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Projekte / Forschungsaktivitäten zur Gefahrguttelematik

Erstellt am: 08.12.2013 | Stand des Wissens: 05.04.2020
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck

Zahlreiche Projekte, Gesetzesinitiativen und Plattformen stehen in Beziehung zum Gebiet der Gefahrguttelematik beziehungsweise tangieren dieses. In den einzelnen Syntheseberichten zur Gefahrguttelematik wird jeweils darauf Bezug genommen. Nachfolgend werden wichtige Projekte und Initiativen kurz inhaltlich und in ihrem Bezug zur Gefahrguttelematik beschrieben.
SCUTUM - SeCUring the European Union (EU) Global Navigation Satellite System (GNSS) adopTion in the dangeroUs Material transport
Das SCUTUM-Projekt beschäftigte sich mit einer Einbindung des europäischen Navigationsdienstes "European Geostationary Navigation Overlay Service" (EGNOS) in die Positionsbestimmung von Gefahrguttransporten, um diese auf Straßen zu verfolgen und die gewonnenen Daten entsprechend auszuwerten. SCUTUM trägt zur Weiterentwicklung von EGNOS-Produkten hinsichtlich der Vermarktung entsprechender Dienstleistungen bei. Es bedient sich der Systemvorteile von EGNOS für Straßenanwendungen und nutzt insbesondere die mit EGNOS erreichbare Positionsgenauigkeit aus, um Gefahrguttransporte zu verfolgen [SCUTUM09]. Das Projekt wurde im Jahr 2011 abgeschlossen [COR11].
eCall ist ein von der Europäischen Union geplantes automatisches Notrufsystem für Kraftfahrzeuge, das ab März 2018 verpflichtend in alle neuen Modelle von Personenkraftwagen (Pkw) und leichten Nutzfahrzeugen eingebaut werden muss. Im Fahrzeug montierte Geräte sollen einen Verkehrsunfall automatisch an die einheitliche, europäische Notrufnummer 112 melden. eCall ist daher ein wichtiges Projekt der eSafety-Initiative der Europäischen Kommission, deren Absichtserklärung bereits von 29 Staaten und europäischen Automobilunternehmen unterzeichnet wurde [BMVI17h].
Harmonised eCall European Pilot - HeERO
Das Projekt HeERO befasste sich mit dem europaweiten bordeigenen Notrufdienst "eCall".
HeERO 1: Konsortium (Januar 2011 bis Dezember 2013): Kroatien, Tschechische Republik, Finnland, Deutschland, Griechenland, Italien, die Niederlande, Rumänien und Schweden; Start-up für ein standardisiertes, interoperables Fahrzeugnotrufsystem.
HeERO 2: (Januar 2013 bis Dezember 2014). Sechs neue Länder (Belgien, Bulgarien, Dänemark, Luxemburg, Spanien und die Türkei) ergänzen die bisherigen neun Pilotstandorte. Derzeit testet und validiert das HeERO-Konsortium die erarbeiteten eCall-Standards [HeER11].
Das Projekt wurde im Jahr 2014 abgeschlossen [COR14].
European electronic (e)-Freight capabilities for Co-modal transport - E-Freight 
E-Freight beschäftigt sich mit der Echtzeit-Gutverfolgung im multimodalen Transport und soll eine Plattform für das Design, die Entwicklung, die Implementierung und die Wartung von E-Freight-Lösungen schaffen. Dieses integrierte Projekt im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU startete Anfang 2010 mit 30 Partnern aus 14 Mitgliedstaaten und fand im Juni 2013 seinen Abschluss [CORDIS14].
Trusted Multi Application Receiver for Trucks - TACOT
Das EU-Projekt TACOT des 7. Rahmenprogramms im Bereich Galileo wird von der Europäischen GNSS Agentur (GSA) verwaltet. Es hat zum Ziel, EGNOS und Galileo im Straßentransportgewerbe durch die Realisierung einer Trusted GNSS-Funktion einzuführen, die von digitalen Fahrtenschreibern (DT) verwendet werden. Diese Zielstellung wird durch die Projektarbeit vorbereitet und gefördert [GSA16]. TACOT steht damit im Zusammenhang mit dem SCUTUM-Projekt. Das Projekt fand im Jahr 2014 seinen Abschluss [COR14a].
Elektronisches Abfallnachweisverfahren - eANV
Von gefährlichen Abfällen können Gefahren ausgehen. Daher muss deren Verwertung beziehungsweise Beseitigung überwacht werden. Hierzu besteht für Erzeuger, Transporteure, Verwerter und Entsorger gefährlicher Abfälle sowie die zuständigen Behörden eine gesetzliche Nachweispflicht. Diese beinhaltet die Dokumentation aller Nachweise, wie Entsorgungsnachweis, Begleitschein und Übernahmeschein, und durchzuführende Schritte hinsichtlich der Behandlung solcher Abfälle. Ziel ist es, dass die zuständigen Landesbehörden die fachgerechte und vollständige Entsorgung der Abfälle nachvollziehen, kontrollieren und planen können. Dieses eANV ist nach der deutschen Nachweisverordnung (Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen) seit dem 1. April 2010 das zwingend vorgeschriebene Verfahren zur Abfallnachweisführung für nachweispflichtige, das heißt in der Regel gefährliche, Abfälle. Zum elektronischen Nachweisverfahren zählen sämtliche Dokumente zur Nachweis- und Verbleibkontrolle. Darüber hinaus ist seit dem 01. Februar 2011 die Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur anstelle der handschriftlichen Unterschrift im Rahmen dieses Verfahrens verpflichtend [eANV11].
