad-Richtlinie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz die Anschaffung von neuen E-Lastenfahrrädern und -anhängern für den Lastenverkehr. Das Förderprogramm ist auf Unternehmen, Kommunen, Körperschaften, Anstalten des öffentlichen Rechts sowie rechtsfähige Vereine und Verbände beschränkt und schließt Privatpersonen aus. Die beschafften Lastenfahrräder müssen den Anforderungen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) entsprechen und eine Nutzlast von mindestens 120 Kilogramm aufweisen [BAFA 22]. Es gibt jedoch auch auf kommunaler Ebene oder durch Organisation, wie Aktion Mensch, Förderungen für Privatpersonen im Rahmen von 600 bis 1.000 Euro [Fowl23].
Die Förderrichtlinie Städtische Logistik des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), die im Jahr 2019 veröffentlicht wurde, unterstützt Maßnahmen zur Erstellung städtischer Logistikkonzepte, zur Erstellung von Machbarkeitsstudien sowie zur Umsetzung konkreter Einzelvorhaben im Bereich der städtischen Logistik [LNC20]. Kommunen und Landkreise sollen mit der Förderrichtlinie die Möglichkeit erhalten, den Einsatz von Lösungen für die städtische Logistik, wie beispielsweise den Einsatz von Mikro-Hubs, zu entwickeln und zu erproben. Dem Förderaufruf aus dem Jahr 2019 folgte ein zweiter Aufruf im Jahr 2020 [LNC20].
Im März 2021 trat außerdem die neue Förderrichtlinie für E-Lastenräder und Mikro-Hubs des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) in Kraft. Die Förderrichtlinie soll Unternehmen dabei unterstützen, auf klimafreundliche und eine zukunftsfähige Logistik umzusteigen. Gefördert werden unter anderem Logistik-Unternehmen, Möbelhäuser, mittelständische Unternehmen, Baumärkte und Lieferdienste. Die Förderung für E-Lastenfahrrädern (Lastenpedelecs) umfasst 25 Prozent der Anschaffungskosten, maximal begrenzt auf 2.500 Euro. Die gewerbliche Nutzung der Lastenräder muss im Rahmen der Förderrichtlinie nachgewiesen werden [BMUV21b].
Das Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz fördert darüber hinaus mit dem Programm Klimaschutz durch Radverkehr seit dem Jahr 2016 den Ausbau und die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur in Deutschland. Der Förderumfang wurden im Jahr 2020 aufgestockt, sodass kommunale Projekte mit bis zu 75 Prozent gefördert werden. Bei finanzschwachen Kommunen werden bis 90 Prozent der Kosten getragen. Hierbei wird auf die Schaffung attraktiver Angebote für den Radverkehr insgesamt und somit auch für den gewerblichen Lastenradverkehr abgezielt. Bereits zwischen den Jahren 2016 und 2020 wurden 78 Vorhaben mit einer Gesamtsumme von mehr als 128 Millionen Euro gefördert. Hierbei handelt es sich unter anderem um unversiegelte Radwege oder Fahrradparkhäuser mit LED-Beleuchtung [BMUV20b].
Um die Attraktivität der Fahrradlogistik darüber hinaus im Sinne der Push-Faktoren weiter zu fördern, können städtebauliche Maßnahmen in Form von verkehrsregelnden Anordnungen ergriffen werden, wie zum Beispiel die Einschränkung des Durchgangsverkehrs während des Tages sowie Umwelt- oder Lieferfristenbeschränkungen [Lenz13, Schliw15]. In Deutschland befinden sich solche Konzepte jedoch nur im begrenzten Maße in der Umsetzung.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Der gewerbliche Einsatz des Lastenrads zur verkehrlichen Entlastung im urbanen Raum (Stand des Wissens: 05.07.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?573000
Literatur
[BAFA 22] Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Hrsg.) E-Lastenfahrräder, 2022/04/01
[BMUV20b] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Hrsg.) BMU stärkt Förderung des Radverkehrs, 2020/03/02
[BMUV21b] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Hrsg.) Neue BMU-Förderung für E-Lastenräder und Mikro-Depots sorgt für sauberere Luft und mehr Klimaschutz im Verkehr, 2021/02/15
[Fowl23] Fowler, Jessica Lastenradförderung: So einfach erhaltet ihr einen Cargobike-Zuschuss, 2023/04/07
[Grub21a] Gruber, Johannes, Rudolph, Christian Ich entlaste Städte - Das Lastenrad-Testangebot für gewerbliche und öffentliche Nutzer , 2021/10
[Lenz13] Lenz, Barbara, Riehle, Ernst Bikes for Urban Freight?, 2013/01
[LNC20] LNC LogisticNetwork Consultants GmbH (Hrsg.) Die Veränderungen des gewerblichen Lieferverkehrs und dessen Auswirkungen auf die städtische Logistik, 2020/12/03
[Schliw15] Schliwa, Gabriele, Armitage, Richard, Aziz, Sara, Evans, James, Rhoades, Jasmine Sustainable city logistics - Making cargo cycles viable for urban freight transport, 2015/03
Glossar
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)
BMUV
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (bis 12/2013 BMU, bis 03/2018 BMUB und bis 12/2021 BMU)
Hub Der Begriff Hub kommt vom englischen Begriff "Hub and Spoke", was im Deutschen "Nabe und Speiche" entspricht. Der Hub dient als Sammel- und Knotenpunkt für Hauptverkehrswegen für den Umschlag und die Zusammenfassung von Warenströmen in alle Richtungen, d.h. zur Warenübergabe an regionale Verteiler. Im Postwesen handelt es sich bei Hubs häufig um Paketzentren. Die Transportmittel zur weiteren Beförderung der Sendungen variieren (Schiffe, Flugzeuge, Lkw).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?572844

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 10:14:56