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Kapazitätsrestriktionen und Ausbauprojekte bei der Hinterlandanbindung der Seehäfen

Erstellt am: 11.03.2010 | Stand des Wissens: 12.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Mit steigenden Umschlagvolumen der Seehäfen gelangen auch die Hinterlandverbindungen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. In Deutschland betrifft dies in erster Linie die Anbindungen von Hamburg, Bremerhaven, Wilhelmshaven, Lübeck und Bremen sowie des neuen Tiefwasserhafens Jade-Weser Port als wichtigste Häfen [Stat20j]. Ausgehend von den weitreichenden Hinterlanden der deutschen Seehäfen und des auch in Zukunft überdurchschnittlich steigenden Transitverkehrs mit den mittelosteuropäischen Ländern und dem Mittelmeerraum sind sowohl die Leistungsfähigkeit der Transitstrecken als auch die Mikroanbindung der Seehäfen an das Fernstraßen- und Schienennetz von Bedeutung [GBVWP14;BMVI16d, S. 50]. Bei der Binnenschifffahrt sind zunächst kaum quantitative Engpässe zu erwarten, da die Massengutverkehre sich langsamer entwickeln als erwartet beziehungsweise stagnieren, während das Wachstum vom für die Binnenschifffahrt bislang weniger bedeutenden Containerverkehr getragen wird - eine Tendenz, die auch für den Zeitraum bis 2025 erwartet wird [Planco07, S. 32f.]. Dennoch gibt es weitere Projekte, die darauf abzielen, bestehende Engpässe auf Wasserwegen abzubauen [BMVI16d, S. IV].

Die HPA (Hamburg Port Authority) arbeitet derzeit an einem Konzept zur Entwicklung einer ITS-Strategie (Intelligentes Transport System) für die Binnenschifffahrt in Hamburg. Dies soll zur Optimierung des Informationsaustauschs bei Binnenschiffsverkehren dienen [HHM18]. Das Ziel sei es, "die Informationsbereitstellung für die Binnenschifffahrt im Hamburger Hafen zu optimieren, die Zuverlässigkeit und Planbarkeit der Transportprozesse zu erhöhen sowie die Auslastung und Wirtschaftlichkeit der Verkehrsinfrastruktur zu steigern´" [HHM18]. Hinzu kämen eine Senkung der Kosten sowie Steigerung der Verkehrssicherheit. "Durch eine Anbindung des Systems an das Projekt smartPORT logistics (SPL) kann die gesamte Transportkette auch unter Einbeziehung der Binnenschifffahrt transparenter und effizienter werden." [HHM18] Vorteile des Pilotprojektes wäre die Detektion von Liegeplatzauslastungen und Binnenschiffsankünften im Hamburger Hafen [HHM18; Unic09].

In der Bundesverkehrswegeplanung 2003 wurden daher Projekte mit besonderer Bedeutung für den Seehafen-Hinterlandverkehr im vordringlichen Bedarf festgeschrieben [BMV03a].

