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Elemente der Energiewende im Verkehr

Erstellt am: 20.06.2023 | Stand des Wissens: 20.06.2023
Synthesebericht gehört zu:

Mit der Energiewende im Verkehr, die neben der Mobilitätswende der zweite Baustein der Verkehrswende ist, soll der verkehrsbedingte Energiebedarf möglichst klimaneutral und umweltfreundlich gedeckt werden. Die wesentlichen Elemente der Energiewende im Verkehr betreffen die Antriebstechnologien, die Antriebsenergien, die dazugehörige Infrastruktur sowie die Kopplung von Energie- und Verkehrssektor. Alternative Antriebstechnologien gepaart mit alternativen Antriebsenergien sollen den konventionellen Gebrauch von Erdölprodukten in Verbrennungsmotoren sukzessive ersetzen, damit der Verkehr möglichst bis 2045 Netto-Null-Treibhausgasemissionen (Klimaneutralität) erreicht [AgVe17]. Die Anforderungen an Antriebstechnologien und -energien hängen wesentlich von den Verkehrsträgern Straße, Luft, Wasser, Schiene und den eingesetzten Verkehrsmitteln ab [BMVI18r]. Durch den hohen Anteil des Straßenverkehrs an den verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen in Deutschland (97,2 Prozent in 2019) ist die Dringlichkeit zur Verringerung der Emissionen gerade bei diesem Verkehrsträger besonders hoch [UBA21s]. Um die Elemente der Energiewende im Verkehr an einem Beispiel zu verdeutlichen, wird nachfolgend schwerpunktmäßig auf die Wende bei Personenkraftwagen (Pkw) Bezug genommen.

Im Pkw-Segment werden vor allem folgende Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien diskutiert:
  • Batterieelektrische Fahrzeuge (Battery Electric Vehicles BEV),
  • Elektrofahrzeuge mit Reichweitenverlängerung (Range Extended Electric Vehicles REEV),
  • Plug-in-Hybridfahrzeuge (Plug-in Hybrid Electric Vehicles PHEV),
  • Brennstoffzellenfahrzeuge (Fuel Cell Electric Vehicles FCEV) [EmoGa].

Alle der oben genannten Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien stellen laut Elektromobilitätsgesetz (EmoG) Ausprägungen der Elektromobilität dar. Angestrebt wird die direkte Nutzung von regenerativ erzeugtem Strom in batterieelektrischen Fahrzeugen, da diese Kombination von Antriebsenergie und -technologie in der Well-to-Wheel-Betrachtung nicht nur klimaneutral, sondern auch energieeffizienter ist. Klimaneutralität kann ebenfalls mit der Verwendung von grünem Wasserstoff in Brennstoffzellenfahrzeugen erreicht werden, diese Kombination weist jedoch aufgrund zusätzlicher Umwandlungsschritte eine geringere Energieeffizienz auf [AgVe17]. Im politischen Diskurs hat sich demnach die Elektrifizierung des Verkehrs, speziell die direkte Nutzung von regenerativ erzeugtem Strom, als prioritärer Entwicklungspfad herauskristallisiert [SeEh18].

Die Forschung beschäftigt sich mit folgenden alternativen Antriebsenergien im Verkehrssektor:
  • Regenerativ erzeugtem Strom,
  • grünem Wasserstoff (auf Basis regenerativ erzeugten Stroms),
  • strombasierten synthetischen Kraftstoffen (auf Basis regenerativ erzeugten Stroms),
  • Biokraftstoffen der 2. Generation (aus Pflanzenreststoffen) und der 3. Generation (aus Algen) [SeEh18][AgVe17][BMDV21f].

