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Energiewende im Verkehr durch klimaneutrale Antriebsenergie

Erstellt am: 17.05.2023 | Stand des Wissens: 20.06.2023
Synthesebericht gehört zu:

Die Energiewende im Verkehr ist ein Teil der Verkehrswende, welche in Deutschland das Ziel verfolgt, die Klimaneutralität des Verkehrs bis spätestens 2050 sicherzustellen [AgVe17]. Klimaneutralität im Verkehrssektor bedeutet, dass Treibhausgasemissionen, die zum Beispiel bei der Verbrennung von Benzin und Diesel entstehen, möglichst vollständig vermieden werden. Bleiben trotzdem Restemissionen bestehen, sind diese in gleicher Menge durch die Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre auszugleichen [Prog21]. Neben dem übergeordneten Ziel des Klimaschutzes ergeben sich durch eine konsequente Verkehrswende zahlreiche weitere Vorteile für Mensch und Umwelt, wie zum Beispiel eine verbesserte Luftqualität, ein geringerer Lärmpegel oder die Rückgewinnung urbaner Fläche [AgVe23]. Der Thinktank Agora Verkehrswende hat das allgemeine Verständnis der Verkehrswende in Deutschland mit dem zentralen Dokument Mit der Verkehrswende die Mobilität von morgen sichern - 12 Thesen zur Verkehrswende (2017) entscheidend geprägt. Danach sei das Grundprinzip der Verkehrswende, den Energieverbrauch zu reduzieren und den verbleibenden Bedarf an Energie mit klimaneutraler Antriebsenergie zu decken. Diesem Prinzip folgend, lasse sich die Verkehrswende in zwei parallel verlaufende Entwicklungen gliedern, zum einen die Mobilitätswende, zum anderen die Energiewende im Verkehr (Abbildung 1) [AgVe17].
Geometrie der Verkehrswende.pngAbb. 1: Geometrie der Verkehrswende [Eintrag-Id:502026]
Laut Agora Verkehrswende, bedürfe eine klima- und umweltfreundliche Verkehrswende einer umfassenden Mobilitätswende. Im Zuge dessen müsse Verkehr vermieden, auf emissionsfreie und emissionsarme Fortbewegungsmittel verlagert und effizienter abgewickelt werden. Die Mobilität der Menschen dürfe nicht eingeschränkt, sondern vor allem mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), umweltfreundlichen Verkehrsangeboten und politischen Rahmenbedingungen effizienter gestaltet werden [AgVe17].

Parallel dazu sorge die Energiewende im Verkehr (auch als Antriebswende bekannt [VCD21] ) dafür, dass der verbleibende Energiebedarf mit klimaneutraler Antriebsenergie gedeckt und die verwendeten Energien sparsam genutzt werden. Dementsprechend sei sie insbesondere eine technische Herausforderung. Wichtig dabei sei der Aspekt der Zusätzlichkeit der eingesetzten Energiemengen. So werden entsprechend der verkehrsbedingten Stromnachfrage in gleicher Menge zusätzliche Erzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energien geschaffen, um nicht in Konkurrenz mit der Nachfrage anderer Sektoren zu treten. Dann könne die Verkehrswende einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende leisten [AgVe17].

Zur Deckung des verbleibenden Energiebedarfs im Verkehr müssen die bislang mineralölbasierten Kraftstoffe durch möglichst klimaneutrale Alternativen ersetzt werden [UBA22a]. Für diese Energiewende im Verkehr gibt es einige alternative Antriebsenergien, die sich hinsichtlich ihres Treibhausgasminderungspotenzials unterscheiden. Dementsprechend können nur einige dieser Alternativen nach einer ganzheitlichen Well-to-Wheel-Betrachtung als weitestgehend klimaneutral bezeichnet werden (auch hier gibt es noch Unsicherheiten) [AgVe17]. Folgende Antriebsenergien werden als klimaneutral bezeichnet:
  • Regenerativ erzeugter Strom,
  • grüner Wasserstoff (auf Basis regenerativ erzeugtem Stroms),
  • strombasierte synthetische Kraftstoffe (auf Basis regenerativ erzeugten Stroms),
  • Biokraftstoffe der 2. Generation (aus Pflanzenreststoffen) und der 3. Generation (aus Algen) [SeEh18], [AgVe17], [BMDV21f].

