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Lastenfahrräder als umwelt- und verkehrsfreundliches Transportmittel im Wirtschaftsverkehr

Erstellt am: 30.06.2023 | Stand des Wissens: 05.07.2023
Synthesebericht gehört zu:

Der Wirtschaftsverkehr umfasst den Verkehr zur physischen Raumüberwindung von Personen und Gütern im Rahmen der wirtschaftlichen Aktivitäten. Er setzt sich somit aus dem Personenwirtschaftsverkehr und dem Güterverkehr zusammen [Fläm18].
Der Einsatz von Lastenfahrrädern im Personenwirtschaftsverkehr ist unter anderem in den Formen von Personenbeförderungsverkehr mittels Fahrradrikschas oder Fahrradtaxis sowie Service- und Dienstleistungsverkehr durch beispielsweise Schornsteinfeger- und Gärtnereibetrieben üblich [VCD13a].
Im städtischen Güterverkehr werden Lastenräder für den Transport von Gütern auf der ersten und letzten Meile eingesetzt. Aufgrund der eingeschränkten Reichweite von Lastenfahrrädern werden diese in der Regel mit einem Netzwerk aus dezentralen Verteilzentren, wie Mikro-Hubs, im Stadtzentrum kombiniert. Auf den langen Distanzen vom Umschlagzentrum, das in der Regel außerhalb der Stadt oder am Stadtrand liegt, werden von und zu den Mikro-Hubs Lastkraftwagen (größer 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht) mit Verbrennungsmotoren eingesetzt. Die kurzen Distanzen auf der ersten oder letzten Transportstrecke von den Versendern oder zu den Empfängern wird durch ein Lastenrad überwunden. Es findet somit ein zweistufiger Transport statt [Thall17, Grub16, LNC20]. Die Abbildung 1 zeigt Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des kombinierten Konzepts aus Lastenrad und Mikro-Hub im Vergleich zu der Belieferung mit herkömmlichen Verbrennerfahrzeugen.
SWOT.jpgAbb. 1: Stärken und Schwächen, Chancen und Herausforderungen von Lastenrädern in Kombination mit Mikro-Hubs (eigene Darstellung in Anlehnung an [LNC20]) (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Ein positiver Effekt des Einsatzes von Lastenrädern ist unter anderem die Entlastung der Straßeninfrastruktur, in dem die Anzahl konventioneller Lieferfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren reduziert wird und Auslastungsspitzen durch die zeitliche Überschneidung mit dem Berufsverkehr vermieden werden. Somit können schädliche Emissionen und Verkehrsbehinderungen gemindert werden. Eine Schwäche der Lastenräder ist die limitierte Einsatzmöglichkeit aufgrund des begrenzten Zuladevolumens und der geringen Reichweite im Vergleich zu konventionellen Lieferfahrzeugen. Außerdem stellt der zusätzliche finanzielle und organisatorische Aufwand durch die Umstrukturierung ihrer Aus- und Belieferung und damit verbundene Ineffizienzen in der Anfangsphase ein Risiko für die Logistikdienstleister dar [LNC20]. Das große Potenzial von Lastenrädern besteht in der Umgestaltung des urbanen Güterverkehrs. Die kleinteilige Sendungsstruktur und hohe Stoppdichte machen den urbanen Raum zu einem geeigneten Einsatzfeld für Lastenräder [Kreuz17, Thall17, LNC20].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Der gewerbliche Einsatz des Lastenrads zur verkehrlichen Entlastung im urbanen Raum (Stand des Wissens: 05.07.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?573000
Literatur
[Fläm18] Flämig, Heike Wirtschaftsverkehr, 2018
[Grub16] Gruber, Johannes, Rudolph, Christian Untersuchung des Einsatzes von Fahrrädern im Wirtschaftsverkehr Wiv-Rad-Schlussbericht, 2016/11/24
[Kreuz17] Kreuz, Felix, Clausen, Uwe Einsatzfelder von eLastenrädern im städtischen Wirtschaftsverkehr. Untersuchung anhand der Fallstudie cargoSurfer, 2017/06/02
[LNC20] LNC LogisticNetwork Consultants GmbH (Hrsg.) Die Veränderungen des gewerblichen Lieferverkehrs und dessen Auswirkungen auf die städtische Logistik, 2020/12/03
[Thall17] Thaller, C., Telake, M., Clausen, U., Dahmen, B., Leerkamp, B. KEP-Verkehr in urbanen Räumen, 2017/06/02
[VCD13a] VCD Verkehrsclub Deutschland e.V. (Hrsg.) Lastenrad: gute Beispiele, 2013/03
Glossar
Letzte Meile
Im Bereich der Telekommunikation bezeichnet die "letzte Meile", auch Teilnehmeranschlussleitung genannt, die Netzstrecke zwischen dem lokalen Verteilerkasten des entsprechenden Kommunikations-Unternehmens und dem Hausanschluss des Endkunden.
In der Logistik steht der Begriff für die Belieferung des Endkunden im Liefer- und Abholverkehr, also dem letzten notwendigen Transportvorgang.
Logistikdienstleister Logistikdienstleister (abgekürzt: LDL; Englisch: logistics service provider) bezeichnet die Weiterentwicklung des traditionellen Speditionsgeschäfts. Über Transport, Umschlag und Lagerung (TUL) hinaus bietet der LDL weitere Leistungen und Lösungen an, zum Beispiel kundenbezogene Lagerung, Kommissionierung, Assemblierung, Fakturierung usw. LDL und 3PL werden häufig synonym verwendet.
Hub Der Begriff Hub kommt vom englischen Begriff "Hub and Spoke", was im Deutschen "Nabe und Speiche" entspricht. Der Hub dient als Sammel- und Knotenpunkt für Hauptverkehrswegen für den Umschlag und die Zusammenfassung von Warenströmen in alle Richtungen, d.h. zur Warenübergabe an regionale Verteiler. Im Postwesen handelt es sich bei Hubs häufig um Paketzentren. Die Transportmittel zur weiteren Beförderung der Sendungen variieren (Schiffe, Flugzeuge, Lkw).
Personenwirtschaftsverkehr Der Personenwirtschaftsverkehr gemäß ist ein spezifischer Wegezweck und beinhaltet die "regelmäßig beruflichen Wege", "die von Erwerbstätigen zurückgelegt werden", bspw. Busfahrer, Postboten, Lieferanten, Handwerker u. a.) sowie die erfassten dienstlichen Wege. Der Weg zur Arbeit gehört allerdings nicht zum Wirtschaftsverkehr.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?572796

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 19:54:42