European Car and Driving Licence Information System - EUCARIS
Das europäische Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem EUCARIS ist ein System für den sicheren, EU-weiten Austausch von Fahrzeug- und Fahrerlaubnisregisterdaten. Dies bedeutet, dass ein direkter Online-Abruf von Daten aus den zentralen Fahrzeug- und Führerscheinregistern der beteiligten Staaten ermöglicht wird. Ziel  ist es, die Verfolgung von grenzüberschreitender Kriminalität zu unterstützen. Dabei geht es unter anderem um die Aufdeckung von Fahrzeugdiebstählen, die Erhöhung der Verkehrssicherheit, die Terrorismusbekämpfung und die Eindämmung des Führerscheintourismus [EUC17].
Comité Européen de Normalisation (CEN ) Technical Committee (TC) 278 WG 14 - Recovery of stolen vehicles
Das technische Komitee CEN TC 278 ist für die Verwaltung und Erstellung von Normen im Bereich Intelligenter Transportsysteme (Intelligent Transportation Systems, ITS) in Europa verantwortlich. Dabei dient es als Plattform für europäische Interessengruppen zum Austausch von Wissen, Informationen, Best Practices und Erfahrungen im ITS-Bereich. Die Arbeitsgruppe WG 14 beschäftigt sich speziell mit der Rückforderung von gestohlenen Fahrzeugen und behandelt hier auch die Aspekte der Immobilisierung von Fahrzeugen [CEN20].
Communication Access for Land Mobiles - CALM
Unter CALM werden standardisierte Zugriffsverfahren, Netzwerk-, Transport- und Anwendungsprotokolle für ITS verstanden. CALM unterstützt verschiedene drahtlose Übertragungsverfahren. Die CALM Kommunikationsstandards bauen auf der Grundlage der bekannten Schichten des OSI-Modells (Open Systems Interconnection Model - Referenzmodell für Netzwerkprotokolle als Schichtenarchitektur) auf. Dieses wurde mit der ITS-Station Referenzarchitektur (ISO 21217) [ISO21217] vereinfacht und erweitert. Es besteht aus den Teilen: Anwendungen, Management, Zugriff, Networking & Transport, Ausstattung und Sicherheit. Die CALM-Architektur arbeitet mit dem Internet Protocol (IP), Version IPv6 und hat eine Abstraktionsschicht für Kraftfahrzeuganwendungen und die verschiedenen Kommunikationsarten. Standardisierte Protokolle für die Luftschnittstelle unterstützen den Nah-, Mittel- und Fernbereich.
SafeSeaNet - SSN
Das SSN ist eine Plattform für den Austausch maritimer Daten zwischen den Seeschifffahrtsbehörden der EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegens und Islands mit dem Ziel der Verhinderung von Umweltverschmutzung und Unfällen auf See [EuKom06o, S. 7].
electronic (e)RailFreight
eRailFreight ist eine Plattform für den Datenaustausch europäischer Eisenbahnunternehmen, die zum einen die Sicherheit erhöhen, aber auch den Überwachungs- und Transportprozess vereinfachen soll [UIC15a]. Die zweite Phase des Projekts wurde im Jahr 2018 abgeschlossen [UIC18].
Datenbank GEFAHRGUT (DGG)
Mit der von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) bereitgestellten DGG können Spediteure und Logistikunternehmen auf bestehende Gefahrgutvorschriften zurückgreifen. Hierbei bereitet die Datenbank die Vorschriften strukturiert auf und fördert somit eine praxisorientierte Nutzung [BAM17].
