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Lastenfahrräder zur verkehrlichen Entlastung des urbanen Raums

Erstellt am: 30.06.2023 | Stand des Wissens: 05.07.2023
Synthesebericht gehört zu:


Die städtische Logistik auf der ersten und letzten Meile, auf dem ersten und letzten Abschnitt der Transportkette, ist durch den steigenden Anteil von Paketsendungen des Online-Handels gekennzeichnet [Kreuz17]. Die Covid-19-Pandemie hat dazu geführt, dass sich dieser Trend des zunehmenden Online-Handels weiter verstärkt hat [BNA21c, BMWK22g]. Um Nutzungskonkurrenzen zwischen dem Individualverkehr und dem Güterverkehr zu reduzieren und negative Umwelteffekte durch Emissionen in urbanen Räumen zu vermeiden, werden Transportlösungen benötigt, die den städtischen Raum sowohl verkehrlich als auch ökologisch entlasten [Kreuz17, Thall17].
Eine mögliche Transportlösung für die Beförderung von Gütern im urbanen Raum stellt das Lastenfahrrad dar [BMWK22g]. Ein Lastenfahrrad, auch Lastenrad genannt, eignet sich insbesondere für städtische Gebiete mit einer hohen Stoppdichte, einem geringeren Dropfaktor (Paketanzahl pro Empfänger) und kleinvolumigen Paketstrukturen, da eine Vielzahl von Haushalten durch ein Lastenrad beliefert werden kann [LNC20].
Lastenfahrräder gibt es seit über 100 Jahren. Die Deutsche Post nutzt bereits seit dem Jahr 1896 Zustellfahrräder, die die Zustellung zu den Empfängern erleichterten, indem die schweren Posttaschen transportiert werden konnten. Heute werden Lastenräder darüber hinaus für den Transport von Speisen sowie für die Grünflächenpflege oder von der Stadtreinigung genutzt [VCD13a, DIFU21].
Im Stadtzentrum werden bislang nur wenige Lastenräder eingesetzt. Die Auslieferung von Gütern erfolgt nach wie vor durch Güterfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Häufiges Anhalten von konventionellen Lieferwagen führt zudem zu hohen Beeinträchtigungen der Verkehrsflüsse [Thall17]. Auch ein erhöhter Wartungsaufwand der Straßeninfrastruktur, Verkehrsunfälle sowie die Belastung durch Emissionen und Lärm stellen Probleme durch den zunehmenden Anteil von Verbrennerfahrzeugen für den Gütertransport dar [Verl21]. Lastenräder können einen Beitrag dazu leisten, diese Auswirkungen zu lindern. Mit ihnen besteht die Möglichkeit Staus durch die Nutzung von Fahrradwegen zu umgehen und Gebiete mit Umweltzonen oder Lieferzeitfenstern zu erreichen, die mit konventionellen Verbrennerfahrzeugen nicht zugänglich sind [Lenz13]. Außerdem kann die Nutzung des Lastenrads zur Mitarbeiterzufriedenheit aufgrund eines gesünderen Joballtags beitragen [Verl21].
Auch bei der Betrachtung des den urbanen Raum prägenden Kurier-Express-Paket (KEP)-Verkehrs wird deutlich, dass die Fahrzeugflotte des KEP-Verkehrs zum Großteil aus Lieferwagen oder Transportern und kleinen Lkw (bis zu 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht) mit Verbrennungsmotoren besteht [Thall17]. Bezogen auf die KEP-Dienste werden besonders für dicht besiedelte Stadtgebiete mit einem hohen Anteil von Wohnnutzung und einem hohen Stauaufkommen Einsatzpotenziale für Lastenräder gesehen [Assm19].