Gegenüber regenerativ erzeugtem Strom haben synthetische Kraftstoffe und Biokraftstoffe den Vorteil, dass sie wie Benzin oder Diesel in Verbrennungsmotoren eingesetzt oder als Kraftstoffbeimischung mit der vorhandenen Tankinfrastruktur genutzt werden können. Die Verwendung von Strom und Wasserstoff setzt dagegen Fahrzeugneuanschaffungen und den Aufbau einer Lade- oder Tankinfrastruktur voraus. Aus diesem Grund könnten synthetische Kraftstoffe und Biokraftstoffe als Brückentechnologie einen kurzfristigen und effektiven Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele bis 2030 und darüber hinaus leisten. Ein weiterer Vorteil dieser Kraftstoffe ist ihre potenzielle Eignung im Schwerlast- und Fernverkehr. Damit stellen sie eine gute Ergänzung zur Elektrifizierung des Pkw-Verkehrs dar und könnten gemeinsam mit dem kontinuierlichen Hochlauf der Elektromobilität zur Dekarbonisierung des Verkehrs beitragen. In flüssigen synthetischen Kraftstoffen auf Grundlage von Power-to-Liquid (PtL) wird das höchste technische Potenzial für einen klimaneutralen und schadstoffarmen Einsatz gesehen, vorausgesetzt, es wird regenerativer Strom bei der Erzeugung verwendet. Biokraftstoffe besitzen dagegen nicht das notwendige Mengenpotenzial [SeEh18].

