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Nichtbauliche Barrierefreiheit - Unterstützungsangebote für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste

Erstellt am: 15.08.2022 | Stand des Wissens: 15.08.2022
Synthesebericht gehört zu:

Zu Personen mit Mobilitätsbehinderung zählen nicht nur Menschen, die aufgrund körperlicher, geistiger Beeinträchtigung mobilitätseingeschränkt sind. Personen, die aufgrund des Mitführens von Gegenständen zum Beispiel von Kinderwagen oder Gepäck, sind in der Ausübung ihrer Mobilität ebenfalls eingeschränkt. Außerdem sind Personengruppen wie Kinder, Schwangere und Familien weitestgehend mobilitätseingeschränkt [FGSV99b, Seite 5]. Den Mobilitätsbedürfnissen dieser Personengruppen muss ebenfalls Beachtung geschenkt werden.
Neben den allgemeinen barrierefreien Anforderungen im Straßenraum und in Fahrzeugen sind Serviceangebote und Kommunikationsmethoden für mobilitätseingeschränkte Personen für die Abdeckung ihrer Mobilitätsbedürfnisse ebenso entscheidend. Der Service für mobilitätseingeschränkte Mitfahrende sollte auf der einen Seite durch Begleitdienste abgedeckt werden, aber auch Fahrgast- und Personalschulungen sind entscheidend.
Die barrierefreie Fahrgastkommunikation setzt sich grundlegend aus zwei Komponenten zusammen:
  • Zwei-Sinne-Kommunikation und kontrastreiche Darstellung
  • Zu jeder Zeit müssen verlässliche Informationen über die Barrierefreiheit der Route vorhanden sein [FGSV17, Seite 48ff]
Störungen für mobilitätsbeeinträchtigte Mitfahrende im Bereich des Fahrzeuges oder am Fahrweg bringen erhebliche Probleme für die Bewältigung der Fahrt mit sich. Alternativwege und Ersatzmöglichkeiten sind oft nicht (vollständig) barrierefrei sein. Ebenfalls gibt es im Bereich der dynamischen Fahrgastinformation Nachholbedarf. Vor allem für Menschen mit Sehbehinderung ist die Nutzung von mobilen Anwendungen ohne den Einsatz von Bedienhilfen (zum Beispiel Bildschirmlupen oder Screenreader-Programmen) nicht möglich [Trit18, Seite 18, 29].
Das Serviceangebot für mobilitätseingeschränkte Personen sollte auf der gesamten Wegekette vorhanden sein, um eventuelle Lücken in der Barrierefreiheit dauerhaft schließen zu können. Insbesondere für Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die von baulichen Maßnahmen nur eingeschränkt profitieren sind Serviceangebote elementar für eine selbst bestimmte Mobilität [Oest22, Seite 8]. Außerdem sollten Möglichkeiten zur Erhöhung des persönlichen Sicherheitsempfinden, wie zum Beispiel Kursangebote zur Benutzung des ÖPNV angeboten werden. Zusätzlich können Begleitpersonen zur Unterstützung bei der Fahrt teilweise oder auf dem vollständigen Fahrtweg eingesetzt werden [Stuv12, Seite 582].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Barrierefreie Mobilität (Stand des Wissens: 07.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?289388
Literatur
[FGSV17] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. (Hrsg.) Empfehlungen für einen verlässlichen öffentlichen Verkehr, Ausgabe/Auflage 2017, FGSV-Verlag, Köln, 2017
[FGSV99b] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. (Hrsg.) Öffentlicher Personennahverkehr - Anforderungen jüngerer Menschen an öffentliche Verkehrssysteme , Köln, 1999
[Oest22] Demenzstrategie Österreich (Hrsg.) Menschen mit Demenz im ÖPNV , 2022
[Stuv12] Boenke, Dirk Dr.-Ing., Girnau, Günter Prof. Dr.-Ing. Dr. Ing. E. h., u.a. Barrierefreier ÖPNV in Deutschland, Ausgabe/Auflage 2., vollständig überarb. und erw. Aufl., Düsseldorf / Alba Fachverlag, 2012/08, ISBN/ISSN 978-3-87094-4
[Trit18] Tritschler, S. et al. Sinn²: Die barrierefreie Zwei-Sinne-Fahrgastinformation, veröffentlicht in Neues verkehrswissenschaftliches Journal , Ausgabe/Auflage 25, 2018
Weiterführende Literatur
[StBA14] Statistisches Bundesamt, Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 7,5 Millionen schwerbehinderte Menschen leben in Deutschland, Ausgabe/Auflage Pressemitteilung 266, 2014/07/29
[REB10] Rebstock, M. Barrierefreie Verkehrsanlagen, veröffentlicht in Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage Heft 12/2010, Kirschbaum Verlag GmbH / Bonn, 2010
[BMVBS12r] Böcker, M., Schneider, A., Bauer, U. Barrieren in Stadtquartieren überwinden, Berlin, 2012/05
[Raue03] Rauen, Dieter Behindertengleichstellung im Öffentlichen Personennahverkehr, veröffentlicht in Verkehr und Technik , Ausgabe/Auflage Heft 5, 2003
Glossar
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?555927

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 05:20:56