Verkehrsmittelwahlverhalten von Jugendlichen
Erstellt am: 14.10.2004 | Stand des Wissens: 11.01.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
In der Mobilität von Jugendlichen spielt deren Verkehrsverhalten eine zentrale Rolle. Ein wichtiger Bestandteil dieses Verhaltens ist die Frage, mit welchem Verkehrsmittel eine Ortsveränderung durchgeführt werden soll. Einflussgrößen sind dabei in erster Linie grundlegende Voraussetzungen, wie beispielsweise das Alter, der Führerschein- oder ÖV-Zeitkartenbesitz, die Pkw-Verfügbarkeit, sowie das ÖV- und Radnetzangebot.
Das Verkehrsmittelwahlverhalten von Jugendlichen zu verstehen ist eine wichtige Grundlage, um langfristig und dauerhaft die Mobilitätsbedürfnisse der heranwachsenden Generation zu befriedigen und problemorientierte Mobilitätslösungen für die Zukunft zu entwerfen.
Die allgemeinen Grundsätze der Verkehrsmittelwahl behalten auch bei Jugendlichen ihre Gültigkeit. Allerdings existieren Unterschiede in einzelnen Ausprägungen. Dabei ist die Verkehrssozialisierung von besonderer Bedeutung. Darunter versteht man die Orientierung des Verkehrsverhaltens im Erwachsenenalter an den Erfahrungen aus der Jugendzeit, sowie am Verhalten der Eltern. Als problematisch werden an dieser Stelle vor allem die Bring- und Abholdienste im jungen Kindesalter eingestuft, da diese oft mit dem Pkw vollzogen werden und somit schon früh eine Affinität zu diesem Modus entsteht [Inno12, S.13ff].
Jugendliche sind häufig bereits gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln vertraut, da diese vor allem in Ballungszentren für den Schul- oder Ausbildungsweg genutzt werden. Je nach Wegelänge wird ebenfalls das Rad benutzt oder zu Fuß gegangen. Da im Jugendalter mit diesen Modi jedoch oft Pflichtaktivitäten erreicht werden, können diesen negative Gedanken und Erfahrungen anhaften [Inno12, S.12].
Für Jugendliche und junge Erwachsene steht der Führerschein in engem Zusammenhang mit dem Heranwachsen und dem Erreichen des 18. Lebensjahres. Innerstädtisch verfügen von den 17- bis 25-Jährigen 62,6 Prozent der männlichen und 65,8 Prozent der weiblichen Personen über einen Pkw-Führerschein. Daneben wird das Fahrrad unter Jugendlichen immer mehr ein weit verbreitetes Fortbewegungsmittel [SrV18a, Tab.11.1].
Betreffend der Moduswahl besteht ein deutlicher Zusammenhang zur Siedungsstruktur. In stark verdichteten, städtischen Kreisen sind die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie die des nichtmotorisierten Individualverkehrs verhältnismäßig hoch. Mit abnehmender Siedlungsdichte kehrt sich dieses Verhältnis jedoch um und die Pkw-Nutzung tritt verstärkt auf. In diesen ländlicheren Regionen sind mangelhafte Angebote an öffentlichen Verkehrsmitteln der häufigste Grund für die Verlagerung des Modal Split hin zum motorisierten Individualverkehr (MIV). Mit zunehmenden Alter wird vor allem der ÖPNV schlechter bewertet. Das Auto nimmt für Jugendliche häufig immer noch eine zentrale Stellung ein.Die Pkw-Nutzung wird oft mit Argumenten wie beispielsweise Unabhängigkeit, Bewegungsfreiheit, Selbstbestimmung und Anerkennung begründet [Groß98], [Inno12].
Im Rahmen der kontinuierlichen Untersuchung über die Mobilität in Deutschland (MiD) [infas10] sowie der Untersuchung Mobilität in Städten (SrV) wurde unter anderem der Modal Split in Abhängigkeit des Alters für ganz Deutschland (MiD) beziehungsweise in deutschen Städten (SrV) ermittelt. Bei den 10- bis 19-Jährigen werden nach MiD für Gesamtdeutschland (alle Wochentage) 22 Prozent aller Wege zu Fuß zurückgelegt, 19 Prozent der Wege mit dem Rad, 23 Prozent mit dem Öffentlichen Personenverkehr (ÖPV), neun Prozent als selbstständiger MIV-Fahrer und 27 Prozent als MIV-Mitfahrer. Nach SrV ist werktags für große Städte der Anteil des MIV bei den unter 18-Jährigen von 2013 bis 2018 von etwa 26 Prozent auf 29,5 Prozent gestiegen. Der Anteil des ÖPV am Modal Split ist in dieser Zeit jedoch von 24 Prozent auf 25 Prozent gestiegen [SrV18a, Tab.18.2].
Mit Erreichen des 18. Lebensjahres, wird eine deutliche Konkurrenzsituation zwischen dem ÖPV und dem MIV deutlich. Es wird weniger zu Fuß gegangen, auch die Anteile des Fahrrades und des ÖPV nehmen ab. Der MIV erhält mit 47 Prozent den größten Anteil am Modal Split. Mit dem Alter von 18 Jahren findet somit eine deutliche Veränderung im Verkehrsmittelwahlverhalten von Jugendlichen statt [infas10]
Mit dem Leitbild der Automobilität wurde jedoch in jüngster Zeit gebrochen: der Trend geht - zumindest in urbanen Gebieten - wieder mehr in Richtung öffentlicher Verkehr und Multimodalität [Inno12, Sin16]. Bei der Entscheidung der Moduswahl gehen Jugendliche 2016 sehr pragmatisch vor: es gibt kein ideales Verkehrsmittel, es wird nach Zweck, Kosten und Situation entschieden [Sin16].
Im jungen Erwachsenenalter ist in den letzten Jahren ein deutlicher Trend weg vom MIV, hin zum ÖPV zu verzeichnen gewesen. Es wird erwartet, dass dieser Trend auch in den zukünftigen Ergebnissen des MiD und SrV fortbesteht [ESrV18, Folie 19], [MOP16].
Im jungen Erwachsenenalter ist in den letzten Jahren ein deutlicher Trend weg vom MIV, hin zum ÖPV zu verzeichnen gewesen. Es wird erwartet, dass dieser Trend auch in den zukünftigen Ergebnissen des MiD und SrV fortbesteht [ESrV18, Folie 19], [MOP16].
Es bleibt aber festzuhalten, dass der aktuell zu beobachtende Trend vor allen in städtischen Gebieten weg vom MIV und hin zu ÖPV sowie Rad und Fuß als positiv vernommen wird, besonders im Hinblick auf die aktuellen Leitbilder der Verkehrs- und Mobilitätsplanung [UBA11b].