Mit dem Umstieg auf Strom und strombasierte Antriebsenergien steigen die Strombedarfe des Verkehrs an und setzen eine systemische Verknüpfung des Verkehrs- und Energiesektors voraus. Ein zentraler Baustein der Sektorenkopplung ist die Abstimmung der Strombedarfe des Verkehrs mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien [NPM21a]. Ebenso muss im Hinblick auf die schwankende Strombereitstellung von erneuerbaren Energien auf die Netzstabilität geachtet werden [AgVe17]. Wird die verkehrsbedingte Stromnachfrage ohne weitere Maßnahmen in das Netz integriert, kann es zeitlich und örtlich zu Überlastungen des Stromnetzes kommen. Damit dieses Szenario nicht eintritt, sollte der Verkehr einen flexiblen Stromnachfrager und -speicher darstellen, der Angebot und Nachfrage in einem auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem ausbalancieren kann. Dazu muss zum einen das Ladeverhalten, also die Nachfrage des Pkw-Verkehrs flexibel an das zeitlich verfügbare Stromangebot angepasst werden. Das ist durch die intelligente Steuerung des Ladevorgangs bei batterieelektrischen Fahrzeugen sowie über die Steuerung der Erzeugungskapazität von Anlagen für strombasierte Kraftstoffe möglich. Zum anderen müssen Batterien und strombasierte Kraftstoffe als Energiespeicher genutzt werden, die die gespeicherte Energie bei Bedarf wieder in das Stromnetz einspeisen können. Batterieelektrische Fahrzeuge eignen sich als Kurzeitspeicher und können durch einen bidirektionalen Lademechanismus die Energie wieder in das Stromnetz einspeisen. Strombasierte Kraftstoffe eigenen sich dagegen als Langzeitspeicher und können ebenfalls zur Stabilisierung des Stromnetzes, aber unter Energieverlusten, rückverstromt werden [BMVI16v].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Energiewende im Verkehr durch klimaneutrale Antriebsenergie (Stand des Wissens: 21.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?572442
Literatur
[AgVe17] Christian Hochfeld, Alexander Jung, Anne Klein-Hitpaß, Urs Maier, Kerstin Meyer, Fritz Vorholz Mit der Verkehrswende die Mobilität von morgen sichern: 12 Thesen zur Verkehrswende, 2017/03
[BMDV21f] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Klimaschutz im Verkehr - Alternative Kraftstoffe, 2021/10/27
[BMVI16v] P. Schmidt, T. Raksha, J. Jöhrens, U. Lambrecht, N. Gerhardt, M. Jentsch MKS-Studie: Analyse von Herausforderungen und Synergiepotenzialen beim Zusammenspiel von Verkehrs- und Stromsektor, 2016/04
[BMVI18r] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (Hrsg.) Die Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregierung (MKS), 2018/08/07
[NPM21a] Nationale Plattform Zukunft der Mobilität Energiewirtschaftliche Auswirkungen der Sektorkopplung - Energiebedarfe, 2021/06
[SeEh18] Bierkandt, Thomas , Severin, Michael , Ehrenberger, Simone , Köhler, Markus Klimaneutrale synthetische Kraftstoffe im Verkehr, 2018/12
[UBA21s] Umweltbundesamt (Hrsg.) Gemeinsame Pressemitteilung von Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium: Treibhausgasemissionen sinken 2020 um 8,7 Prozent - Positiver Trend der Vorjahre setzt sich fort , 2021/03/15
Rechtsvorschriften
[EmoGa] Gesetz zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (Elektromobilitätsgesetz - EmoG)
Glossar
Hybrid
Der Ausdruck Hybrid bedeutet "etwas Gebündeltes, Gekreuztes oder Gemischtes". Es stammt ab von dem lateinischen Fremdwort griechischen Ursprunges Hybrida. In der Technik wird ein hybrides System, aus zwei unterschiedlichen Technologien miteinander kombiniert.
PHEV
Plug-in-Hybridfahrzeug; eine Weiterentwicklung der Hybridfahrzeuge. Es besteht die Möglichkeit, die Batterie zusätzlich zum Verbrennungsmotor auch extern über eine Ladebuchse zu laden.
Verkehrswende
Mit der Verkehrswende in Deutschland wird das Ziel verfolgt, den Verkehrssektor bis spätestens 2050 klimaneutral zu gestalten. Dazu sollen die anfallenden Treibhausgasemissionen möglichst vollständig vermieden und verbleibende Restemissionen durch die Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre ausgeglichen werden. Die Verkehrswende lässt sich in zwei parallellaufende Entwicklungen gliedern: die Mobilitätswende und die Energiewende im Verkehr (auch Antriebswende genannt).
FCEV Brennstoffzellenfahrzeug; Die Brennstoffzelle fungiert als Energiewandler, der chemische in elektrische Energie umwandelt und damit die Batterie, bzw. indirekt den Elektromotor betreibt. Der optimale Energieträger ist Wasserstoff, der eine lokale emissionsfreie Mobilität ermöglicht.
Elektromobilität
Die Elektrifizierung der Antriebe durch Batterie- und Brennstoffzellentechnologien. Im Kontext des "Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität" wird der Begriff auf den Straßenverkehr begrenzt. Hierbei handelt es sich insbesondere um Personenkraftwagen (Pkw) und leichte Nutzfahrzeuge, ebenso werden aber auch Zweiräder (Elektroroller, Elektrofahrräder) und Leichtfahrzeuge einbezogen.
Mobilitätswende
Mit der Mobilitätswende soll der Endenergieverbrauch des Verkehrssektors gesenkt werden, ohne dass die Mobilität der Menschen eingeschränkt wird. Diesem Ziel folgend, versucht man mit der Mobilitätswende Verkehr zu vermeiden (zum Beispiel durch stadtplanerische Maßnahmen), auf emissionsfreie und emissionsarme Fortbewegungsmittel zu verlagern (zum Beispiel auf den öffentlichen Verkehr) und effizienter abzuwickeln (zum Beispiel durch verkehrssteuernde Maßnahmen).
H2 Wasserstoff ("H2" = grch.-lat. für hydrogenium "Wassererzeuger") ist das chemische Element mit der Ordnungszahl 1. Wasserstoff stellt sowohl bezogen auf die Masse (75%) als auch bezogen auf die Zahl der Teilchen (91%) das häufigste aller im All vorkommenden Elemente dar. Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses Gas welches in der Natur aufgrund der hohen Reaktivität nicht in seiner elementaren Form vorkommt. Wasserstoff liegt gebunden in Form von Erdöl und Erdgas, in Mineralien, in Biomasse, aber vorwiegend in Form von Wasser vor. Wasserstoff ist somit ein Sekundärenergieträger (Energiespeicher)und muss erst aus den oben genannten fossilen oder nicht fossilen Primärenergieträgern unter Einsatz von zusätzlicher Energie hergestellt werden.
Energiewende im Verkehr
Mit der Energiewende im Verkehr (auch Antriebswende genannt), soll der Endenergiebedarf des Verkehrssektors mit klimaneutraler Antriebsenergie gedeckt und die verwendeten Energien sparsam genutzt werden. Dementsprechend ist die Energiewende im Verkehr insbesondere eine technische Herausforderung, bei der die Verbrennung fossiler Energieträger im Straßen-, Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr durch die Nutzung von erneuerbarem Strom, grünem Wasserstoff, Biokraftstoffen und strombasierten synthetischen Kraftstoffen ersetzt wird.
Szenarien Ein Szenario ist ein Bild der Zukunft, das sich aus einer bestimmten Kombination von relevanten Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen entwickelt. Das grundsätzliche Anliegen von Szenarien besteht darin, verschiedene Handlungsoptionen zu verdeutlichen und ihre Folgewirkungen transparent zu machen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?572317

Gedruckt am Sonntag, 28. April 2024 22:11:53