Grundsätzlich spielen im Diskurs um die Anwendungspotenziale alternativer Antriebsenergien in den verschiedenen motorisierten Verkehrsmitteln neben den Treibhausgasemissionen und der technischen Machbarkeit weitere Faktoren eine wichtige Rolle. Hierzu zählen insbesondere die Energieeffizienz von der Herstellung bis zum Verbrauch, der Infrastrukturbedarf, das Mengenpotenzial (also die ausreichende und langfristige Verfügbarkeit), mögliche Importabhängigkeiten und die volkswirtschaftlichen Kosten [AgVe17]. Aufgrund des hohen Treibhausminderungspotenzials und der hohen Energieeffizienz kommt der direkten Nutzung regenerativen Stroms im Verkehrssektor eine besondere Bedeutung zu. Dementsprechend setzt sich in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Auffassung durch, dass für eine effektive Dekarbonisierung des Verkehrssektors ein weitgehender Umstieg auf die Nutzung regenerativen Stroms erfolgen müsse (über Oberleitungen oder Batterien), wo immer dies technisch machbar und sinnvoll sei [UBA22a].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Energiewende im Verkehr durch klimaneutrale Antriebsenergie (Stand des Wissens: 21.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?572442
Literatur
[AgVe17] Christian Hochfeld, Alexander Jung, Anne Klein-Hitpaß, Urs Maier, Kerstin Meyer, Fritz Vorholz Mit der Verkehrswende die Mobilität von morgen sichern: 12 Thesen zur Verkehrswende, 2017/03
[AgVe23] Agora Verkehrswende (Hrsg.) Mehrwert einer Verkehrswende, 2023
[BMDV21f] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Klimaschutz im Verkehr - Alternative Kraftstoffe, 2021/10/27
[Prog21] Öko-Institut e.V. Institut für angewandte Ökologie, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH, Prognos AG (Hrsg.) Klimaneutrales Deutschland 2045 - Wie Deutschland seine Klimaziele schon vor 2050 erreichen kann, 2021/06/01
[SeEh18] Bierkandt, Thomas , Severin, Michael , Ehrenberger, Simone , Köhler, Markus Klimaneutrale synthetische Kraftstoffe im Verkehr, 2018/12
[UBA22a] Umweltbundesamt (Hrsg.) Kraftstoffe und Antriebe, 2022/02/23
[VCD21] Verkehrsclub Deutschland e.V. (Hrsg.) Verkehrswende oder Mobilitätswende - was ist der Unterschied?, 2021/08/23
Glossar
IKT Informations- und Kommunikationstechnologien
Verkehrswende
Mit der Verkehrswende in Deutschland wird das Ziel verfolgt, den Verkehrssektor bis spätestens 2050 klimaneutral zu gestalten. Dazu sollen die anfallenden Treibhausgasemissionen möglichst vollständig vermieden und verbleibende Restemissionen durch die Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre ausgeglichen werden. Die Verkehrswende lässt sich in zwei parallellaufende Entwicklungen gliedern: die Mobilitätswende und die Energiewende im Verkehr (auch Antriebswende genannt).
Mobilitätswende
Mit der Mobilitätswende soll der Endenergieverbrauch des Verkehrssektors gesenkt werden, ohne dass die Mobilität der Menschen eingeschränkt wird. Diesem Ziel folgend, versucht man mit der Mobilitätswende Verkehr zu vermeiden (zum Beispiel durch stadtplanerische Maßnahmen), auf emissionsfreie und emissionsarme Fortbewegungsmittel zu verlagern (zum Beispiel auf den öffentlichen Verkehr) und effizienter abzuwickeln (zum Beispiel durch verkehrssteuernde Maßnahmen).
H2 Wasserstoff ("H2" = grch.-lat. für hydrogenium "Wassererzeuger") ist das chemische Element mit der Ordnungszahl 1. Wasserstoff stellt sowohl bezogen auf die Masse (75%) als auch bezogen auf die Zahl der Teilchen (91%) das häufigste aller im All vorkommenden Elemente dar. Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses Gas welches in der Natur aufgrund der hohen Reaktivität nicht in seiner elementaren Form vorkommt. Wasserstoff liegt gebunden in Form von Erdöl und Erdgas, in Mineralien, in Biomasse, aber vorwiegend in Form von Wasser vor. Wasserstoff ist somit ein Sekundärenergieträger (Energiespeicher)und muss erst aus den oben genannten fossilen oder nicht fossilen Primärenergieträgern unter Einsatz von zusätzlicher Energie hergestellt werden.
Energiewende im Verkehr
Mit der Energiewende im Verkehr (auch Antriebswende genannt), soll der Endenergiebedarf des Verkehrssektors mit klimaneutraler Antriebsenergie gedeckt und die verwendeten Energien sparsam genutzt werden. Dementsprechend ist die Energiewende im Verkehr insbesondere eine technische Herausforderung, bei der die Verbrennung fossiler Energieträger im Straßen-, Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr durch die Nutzung von erneuerbarem Strom, grünem Wasserstoff, Biokraftstoffen und strombasierten synthetischen Kraftstoffen ersetzt wird.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?570531

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 04:35:22