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Terroristische Möglichkeiten von autonomen Fahrzeugen

Erstellt am: 06.08.2017 | Stand des Wissens: 01.02.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung

Terroristische Angriffe haben in vielen Fällen das Ziel, die Bevölkerung einzuschüchtern und die Grundstruktur eines Landes anzugreifen. Terrorismus lässt sich nach dem Kriterium der zugrundeliegenden Motive einteilen. Demnach gibt es unter anderem Rechtsterrorismus, sozialrevolutionären und religiös motivierten Terrorismus. Zu dem religiös motivierten Terrorismus zählen insbesondere der christliche und der islamistische Terrorismus.

Innerhalb der unterschiedlichen Terrorszenen wird die Aggression und Gewalt unterschiedlich begründet. Religiös motivierte Terroristen berufen sich unter anderem auf Schriften, Gesetze oder Aufrufe, die in Verbindung mit ihrer Religion stehen [ScHo08a]. Rechtsterrorismus richtet sich gegen Personen ausländischer Herkunft sowie staatliche Institutionen, welche aus Sicht der Terroristen nationale Interessen vernachlässigen. Sozialrevolutionärer und Linksterrorismus verfolgen antikapitalistische Bestrebungen [Stra09] und zielen auf eine gänzliche Veränderung der Herrschafts- und Abhängigkeitsverhältnisse ab [ScHo08a]. Ebenso unterschiedlich wie die Ideologien sind Art und Weise der Ausführung terroristischer Aktionen. Islamistische Terroristen streben einen Märtyrertod während der Anschläge an und wollen direkt mit dem Attentat in Verbindung gebracht werden. Dagegen besitzen Rechtsterroristen und sozialrevolutionär motivierte Attentäter meist nicht die Absicht, während ihrer Tat einen Suizid durchzuführen und wollen unentdeckt bleiben [Trau13].

Das autonome Fahren eröffnet neue Angriffsmöglichkeiten für Terroristen. Attentate können auf oder mithilfe autonome(r) Fahrsysteme durchgeführt werden. Eine Angriffsstrategie auf autonome Fahrzeuge durch Terroristen ist die Störung der Car2X-Kommunikation, bei der ein Informationsaustausch zwischen dem bewegten Fahrzeug und einer weiteren, fahrzeugexternen Einheit stattfindet. Dieser Datenaustausch ist beispielsweise zwischen den am Verkehr teilnehmenden Fahrzeugen (Car-to-Car) sowie zwischen den Fahrzeugen und der Infrastruktur (Car-to-Infrastructure) nötig, damit ein Fahrzeug autonom fahren kann [JoMi15]. Angreifer können falsche Informationen in das Netzwerk einspeisen und etwa durch Falschmeldung von Sperrungen Staus herbeiführen. Das Verkehrssystem und damit die Mobilität sowie die Versorgung der Bevölkerung können behindert oder unterbrochen werden. Der TÜV Nord fordert in diesem Zusammenhang bereits einheitliche Standards zur Entwicklung und Bewertung von geeigneten Sicherheitssystemen [Ehri17].

Mithilfe autonomer Fahrzeuge lassen sich darüber hinaus gezielte Unfälle durch die Manipulation bis hin zur vollständigen Übernahme der Kontrolle von Fahrzeugen herbeiführen. Zum einen kann, wie u. a. in einer Untersuchung von Bosch gemeinsam mit der Universität Freiburg nachgewiesen wurde, die Bilderkennung manipuliert werden, sodass die Personenerkennung unterbleibt und Unfälle mit Personenschäden bewusst und großflächig herbeigeführt werden [MeKu17]. Zum anderen kann die Lenkung eines fremden Fahrzeugs und das Beschleunigen oder Abbremsen aus der Ferne erfolgen, was beispielsweise beim Tesla Model S bereits gelungen ist [Lewi14]. Dabei sind die Anonymität und die räumliche Entfernung des Täters, welcher das Fahrzeug in seine Gewalt bringt, grundsätzliche Unterschiede im Vergleich zum Terrorismus unter Zuhilfenahme von nicht autonomen Fahrzeugen.

Ein weiteres Fallbeispiel für eine terroristische Handlung mithilfe eines autonomen Fahrzeuges ergibt sich aus dessen unbemannter Nutzung. Vor der Gefahr des Umbaus eines solchen Fahrzeuges zu einer fahrerlosen Bombe warnt bereits vor einiger Zeit das amerikanische Federal Bureau of Investigation (FBI) [Harr14]. Besonders Lkw könnten so genutzt werden, da deren fahrerloser Einsatz geplant ist; in Verbindung mit Gefahrguttransporten wären dies nahezu ideale Voraussetzungen für Attentate
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Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
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Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Security Autonomes Fahren (Stand des Wissens: 27.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?475978
Literatur
[Ehri17] Heiko Ehrich Was bedeutet Car-to-Car-Kommunikation?, 2017
[Harr14] Mark Harris FBI warns driverless cars could be used as 'lethal weapons', veröffentlicht in The Guardian, 2014/07/14, Online-Referenz https://www.theguardian.com/technology/2014/jul/16/google-fbi-driverless-cars-leathal-weapons-autonomous
[JoMi15] Johanning, Volker, Mildner, Roman Car IT kompakt
Das Auto der Zukunft - Vernetzt und autonom fahren, Springer Vieweg, Wiesbaden, 2015, ISBN/ISSN 978-3-658-09967-1
[Lewi14] Martin Lewicki Hacker machen Autos zu ferngesteuerten Geschossen, veröffentlicht in Welt, 2014/09/14
[MeKu17] Jan Hendrik Metzen, Mummadi Chaithanya Kumar, Thomas Brox, Volker Fischer Universal Adversarial Perturbations Against Semantic Image Segmentation, 2017/07/31, Online-Referenz https://arxiv.org/pdf/1704.05712.pdf
[ScHo08a] Friedrich Schneider, Bernhard Hofer Ursachen und Wirkungen des weltweiten Terrorismus, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2008, ISBN/ISSN 978-3-8350-7028-8
[Stra09] Alexander Straßner (Hrsg.) Sozialrevolutionärer Terrorismus
Theorie, Ideologie, Fallbeispiele, Zukunftsszenarien, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009, ISBN/ISSN 978-3-531-15578-4
[Trau13] Armin Pfahl-Traughber Die Besonderheiten des "neuen" Rechtsterrorismus - Der "Nationalsozialistische Untergrund" in vergleichender Perspektive, veröffentlicht in Extremismus in Deutschland, Nomos, 2013, ISBN/ISSN 978-3-8487-0090-5
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Car-to-Infrastructure-Kommunikation Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktureinrichtungen wie Funkbaken oder Lichtsignalanlagen auf Basis von Funknetzen
Car-to-X zusammenfassender Begriff für Technologien, die Fahrzeug-zu-Fahrzeug- (Car-to-Car) und Fahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation (Car-to-Infrastructure) ermöglichen.
Car-to-Car-Kommunikation direkter Informationsaustausch zwischen fahrenden Fahrzeugen auf Basis von Funknetzen

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?473834

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 05:46:55