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Landlord-Hafen als Form der Hafenorganisation

Erstellt am: 18.01.2023 | Stand des Wissens: 25.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Der Landlord-Hafen ist das häufigste Hafenmodell in Nordwesteuropa. Beim Landlord-Hafen fungiert die in öffentlich-rechtlicher Regie geführte Hafenverwaltung (Port Authority) als Eigentümerin der Hafenflächen und der Infrastruktur, während Hafendienste (vor allem der Güterumschlag) von privaten Unternehmen durchgeführt werden. Diese pachten die Infrastruktur und beschaffen und betreiben die Suprastruktur wie Equipment und Gebäude je nach Betriebszweck (Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur 2018, S. 1011). Meist werden auch die Hafenarbeiter von privaten Terminalbetreibern beschäftigt. In einigen Häfen werden Arbeitskräfte durch hafenweite Pool-Systeme gestellt.
Die Hafenverwaltung ist verantwortlich für die langfristige wirtschaftliche Ausrichtung des Hafens, die Entwicklungsplanung unter anderem der Landnutzung und die Verwaltung von grundlegender Verkehrsinfrastruktur. Dem gegenüber liegen meistens der Umschlag sowie der Betrieb und das Eigentum des Umschlagequipments in der Hand des privaten Unternehmens, dem eine langfristige Perspektive (meist bis zu 30 Jahren) geboten wird, um notwendige Investitionen zu ermöglichen. Durch den Druck unterschiedlicher privater Betreiber auf die Hafenverwaltung besteht die Gefahr von Überkapazitäten in Landlord-Häfen [World07, S. 82ff.]. Das Landlord-Modell wirkt sich jedoch vorteilhaft auf die Dienstleistungen der Unternehmen aus, indem diese effizienter agieren und das Gesamtangebot gegenüber seeseitigen Kunden koordinieren [HUB14, S. 172].
Lacoste und Douet analysieren die französische Hafenreform von 2008. Wie andere Studien kommen sie zu dem Schluss, dass das Landlord-Modell zu Effizienzsteigerungen führen kann, aber auch mit Bedacht gewählt und gestaltet werden sollte [LaDo2013].
Somorowsky und Haasis entwickeln mit Hilfe der kooperativen Spieltheorie ein neues Konzept zur Finanzierung von Investitionen in Landlord-Häfen. Sie untersuchen Interdependenzen und bestehende Kooperationsstrategien zwischen Hafenbetreibern und entwickeln ein Kooperationskonzept zur Finanzierung von Investitionen. Bei Investitionen in Hafenanlagen, die von einzelnen Hafenakteuren getätigt werden, kann es zu Leistungssteigerungen bei anderen Akteuren in der hafenbezogenen Lieferkette kommen. Ein kooperativer Ansatz, bei dem Ressourcen und Risiken geteilt werden und eine systematische Sichtweise angewandt wird, könne dazu beitragen, Unmut und Stagnation zu überwinden und die Leistung der einzelnen Hafenakteure und des gesamten Systems zu verbessern [SoHa20].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Funktionen und Zukunftsperspektiven von Seehäfen im Kontext maritimer Lieferketten (Stand des Wissens: 18.01.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?50780
Literatur
[HUB14] Huber, Thomas "Global Ports" in der maritimen Transportwirtschaft - Akteurbasierende Bewertung des weltweiten Netzwerks von Hafenstandorten, Regensburg, 2014
[LaDo2013] R. Lacoste, , M. Douet (Hrsg.) The adaptation of the landlord port model to France´s major seaports: a critical analysis of local solutions., 2013
[SoHa20] C. Somorowsky,, H.-D. Haasis (Hrsg.) Financing investments in a landlord port, 2020
[World07] o.A. World Bank Port Reform Tool Kit, Ausgabe/Auflage 2.Auflage, o.O., 2007, ISBN/ISSN 978-0-8213-6607-3
Glossar
Suprastruktur
Gegenbegriff zu Infrastruktur. Die Suprastruktur umfasst alle Einrichtungen, die für Transport-, Umschlag- und Lager- sowie Beschaffungs- und Verarbeitungsprozesse innerhalb einer Verkehrsanlage, wie einem Seehafen, nötig sind. In einem Hafen gehören zur Suprastruktur beispielsweise Kräne, Lager- und Kühlhäuser sowie Bürokomplexe. Im Gegensatz zur Infrastruktur wird die Suprastruktur häufig nicht von der öffentlichen Hand finanziert, sondern von den Betreibergesellschaften beschafft, gewartet und entsorgt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?564687

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 10:01:18