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Lärmverursachende Triebwerksbereiche

Erstellt am: 11.11.2002 | Stand des Wissens: 13.07.2023
Synthesebericht gehört zu:
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IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Grundsätzlich sind alle Bestandteile des Triebwerks (Fan, Verdichter, Brennkammer, Turbine und Schubdüse) Schallquellen, die jeweilige Emissionsstärke ist jedoch abhängig vom Triebwerk sowie den Betriebsbedingungen [Brae15]. Bei heute gängigen Turbofantriebwerken wird Fan- und Verdichterlärm vom Triebwerkseinlass stromaufwärts abgestrahlt mit einem Maximum bei etwa 50 Grad Celsius gegenüber der Eintrittsachse. Die Axialgeschwindigkeiten in den Verdichtern sind zwar im Allgemeinen kleiner als die Schallgeschwindigkeit, jedoch tritt örtlich Überschallgeschwindigkeit auf, die einen Teil des Schaufellärms stromabwärts trägt. Bei Triebwerken älterer Bauart, deren Fans und Verdichter mit hohen Blattspitzengeschwindigkeiten um Mach 1 arbeiten, ist der vom Einlauf nach vorn abgestrahlte Lärm gegenüber den anderen Lärmquellen des Triebwerks vernachlässigbar klein. Bei starker Reduzierung des Triebwerks-Lärmpegels und gleichzeitiger Minderung der Blattspitzenzahl des Fans kann der vom Einlass nach vorn ausgestrahlte Lärm an Bedeutung gewinnen.

Stromabwärts wird Fanlärm durch die Luftführungskanäle zum Austritt des Sekundärstromes transportiert und von dort an die Umgebung abgestrahlt. Maximale Intensitäten treten bei etwa 60 bis 70 Grad Celsius gegenüber der Austrittsachse auf. Der typische Lärm am Austritt der Fanluft setzt sich zusammen aus einem breitbandigen Rauschen und dem hochtonigen Heulen diskreter Töne bei der Schaufelfolge-Frequenz und deren Harmonischen. Die Einzeltöne liegen in einem Frequenzbereich oberhalb 2000 Herz, in dem das menschliche Gehör besonders sensibel ist. Dieses Geräusch dominiert den Lärmeindruck mit wachsendem By-Pass-Verhältnis (Verhältnis zwischen der Luftmasse im Mantelstrom und der Luftmasse im Abgasstrahl) zunehmend. Der Unterschied im Fanlärm zwischen Start und Landung ist nicht sehr groß, da die Fandrehzahl sich nur wenig mit der Triebwerks-Drosselung ändert. Von großem Einfluss auf diesen Lärmpegel ist aber eine Einlass-Leitstufe vor dem Fan und der Abstand zwischen Rotor und Stator, welches auf eine heftige gegenseitige Beeinflussung schließen lässt.

Innerer Triebwerkslärm stammt aus einer Reihe von Schallquellen innerhalb des Triebwerks. Hier seien lediglich die Turbulenzen und Mischungsvorgänge des Verbrennungsprozesses erwähnt. Diese Art von Lärm wird hauptsächlich senkrecht zur Triebwerksachse abgestrahlt. Die dabei auftretenden Lärmpegel liegen weit unter denen der anderen Lärmquellen und sind daher von nachgeordneter Bedeutung.

Der Turbinenlärm wird von heißen Gasen stromabwärts getragen und schließlich zusammen mit dem Strahl am Schubdüsenaustritt an die ruhende Atmosphäre emittiert. Die maximalen Intensitäten ergeben sich bei 60-70 Grad Celsius gegenüber der Austrittsachse. Im Allgemeinen dominiert hier der Strahllärm. Bei Triebwerken mit hohen By-Pass-Verhältnissen jedoch ist der Strahllärm soweit reduziert, dass weitere Verbesserungen auch den Turbinenlärm berücksichtigen müssen. Da Turbinengeräusche nicht durch spezielle technische Maßnahmen unterdrückt werden, sind sie im Gegensatz zu den Fangeräuschen, die in der Regel durch absorbierende Auskleidung gedämpft werden, wesentlich genauer vorhersagbar. [Schm99, S.76]

Der Strahllärm entstammt den Mischvorgängen zwischen dem hochenergetischen Abgasstrahl und der ruhenden Umgebung. Er ist stark abhängig von der Drosselstellung des Triebwerkes und äußert sich vor allen Dingen beim Start als ein dumpfes Donnern. Die Lärmcharakteristik ist breitbandig und überdeckt ein weites Spektrum von 50 bis 5.000 Herz. Die Frequenzen der maximalen Intensitäten liegen im Bereich um 300 Herz und damit deutlich unter den entsprechenden des Fanlärms. Sie treten vorwiegend unter 30-40 Grad Celsius gegenüber der Austrittsachse auf. Hauptsächlicher Parameter des Strahllärms ist die Geschwindigkeit des Abgasstrahls. Im Bereich von 350 - 700 Meter pro Sekunde Abgasgeschwindigkeit ändert sich die akustische Leistung in etwa proportional der 8. Potenz der Geschwindigkeit. In den oberen Bereich dieser Klasse gehören die reinen Jet-Triebwerke. Für Gasgeschwindigkeiten zwischen 700 und 1.000 Meter pro Sekunde, wie sie in Nachbrennern erreicht werden, besteht nur noch die Abhängigkeit mit der 3. Potenz der Gasgeschwindigkeit. Hier äußert sich der Einfluss von Überschallströmungen. Gasgeschwindigkeiten unterhalb 350 Meter pro Sekunde werden mit Zweikreistriebwerken hoher By-Pass-Verhältnisse erreicht. Die Lärmintensität ist hier der 6. Potenz der Geschwindigkeit proportional. Mit der Entwicklung der High-Bypass-Triebwerke und der damit verbundenen Reduzierung der Strahlgeschwindigkeiten von 600 auf 300 Meter pro Sekunde wurde die Lärmintensität des Schubstrahls auf 1/28 des ursprünglichen Wertes gesenkt.

Eine Maßnahme zur Verringerung der Lärmentwicklung ist die Strahlmischung hinter der Turbinendüse durch die Ausformung spezieller Übergangsleitbleche. Untersucht wird die Verwendung von Winkelmanschetten zur Turbulenzvermeidung und damit Lärmunterdrückung in diesem Bereich. [Brae15]
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IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Emissionen im Luftverkehr (Stand des Wissens: 14.07.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?20489
Literatur
[Brae15] Bräunling, Willy Flugzeugtriebwerke - Grundlagen, Aero-Thermodynamik, ideale und reale Kreisprozesse, Thermische Turbomaschinen, Komponenten, Emissionen und Systeme, 2015
[Schm99] Schmid, Rainer, Dr. rer. nat. Physikalische Modellierung der Richtcharakteristik der Schallabstrahlung von Nebenstromtriebwerken, DLR Köln-Porz, 1999/11

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?19511

Gedruckt am Montag, 29. April 2024 15:49:00