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Umweltwirkungen im Personen- und Güterverkehr

Erstellt am: 13.08.2019 | Stand des Wissens: 16.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Autonomen und vernetzten Fahrzeugen wird ein großes Potenzial bei der Vermeidung von Staus zugesprochen. Zum einen tragen moderne Fahrerassistenzsysteme zur Vermeidung von Unfällen bei, die oftmals der Auslöser von Verkehrsstaus sind. Zum anderen passen automatisierte Systeme ihr Fahrverhalten frühzeitig der Verkehrssituation an und tragen so zu einem optimierten Verkehrsfluss bei. Zusätzlich können Informationen zur Topographie berücksichtigt werden und durch angepasste Brems- und Beschleunigungsvorgänge Kraftstoff eingespart werden. Aus Umweltgesichtspunkten entfalten sich die vollen Vorteile von autonomen und vernetzten Fahrzeugen im Personenverkehr jedoch nur in Verbindung mit neuen Mobilitätskonzepten wie Carsharing, Ridesharing oder Rideselling (Anbieten von Fahrten in einem privaten Pkw). Darüber hinaus ist ein leistungsfähiger öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) auch in Zukunft unabdingbar. Wird nämlich zukünftig hauptsächlich auf automatisierte Fahrzeuge gesetzt, so besteht die Gefahr, dass die damit verbundenen positiven Umwelteffekten durch eine verstärkte Nachfrage aufgehoben werden. [VMBW18]
Im Güterverkehr wird davon ausgegangen, dass bis 2030 eine Verringerung des Treibhausgasausstoßes von Nutzfahrzeugen um 24 Prozent möglich ist, indem es zu weniger Stop-and-Go-Situationen und weniger Unfällen kommt. Insbesondere der erwarteten zunehmenden Verbreitung von Fahrerassistenzsystemen in Lastwagen, beispielsweise von adaptiven Geschwindigkeitsregelanlagen (ACC), wird ein nennenswertes Potenzial zur Emissionsminderung zugesprochen. [BMVI17db] Darüber hinaus existiert im Güterverkehr das Platooning-Konzept, beim dem der Abstand zwischen hintereinanderfahrenden Lastwagen computergesteuert verringert wird, wodurch sich ein kraftstoffsparender Windschatteneffekt ergibt. [TeFr17a] Durch eine langfristige Elektrifizierung ist weiterhin von einer Verstärkung der oben genannten positiven Effekte der Automatisierung auszugehen [Frae17], gleiches gilt auch für den Personenverkehr [Delo18a].
Eingesparter Kraftstoff hat nicht nur positive Umwelt-, sondern zusätzlich auch positive finanzielle Effekte. Neben diesen Kosten ist für Logistikunternehmen auch die zeitliche Komponente entscheidend. Hier kann die Automatisierung und Vernetzung von Fahrzeugen zusätzliche Vorteile generieren, wodurch die Attraktivität des straßengebundenen Gütertransports gesteigert wird. Liegen zum Beispiel Verkehrsbehinderungen auf der Route vor, so sind automatisierte Fahrzeuge in der Lage frühzeitig darauf zu reagieren, beispielweise durch eine Anpassung der Geschwindigkeit, und den Verkehrsfluss positiv zu beeinflussen, wodurch sich die Transportzeiten verringern. [FaKo15]
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrs- und Umweltwirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens im Straßenverkehr (Stand des Wissens: 16.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?503150
Literatur
[BMVI17db] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (Hrsg.) Fachworkshops im Rahmen der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregierung (MKS), 2017
[Delo18a] Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Hrsg.) Elektromobilität vs. autonomes Fahren: Wo liegt die Zukunft?, 2018
[FaKo15] Fagnant, Daniel J., Kockelman, Kara Preparing a nation for autonomous vehicles: Opportunities, barriers and policy recommendations., veröffentlicht in Transportation Research Part A: Policy and Practice, Ausgabe/Auflage 77, 2015
[Frae17] Eva Fraedrich, Lars Kröger, Francisco Bahamonde-Birke, Ina Frenzel, Gernot Liedtke, Stefan Trommer, Barbara Lenz, Dirk Heinrichs Automatisiertes Fahren im Personen- und Güterverkehr
Auswirkungen auf den Modal-Split, das Verkehrssystem und die Siedlungsstrukturen, Stuttgart, 2017
[TeFr17a] Teleki, A.-C., Fritz, M., Kreimeyer, M Use cases for automated commercial vehicles, veröffentlicht in Fahrerassistenzsysteme , Springer Fachmedien Wiesbaden , 2017
[VMBW18] Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg (VM) (Hrsg.) Autonomes Fahren, 2018
Glossar
Verkehrsfluss
Unter Verkehrsfluss versteht man die Anzahl der Fahrzeuge, die eine vordefinierte Verkehrs(quer)fläche pro Zeiteinheit durchfährt.
Platooning
Der Begriff Platooning beschreibt die Organisationform von mehreren fahrerlosen Fahrzeugen als Konvoi. Dabei befindet sich lediglich im führenden Vehikel ein Fahrer. Die Fahrzeuge sind mittels digitaler Datenverbindung miteinander verknüpft. Mit Hilfe verschiedenster Softwaresysteme wird versucht, das Betreten und Verlassen dieser Konvois so flexibel wie möglich zu gestalten.
Carsharing
Der Begriff CarSharing stammt aus dem Englischen (car= Auto, to share= teilen) und kann sinngemäß mit der Bedeutung "Auto teilen" übersetzt werden. Er beschreibt die organisierte, gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen, die meist von Unternehmen gegen Gebühr bereitgestellt werden.
Durch einen Rahmenvertrag oder eine Vereinsmitgliedschaft erhalten Kunden flexiblen Zugriff auf alle Kfz eines Anbieters. Die Fahrzeuge können über eine Webseite oder über eine Smartphone-App gebucht werden. Geöffnet werden sie in der Regel mit Hilfe von Chipkarten oder durch einen über die Smartphone-App vermittelten Zugangscode .
Bei dem System des stationsbasierten CarSharing stehen die Fahrzeuge auf reservierten Stellplätzen und werden nach der Nutzung auch wieder dorthin zurückgebracht. Ein anderes Modell ist das free-floating CarSharing. Hier stehen die Fahrzeuge in einem definierten Operationsgebiert verteilt. Sie können per Smartphone geortet werden und nach der Nutzung auf einem beliebigen Stellplatz innerhalb des Operationsgebiets zurückgegeben werden.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?503053

Gedruckt am Freitag, 26. April 2024 11:42:49