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Reine Frachtfluggesellschaft

Erstellt am: 06.02.2018 | Stand des Wissens: 27.07.2023
Synthesebericht gehört zu:

Luftfracht wird entweder (und überwiegend) als sogenannte Belly-Fracht in Passagierflugzeugen befördert oder in reinen Frachtflugzeugen. Während die Kombinations-Carrier vorwiegend auf Belly-Fracht setzen, diese aber gegebenenfalls auch durch reine Frachtflugzeuge ergänzten, haben sich daneben auch Geschäftsmodelle reiner Frachtfluggesellschaften entwickelt. Vorreiter war FedEx im Jahr 1971.

Die Belly-Fracht ermöglicht viele Synergien, generiert aber auch Restriktionen. Die Bellies können Container und Frachtgüter nur bis zu begrenzten Abmessungen aufnehmen. Die Destinationen der Kombinations-Carrier richten sich nach den Bedürfnissen des Passagiermarktes, und bei Nutzlastbeschränkungen haben Passagiere höhere Priorität als Fracht. Um diese Probleme zu überwinden wurden reine Frachtfluggesellschaften gegründet. Reine Frachtflugzeuge haben eine höhere Nutzlast, da das Gewicht der für die Passagierbeförderung erforderlichen Kabinenausstattung entfällt. So verfügt eine Boeing B747-400F (Frachter) über eine Nutzlast von 115 bis 125 Tonnen, eine Boeing B747-400 (Oberdeck Passagiere; Unterdeck Gepäck und Fracht) lediglich über 60 bis 70 Tonnen [BCAG10]. Diese Vorteile können aber nur genutzt werden, wenn hohe Ladefaktoren erzielt werden.

Bei den Ladefaktoren spielt das Problem der Unpaarigkeit von Güterströmen eine Rolle. So ist die Nachfrage für Luftfracht aus Asien nach Europa oder Nordamerika sehr hoch, während in den umgekehrten Richtungen Kapazitäten vielfach ungenutzt bleiben. Auf vielen Flugstrecken sind daher die Frachtlastfaktoren insgesamt nicht hoch genug, um reine Frachterdienste zu ermöglichen - während die zu Belly-Fracht komplementären Passagiere regelmäßig Flugreisen mit Rückkehr buchen [Dog07].

Bei den Frachtfluggesellschaften unterscheidet man Frachtliniendienste, Frachtcharterdienste und Frachterbetriebsgesellschaften.

Frachtliniendienste nehmen regelmäßige (Linien-)Verkehrsrechte wahr und bieten Frachtkapazitäten analog zu den Passagierkapazitäten der Passagierliniendienste an. Spediteure und andere Kunden buchen Kapazitäten, sogenannte "Allotments", zu veröffentlichten oder individuell vereinbarten Frachtraten. Die Frachtfluggesellschaft trägt hierbei ein beträchtliches Auslastungsrisiko.

Frachtcharterdienste bieten einzelne Flüge nach Bedarf ganz (Vollcharter) oder in Teilkapazitäten (Splitcharter) zum Festpreis je Flug an. Verkehrsrechte für Frachtcharterdienste werden je Einzelfall eingeräumt. Dies mindert das Auslastungsrisiko. Frachtcharterdienste werden insbesondere für Einzelsendungen mit hohem Gewicht oder großen Volumina und für Gefahrgut genutzt oder auch für Großsendungen zu abgelegenen Destinationen, deren Anflug im regelmäßigen Liniendienst unwirtschaftlich wäre.

Frachterbetriebsgesellschaften bieten Frachtflüge im Auftrag anderer Fluggesellschaften an. Dieses Angebot wird auch als "Wet Leasing" oder "ACMI" (Aircraft, Crew, Maintenance and Insurance) bezeichnet und wird sowohl von Integratoren (zum Beispiel DHL, Fedex, UPS) als auch von den Kombination-Carriern genutzt.
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Luftfracht (Stand des Wissens: 27.07.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?479041
Literatur
[BCAG10] Boeing Commercial Airplane Group (Hrsg.) The right choice for the large airplane market, 2010
[Dog07] Rigas Doganis Flying off course IV: airline economics and marketing, 2007
Glossar
Spediteur Spediteure fungieren als Intermediäre zwischen Versender und Transporteur bzw. Frachtführer. Sie „besorgen” den Transport. Hierunter fallen insbesondere die Festlegung auf Verkehrsmittel und die Beauftragung ausführender Unternehmen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?478996

Gedruckt am Freitag, 26. April 2024 16:48:08