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Anpassung der Beschaffungsstrategie/ Distributionsstrategie

Erstellt am: 29.08.2012 | Stand des Wissens: 20.09.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung

Durch den Einsatz moderner Strategiekonzepte im Bereich Beschaffung und Distribution können Prozesse effizienter durchgeführt werden und so einen verbesserten Ablauf von sowohl Transportprozessen als auch Be- und Entladeprozessen an der Rampe ermöglichen.

Ein erster Lösungsansatz dafür ist es, horizontale Kooperationen in der Logistik einzuführen. Eine horizontale Kooperation besteht, wenn Anbieter einer gleichen Leistung und damit tatsächliche oder potentielle Wettbewerber eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit schließen [EC11]. Bei der horizontalen Kooperation wird nicht zwingend auf die Optimierung des Be- und Entladeprozesses gesetzt, sondern vielmehr auf die Frequenz innerhalb eines bestimmten Zeitraums, die ein Lkw einen Kunden beliefert [Volz05, S. 5 ff.]. Wird beispielsweise ein Produkt A und ein Produkt B von unterschiedlichen Herstellern ähnlich häufig vertrieben und hat der Kunde einen nahezu identischen Bedarf dieser Produkte, ist es sinnvoll, dass sich die beiden Hersteller dieser Produkte zusammenschließen und die Lieferung gemeinsam in einem Lkw versenden. Dies hat zum einen den Vorteil, dass durch eine gemeinsame Distribution die Kosten auf mehrere Parteien verteilt werden. Das führt zu sinkenden Kosten und einer möglichen höheren Lieferfrequenz zum Kunden. Insgesamt wird dadurch die Verkehrsbelastung gesenkt, da sich weniger Lkw auf der Straße befinden. Als möglichen wirtschaftlichen Nutzen lassen sich die Beseitigung von Informationsasymmetrien, die Effizienzsteigerung durch Benchmarking, die Optimierung der Supply Chain und die bessere Reaktion auf Nachfrage- und Kostenschwankungen identifizieren. Aus Effizienz- und Kommunikationsperspektive können insbesondere Unternehmen mit horizontalen Kooperationen dadurch profitieren, dass innerhalb des Liefernetzwerkes globale Allianzen zwischen den Logistikdienstleistern bestehen.

Des Weiteren besteht ein Optimierungspotenzial der Beschaffungs- und Distributionsstrategie mit Hilfe von vertikale Kooperationen. Eine vertikale Kooperation entsteht durch die Zusammenarbeit von Unternehmen verschiedener Wertschöpfungsstufen, als Beispiel ist hier die Hersteller-Zulieferkooperation zu nennen [WeWa03, S. 113]. Beispielsweise kann durch die Kooperation mit Gebietsspediteuren die Anzahl von eingehenden Fahrzeugen an der Rampe gesenkt und Verkehrsprobleme innerhalb und außerhalb der Werksbereiche verringert werden, sodass die Prozesse an der Rampe effizienter ablaufen [Pion07, S. 114 f.]. Außerdem kann durch vertikale Kooperationen die Informationsasymmetrie zwischen den Prozessbeteiligten weiter reduziert werden. Für weiterführende Informationen zum Konzept des Gebietsspediteurs siehe Synthesebericht "Gebietsspediteur".
Vertikale und horizontale Kooperationen können zur Ausschöpfung von Größen- und Verbundvorteilen hilfreich sein. Sie sind jedoch mit potentiellen Nachteilen für die kooperierenden Unternehmen verbunden, die für die Umsetzung hinderlich sein können. Zum einen wird die unternehmerische Freiheit eingeschränkt und ein Verlust an Firmenidentität droht. Zum anderen können Kooperationen mit hohen Transaktionskosten verbunden sein, welche insbesondere aus der Anbahnung, Vereinbarung, Kontrolle und Anpassung der Kooperationsvereinbarungen resultieren [BMVI14f].
Eine weitere Verbesserungsmöglichkeit kann innerhalb der Distributionslogistik mit dem sogenannten überbetrieblichen Milkrun-Konzept erreicht werden. Das Konzept beruht darauf, Produkte von einem Lieferanten zu mehreren Abnehmern oder von mehreren Lieferanten zu einem Abnehmer innerhalb einer fest geplanten Route zu transportieren. Für einen erfolgreichen Milkrun ist vor allem eine sehr präzise Koordination der Bestellungen bei den verschiedenen Lieferanten Voraussetzung [Wann10, S. 395]. Hierbei kommt es insbesondere auf örtliche und produktionslogistische Kriterien an. Ähnlich wie bei dem Prinzip der horizontalen Kooperation wird hier nicht direkt auf die Effizienzoptimierung des Be- und Entladeprozess an der Rampe eingegangen. Stattdessen wird vielmehr Wert auf die Minderung des hohen Verkehrsaufkommens von Lkw speziell in Ballungsgebieten gelegt. Eine präzise Durchführung der Anlieferung bei den Kunden hat auch den Vorteil, dass dieser seine Mitarbeiter besser einteilen kann und die Aufträge schneller durchgeführt werden. Weiterführende Informationen zum Konzept des Milkruners finden sich im Synthesebericht "Milkrun".
Kleine Sendungsgrößen führen zu vielen Rampenkontakten, die wiederum potentiell Kapazitätsengpässe und lange Wartezeiten bewirken. Zur Verringerung der durchschnittlichen Sendungsgröße ist eine Umstellung von einer versandgesteuerten zu einer empfangsgesteuerten Beschaffungslogistik von Vorteil, da die Warenströme so besser gebündelt werden können. Auf die Umstellung der Lieferklauseln auf "ab Werk" wird im Synthesebericht "Selbstabholung" näher eingegangen.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Rampenmanagement (Stand des Wissens: 09.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?397693
Literatur
[BMVI14f] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Handbuch Schnittstelle Laderampe, 2014
[EC11] Europäische Kommission, (Hrsg.) Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2010
[Pion07] Piontek, Jochem Bausteine des Logistikmanagements, Ausgabe/Auflage 2. Auflage, nwb Studium Betriebswirtschaft Verlag Neue Wirtschafts-Briefe GmbH & Co. KG, 2007
[Volz05] Volz, C. Das strategische Netzwerk, 2005
[Wann10] Wannenwetsch, Helmut Integrierte Materialwirtschaft und Logistik - Beschaffung, Logistik, Materialwirtschaft und Produktion, Ausgabe/Auflage 4, Springer / Berlin, 2010, ISBN/ISSN 3-540-00481-5
[WeWa03] Westkämper, E., Warnecke E. J., Bullinger, H.-J., Neue Organisationsformen im Unternehmen, 2003
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Supply Chain Als Supply Chain (Liefer- oder Wertschöpfungskette) bezeichnet man ein organisationsübergreifendes Netzwerk, welches als Gesamtsystem Güter für einen bestimmten Markt hervorbringt. Die heutigen Supply Chains sind aufgrund der Vielzahl von beteiligten Zulieferern, Dienstleistern und Kunden - die wiederum an anderen Supply Chains beteiligt sein können - sehr komplexe, interdependente Gebilde. Treffender müsste daher eine Supply Chain, aufgrund der häufig vorkommenden netzwerkartigen Struktur der zusammenarbeitenden Unternehmen, als "Supply Network" bezeichnet werden.
Benchmarking
Benchmarking ist der kontinuierliche Vergleich von Produkten, Dienstleistungen sowie Prozessen und Methoden mit (mehreren) Unternehmen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?397530

Gedruckt am Dienstag, 23. April 2024 08:24:49