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Handlungsansätze für eine zukunftsfähige Mobilität

Erstellt am: 12.01.2011 | Stand des Wissens: 15.12.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
TU Dresden, Professur für Kommunikationswirtschaft, Prof. Dr. Ulrike Stopka

Aufgabe der Stadt- und Raumplanung sowie der Verkehrsplanung ist es, die Teilnahmemöglichkeiten von Personen an gesellschaftlichen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Austauschprozessen sowie die Waren- und Güterströme zu erhalten und zu erweitern. Führen entsprechende Erweiterungen bzw. vorhandene Teilnahmechancen zu vermehrten Ortsveränderungen mit motorisierten Verkehrsmitteln, sind allerdings im Sinne einer zukunftsfähigen und ressourcenschonenden Raum- und Verkehrsentwicklung entsprechende Grenzen zu setzen [Mehl01a, S. 104].

Gerade vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Mobilität bedarf es zukünftig einer weiteren Ausgestaltung von Handlungsstrategien. Eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung muss dafür zunächst einigen Anforderungen genügen [EuKom20d; UBA15, S. 50]:
  • Ökologische Tragfähigkeit
  • Minimierung des Flächenverbrauchs
  • Verringerung von Verkehrsleistung, Energie- und Ressourcenverbrauch durch Effizienzsteigerung
  • Förderung der Nutzung emissionsfreier Fahrzeuge und erneuerbarer und CO2-armer Kraftstoffe sowie des Aufbaus der dafür erforderlichen Infrastruktur
  • Nachhaltige und gesündere Mobilität zwischen und innerhalb von Städten
  • Verursachergerechte Anlastung von Kosten, CO2-Bepreisung und bessere Anreize für die Nutzung
  • Verbesserung der Verkehrssicherheit, Vermeidung von Gesundheitsrisiken
  • Teilhabesicherung und Befriedigung von Grundbedürfnissen, Wahlfreiheit zwischen Verkehrsträgern
  • Faire, gerechte und bezahlbare Mobilität für Alle
  • Verwirklichung einer vernetzten und automatisierten multimodalen Mobilität
  • Innovation, Daten und künstliche Intelligenz für eine intelligente Mobilität

Handlungserfordernisse bestehen vorrangig in der Vermeidung motorisierter Verkehre (insbesondere MIV), in der effizienteren Gestaltung von MIV und ÖV, sowie in der ökologisch sinnvollen Verlagerung von Alltags- und Fernverkehr. Letzteres kann zum Beispiel durch die Angebotsverbesserung für Rad-, Fuß- und Öffentlichen Verkehr, durch die Verknüpfung von Verkehrsmitteln und durch die Einschränkung des MIV erfolgen. [UBA16g, S. 126]. Vermeidung und Verlagerung von Verkehren sind wichtige Ansätze zur Steigerung von Ressourcen- und Kosteneffizienz. Gerade bei der Vermeidung gilt es jedoch zu beachten, dass hiermit nicht eine Unterbindung des Verkehrs, sondern eine Verkürzung von Wegen sowie eine effizientere Auslastung der genutzten Fahrzeuge gemeint ist.

Folgende Handlungsansätze können nach [BMU03; Mehl01a, S. 105] unter anderem einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Verkehrsentwicklung leisten:

1) Raum- und stadtplanerische Handlungsansätze:
  • Kompaktheit und verträgliche Dichte von Siedlungen
  • Stadt der kurzen Wege
  • dezentrale Konzentration von Standorten
  • polyzentrische Stadtentwicklung
  • Funktions- und Nutzungsmischung
  • verbesserte Nahraumqualität

2) Handlungsansätze zur Verbesserung von Informations- und Kommunikationsdienstleistungen:
  • Erhöhung der substituierenden Wirkung für physische Mobilität

3) Handlungsansätze zur Förderung einer bedürfnis- und situationsgerechten Mobilität:
  • erweiterte differenzierte Angebote wie Carsharing, Mitfahrgelegenheiten
  • differenzierte Bedienungsformen im ÖPNV
  • Mobilitätsmanagement
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Mobilität in Stadt und Land (Stand des Wissens: 28.11.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?344555
Literatur
[BMU03] Nachhaltige Mobilität. Leitlinien des Bundesministeriums, Berlin, 2003
[EuKom20d] Europäische Kommission Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen, 2020/12/09
[Mehl01a] Mehlhorn, G. Verkehr Straße, Schiene, Luft, veröffentlicht in Ingenieurbau, Ernst & Sohn, 2001, ISBN/ISSN 3-433-01576-7
[UBA15] Gerlach, Julia , Hübner, Susan , Becker, Thilo , Becker, Udo J. Entwicklung von Indikatoren im Bereich Mobilität für die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, 2015/02
[UBA16g] Bergk, Fabian , Biemann, Kirsten , Heidt, Christoph , Knörr, Wolfram , Lambrecht, Udo , Schmidt, Tobias , Ickert, Lutz , Schmied, Martin , Schmidt, Patrick , Weindorf, Werner Klimaschutzbeitrag des Verkehrs bis 2050, 2016/06
Weiterführende Literatur
[Mobil12] Ahrend, C., Herget, M., Schäfer-Sparenberg, C. Nachhaltige Regionalentwicklung am Beispiel Umwelt- und familienfreundliche Mobilität im ländlichen Raum, 2012/06
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
Carsharing
Der Begriff CarSharing stammt aus dem Englischen (car= Auto, to share= teilen) und kann sinngemäß mit der Bedeutung "Auto teilen" übersetzt werden. Er beschreibt die organisierte, gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen, die meist von Unternehmen gegen Gebühr bereitgestellt werden.
Durch einen Rahmenvertrag oder eine Vereinsmitgliedschaft erhalten Kunden flexiblen Zugriff auf alle Kfz eines Anbieters. Die Fahrzeuge können über eine Webseite oder über eine Smartphone-App gebucht werden. Geöffnet werden sie in der Regel mit Hilfe von Chipkarten oder durch einen über die Smartphone-App vermittelten Zugangscode .
Bei dem System des stationsbasierten CarSharing stehen die Fahrzeuge auf reservierten Stellplätzen und werden nach der Nutzung auch wieder dorthin zurückgebracht. Ein anderes Modell ist das free-floating CarSharing. Hier stehen die Fahrzeuge in einem definierten Operationsgebiert verteilt. Sie können per Smartphone geortet werden und nach der Nutzung auf einem beliebigen Stellplatz innerhalb des Operationsgebiets zurückgegeben werden.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Tragfähigkeit Wasserverdrängung eines voll abgeladenen Schiffes abzüglich der Schiffsmasse. Umfasst die Massen von Besatzung, Passagieren, Ladung, Brennstoffen, Wasser und aller Vorräte.
übliche Abkürzungen:  Tons deadweighttdw), Dead weight tons)
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?339088

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 11:55:28