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Gefahrguttelematik (Stand des Wissens: 10.03.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?426262
Literatur
[BAM17] Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Berlin (BAM) (Hrsg.) BAM aktualisiert Datenbank GEFAHRENGUT, 2017/01/10
[BMVI17h] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Intelligente Verkehrssysteme, 2017
[CEN20] Comité Européen de Normalisation (CEN) (Hrsg.) CEN/TC 278 Intelligent transport systems - about us, 2020
[COR11] Community Research and Development Information Service (CORDIS) (Hrsg.) SeCUring the EU GNSS adopTion in the dangeroUs Material transport, 2011
[COR14] Community Research and Development Information Service (CORDIS) (Hrsg.) Harmonised eCall European Pilot, 2014
[COR14a] Community Research and Development Information Service (CORDIS) (Hrsg.) TRUSTED MULTI APPLICATION RECEIVER FOR TRUCKS, 2014
[CORDIS14] Community Research and Development Information Service (CORDIS) (Hrsg.) e-Freight - European e-freight capabilities for co-modal transport, 2014/06/04
[eANV11] Marco Krebs Elektronisches Abfallnachweisverfahren (eANV), 2011/11
[EUC17] EUCARIS Operations (Hrsg.) EUCARIS - European Car and Driving Licence Information System, 2017
[EuKom06o] o.A. GRÜNBUCH zu Anwendungen der Satellitennavigation, Brüssel, 2006/12
[GSA16] European Global Navigation Satellite Systems Agency (GSA) (Hrsg.) Trusted multi-application receiver for trucks (TACOT), 2016/08/13
[HeER11] Andy Rooke (Hrsg.) HeERO, 2011/01
[SCUTUM09] European Global Navigation Satellite Systems Agency (GSA) (Hrsg.) SCUTUM - SeCUring the European Union (EU) Global Navigation Satellite System (GNSS) adopTion in the dangeroUs Material transport, 2009
[UIC15a] Union Internationale des Chemins de fer (Hrsg.) ERAIL FREIGHT INTERMODAL, 2015/09/29
[UIC18] Union Internationale des Chemins de fer (Hrsg.) ERAIL FREIGHT INTERMODAL - PHASE 2, 2018/08/30
Weiterführende Literatur
[ESA14] European Space Agency (ESA) (Hrsg.) SECCOH, 2014/02/15
[Albr12] Albrecht Consult GmbH (Hrsg.) Studie zur Gefahrguttelematik - Schlussbericht, 2012/02
[ISO21217] ISO 21217:2014
Glossar
App
Ist eine Abkürzung für den Fachbegriff Applikation (App) und bezeichnet eine Anwendungssoftware, die für mobile Endgeräte, wie Smartphone oder Tablet-PC entwickelt wurde. Apps können als Zusatzsoftware auf mobilen Endgeräten installiert werden und erweitern dadurch deren Funktionsumfang. Je nach Betriebssystem kann der Nutzer auf eine Vielzahl von mobilen Applikationen auf dem vom Betriebssystem bereitgestellten Marktplatz kostenpflichtig oder kostenlos zugreifen.
EGNOS
Der European Geostationary Navigation Overlay Service (EGNOS) soll durch die Nutzung zusätzlicher Satelliten und Bodenstationen eine verbesserte Signalverfügbarkeit bei Satellitenvigationssystemen unterstützen.
ITS Intelligent Transportation Systems (ITS) ist der Oberbegriff für Transportsysteme, die Informations- und Kommunikationstechnologie zur Unterstützung des Betriebes einsetzen. ITS-Funktionen unterstützen den Fahrer eines Transportmittels, sie sind damit deutlich von automatischen Transportsystemen zu differenzieren, die auf einen fahrerlosen Betrieb abstellen. Die wichtigsten neuen und zum Teil noch in Entwicklung befindlichen Anwendungsfelder zielen auf (1) Verkehrs- und Transportmanagement (Verkehrsinformationen, Verkehrslenkung, Verkehrs- und Parkleitsysteme, automatische Unfallmeldungen, Meldesysteme zum Gefahrgutmonitoring); (2) Elektronische Systeme zur Gebührenerhebung; (3) Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (dynamische Fahrgastinformationen, Reservierung, spezifische Informationssysteme für Fahrradfahrer und Fußgänger, Steuerung individueller öffentlicher Verkehrsmittel); (4) Systeme zur Unterstützung der Fahrzeugsicherheit (Kollisionsdetektoren, Sektorisierung von Verkehrswegen).
eCall
eCall (Kurzform von "emergency call") beinhaltet ein Notrufsignal, dass sowohl manuell als auch automatisch ausgelöst werden kann. Es sendet einen minimalen Datensatz (MSD) mit allen relevanten Informationen (u. a. den Standortdaten) an die zuständige Notrufzentrale. Diese kann einen Audiokanal zum Fahrzeug herstellen und erforderliche Notfallhilfsmaßnahmen einleiten.
CEN Comité Européen de Normalisation (CEN) ist eine der drei großen Normungsorganisationen in Europa. Sie ist verantwortlich für europäische Normen (EN) in allen technischen Bereichen außer der Elektrotechnik und der Telekommunikation.
IP Das Internet Protocol (IP) ist ein verbindungsloses paketvermittelndes Netzwerkprotokoll zur Übermittlung von Datagrammen im Internet. Es stellt somit die Grundlage des Internets dar.
GNSS Globale Navigationssatellitensysteme (englisch Global Navigation Satellite System) oder GNSS dienen der weltweiten Positionsbestimmung, sowie der Koordinaten- und Zeitübermittlung.
Galileo Globales Satellitennavigationssystem unter ziviler, europäischer Kontrolle. Es soll weltweit Daten zur Positionsbestimmung liefern. Dabei ähnelt es im prinzipiellen Aufbau dem GPS oder GLONASS.
Spediteur Spediteure fungieren als Intermediäre zwischen Versender und Transporteur bzw. Frachtführer. Sie „besorgen” den Transport. Hierunter fallen insbesondere die Festlegung auf Verkehrsmittel und die Beauftragung ausführender Unternehmen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?423092

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 04:01:19