Laut dem Bundesverkehrswegeplan sind folgende Hafenhinterlandanbindungen von besonderer Bedeutung [BMVI16d]:
  • der Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals und des Küstenkanals
  • die Verbindung zwischen Hohenfelde (A 23) und der A 26 Hohenfelde (A 23) bis L 114
  • Verbindungen zwischen der B216 und der B188
  • sowie zahlreiche Elektrifizierungen, Gleisarbeiten, Umfahrungen und Überholungs-gleise auf der Strecke zwischen Lübeck und Puttgarden
In dem Plan wurde festgelegt, dass es ein Nachfolgeprogramm zum Seehafen-Hinterlandverkehr (SHHV) geben wird, welches eine Großzahl von Maßnahmen im Schienennetz realisieren soll. Der sogenannte Seehafen-Hinterlandverkehr II (SHHV II) begann im Jahr 2020 in zwei Tranchen mit der Absicht, die auftretenden Engpässe zu beseitigen [BMVI16d].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Wachstumsrestriktionen für den Kombinierten Verkehr (Stand des Wissens: 12.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?321706
Literatur
[BMV03a] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Bundesverkehrswegeplan 2003 , Berlin, 2003
[BMVI16d] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Bundesverkehrswegeplan 2030, Ausgabe/Auflage März 2016, Berlin, 2016/03
[GBVWP14] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Grundkonzeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015, 2014
[HHM18] Jochen Wischhusen, Heike Wegner, Matthias Grandis, Ina-Maria Toni Neue Binnenschifffahrtskonzepte in Hamburg - Intelligentes Transport System (ITS) für die Binnenschifffahrt, Hafen Hamburg Marketing e.V. (HHM), 2015/04/20
[Planco07] PLANCO Consulting GmbH Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtung 2025 - Seeverkehrsprognose - Los 3, Essen, 2007/04
[Stat20j] Statistisches Bundesamt Top 10 Seehäfen in Deutschland in den Jahren von 2015 bis 2019 nach gesamten Güterumschlag , 2020
[Unic09] o. A. Konzeptstudie zur Verkehrsverlagerung vom Lkw auf Binnenschiffe und zur Stärkung der Hinterlandverkehre, Hamburg, 2009/01/14
Weiterführende Literatur
[BMVBS07e] o.A. Investitionsrahmenplan bis 2010 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes (IRP), 2007/04
[DBAG07n] o.A. Masterplan Schiene, Seehafen-Hinterlandverkehr, Berlin, 2007/08/27
Glossar
IV
Beim Individualverkehr (IV) wird vom Verkehrsteilnehmer ein zur Verfügung stehendes Verkensmittel genutzt. Dies können beispielsweise sein: Pkw, Krafträder, Fahrrad, zu Fuß gehen. Es wird daher auch zwischen dem Motorisierten Individualverkehr (MIV) und dem Nichtmotorisierten Individualverkehr (NMV) unterschieden. Der IV deckt zudem alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen ab und das Verkehrsmittel wird von einer bestimmten Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Dabei ist der IV örtlich sowie zeitlich ungebunden.
ITS Intelligent Transportation Systems (ITS) ist der Oberbegriff für Transportsysteme, die Informations- und Kommunikationstechnologie zur Unterstützung des Betriebes einsetzen. ITS-Funktionen unterstützen den Fahrer eines Transportmittels, sie sind damit deutlich von automatischen Transportsystemen zu differenzieren, die auf einen fahrerlosen Betrieb abstellen. Die wichtigsten neuen und zum Teil noch in Entwicklung befindlichen Anwendungsfelder zielen auf (1) Verkehrs- und Transportmanagement (Verkehrsinformationen, Verkehrslenkung, Verkehrs- und Parkleitsysteme, automatische Unfallmeldungen, Meldesysteme zum Gefahrgutmonitoring); (2) Elektronische Systeme zur Gebührenerhebung; (3) Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (dynamische Fahrgastinformationen, Reservierung, spezifische Informationssysteme für Fahrradfahrer und Fußgänger, Steuerung individueller öffentlicher Verkehrsmittel); (4) Systeme zur Unterstützung der Fahrzeugsicherheit (Kollisionsdetektoren, Sektorisierung von Verkehrswegen).
Bundesverkehrswegeplan
Als Instrument einer mittel- bis langfristigen Investitionsrahmenplanung für den Erhalt und Ersatz bundeseigener Verkehrsinfrastruktur erfasst der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) das zwecks zielgerichteter Ausgestaltung sowie Erweiterung von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Schienenwegen des Bundes erforderliche Finanzierungsvolumen. Auf Basis verkehrsträgerübergreifender Prognosen findet in diesem Zusammenhang eine Priorisierung vorgesehener Neu- und Ausbauprojekte gemäß ihrer gesamtwirtschaftlichen Bewertung sowie ökologischer und raumordnerischer Einschätzungen statt. Grundsätzlich wird infolgedessen zwischen "vordinglichem Bedarf" (VB) und "weiterem Bedarf" (WB) unterschieden.

Der BVWP tritt auf Beschluss des Bundeskabinetts in Kraft und umfasst jeweils einen Zeithorizont von circa zehn bis 15 Jahren. Seit 1973 sind bereits sechs konsekutive Verkehrswegepläne verabschiedet worden. Der letzten, dem Jahr 2016 entstammenden Fortschreibung liegt ein Planungszeitraum bis 2030 und ein Investitionsvolumen in Höhe von 269,6 Milliarden Euro zugrunde, siehe auch gesonderte Wissenslandkarte "Bundesverkehrswegeplanung" hier im Forschungsinformationssystem.
Transportkette
Nach DIN 30781 eine Folge von technisch und organisatorisch miteinander verknüpften Vorgängen, bei denen Personen oder Güter von einer Quelle zu einem Ziel bewegt werden, im weiteren Sinne alle Transferprozesse zwischen Quelle und Senke.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?291731

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 07:55:18