Diese Wissenslandkarte thematisiert den gewerblichen Einsatz von Lastenfahrrädern zur verkehrlichen Entlastung des urbanen Raums. Neben den Vor- und Nachteilen von Lastenrädern als Transportmittel werden auch die Bauformen sowie die Marktsegmente und Einsatzbereiche von Lastenrädern beschrieben. Der Einsatz von Lastenrädern unterliegt spezifischen Rahmenbedingungen, die im Weiteren erläutert werden. Da, wie zuvor dargestellt, die Nutzung von Lastenrädern derzeit nur einen marginalen Anteil am urbanen Modal Split ausmachen, werden Anreize zur Nutzung genannt sowie Potenziale zum Einsatz der Lastenräder sowohl aus deutscher als auch als internationaler Perspektive beschrieben.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Der gewerbliche Einsatz des Lastenrads zur verkehrlichen Entlastung im urbanen Raum (Stand des Wissens: 05.07.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?573000
Literatur
[Assm19] Assmann, Tom , Müller, Florian, Bobeth, Sebastian, Baum, Leonard Planung von Lastenradumschlagsknoten - Planungsleitfaden, 2019/11
[BMWK22g] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Marktübersicht - Nachfrageorientierter Strukturwandel, 2022/02/07
[BNA21c] Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Hrsg.) Tätigkeitsbericht Post 2020/2021, 2021/11/26
[DIFU21] Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.) Alternativen für den privaten und wirtschaftlichen Lastentransport, 2021/05
[Kreuz17] Kreuz, Felix, Clausen, Uwe Einsatzfelder von eLastenrädern im städtischen Wirtschaftsverkehr. Untersuchung anhand der Fallstudie cargoSurfer, 2017/06/02
[Lenz13] Lenz, Barbara, Riehle, Ernst Bikes for Urban Freight?, 2013/01
[LNC20] LNC LogisticNetwork Consultants GmbH (Hrsg.) Die Veränderungen des gewerblichen Lieferverkehrs und dessen Auswirkungen auf die städtische Logistik, 2020/12/03
[Thall17] Thaller, C., Telake, M., Clausen, U., Dahmen, B., Leerkamp, B. KEP-Verkehr in urbanen Räumen, 2017/06/02
[VCD13a] VCD Verkehrsclub Deutschland e.V. (Hrsg.) Lastenrad: gute Beispiele, 2013/03
[Verl21] Verlinghieri, Ersilia, Itova, Irena, Collignon, Nicolas, Aldred, Rachel The Promise of Low-Carbon Freight, 2021/08
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Letzte Meile
Im Bereich der Telekommunikation bezeichnet die "letzte Meile", auch Teilnehmeranschlussleitung genannt, die Netzstrecke zwischen dem lokalen Verteilerkasten des entsprechenden Kommunikations-Unternehmens und dem Hausanschluss des Endkunden.
In der Logistik steht der Begriff für die Belieferung des Endkunden im Liefer- und Abholverkehr, also dem letzten notwendigen Transportvorgang.
KEP Kurier, Express, Paket - Bereich in der Transportwirtschaft, der als ein Teilmarkt in der Logistik angesehen wird. Anbieter von Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEP) transportieren vornehmlich Sendungen mit relativ geringem Gewicht (von ca. 2 kg bis ca. 31 kg) und Volumen, wie z.B. Dokumente, Päckchen und Kleinstückgüter. Große KEP Anbieter wenden sich auch vermehrt den Märkten der Kontraktlogistik und Fulfillment Dienstleistungen zu.
Modal Split
Modal Split wird in der Verkehrsstatistik die prozentuale Verteilung des Personen- und Güterverkehrs auf verschiedene Verkehrsmittel (Modi) genannt. Der Modal Split ist Folge des Mobilitätsverhaltens der Menschen und der wirtschaftlichen, insbesondere der verkehrlichen Entscheidungen von Unternehmen.
Transportkette
Nach DIN 30781 eine Folge von technisch und organisatorisch miteinander verknüpften Vorgängen, bei denen Personen oder Güter von einer Quelle zu einem Ziel bewegt werden, im weiteren Sinne alle Transferprozesse zwischen Quelle und Senke.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?572790

Gedruckt am Dienstag, 30. April 2024 00:58:56