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Entwicklung der Flugsicherungsstruktur

Erstellt am: 23.01.2004 | Stand des Wissens: 17.09.2018
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Die Flugsicherungsstruktur wurde in Europa kleinräumig geplant und organisiert. Nationale Staatsgebiete entsprachen Luftraumgrenzen und eine Vielzahl unterschiedlicher Betriebssysteme in nationalen Kontrollzentren führte zu erheblichem Koordinationsaufwand und damit zu Kapazitätsverlusten. Getrennte militärische und zivile Lufträume tragen zu einer komplexen Luftraumstruktur bei und bedeuten weitere Effizienzverluste. Der Überflug von Funknavigationshilfen auf festgelegten Wegstrecken führte zu einem starren Routennetz. Diese Randbedingungen entsprachen damit seit längerem nicht mehr den Erfordernissen eines sicheren, effizienten Luftverkehrs in einem vereinten Europa mit wachsendem Verkehrsaufkommen.

In einer ersten Übergangsphase zu einem neuen Flugsicherungssystem wurde versucht, durch die verbesserten technischen Möglichkeiten der Kommunikation, Navigation und Überwachung sowie durch eine Entflechtung der Routenstruktur, verringerte Vertikalstaffelung und günstigere Schnittstellengestaltung der angrenzenden Flugsicherungsgebiete sowie ein optimiertes Luftverkehrsmanagement zu erreichen. Durch den Einsatz neuer Navigationshilfsmittel konnte eine bessere Ausnutzung des vorhandenen Luftraums erfolgen. Die Vorschreibung der Flächennavigationsausrüstung (B-RNAV, Basic Area Navigation) seit 1998 und die Rekonstruktion der Flugroutenführungen im oberen Luftraum (EAM04, EUROCONTROL Airspace Model) seit 2001, hat neue Kapazität geschaffen. Durch flexiblere Luftraumnutzung (FUA, Flexible Use of Airspace) und kürzere Routenführung können signifikante Kraftstoffersparnisse bei erhöhter Gesamtkapazität des Luftraums erreicht werden.
Abbildung 1: Wandel der Aufgaben und der Verantwortung der Flugsicherung [ECTR00a] (Zum Vergößern Grafik bitte anklicken)

Gleichzeitig wurde durch die Satellitennavigation, mit Augmentierungssystemen für die Anflugführung, die Neugestaltung der Navigationsinfrastruktur für den Zivilluftverkehr möglich. Deshalb ist nur eine verringerte Anzahl an Funknavigationssystemen notwendig. Eine weitere Kostenoptimierung konnte durch die Verlagerung einer bodenabhängigen Radaranlage der Flugsicherung mittels Radartechnik zu einer automatischen bordabhängigen Überwachung (ADS, Automatic Dependent Surveillance) erzielt werden. Die Übermittlung der Flugdaten erfolgt dabei über Datalink beziehungsweise über das Sekundärradar-Antwortgerät Mode-S mit erweiterter Funktionalität. Diese Systeme tragen auch zu einer automatischen Kommunikation der Flugzeuge untereinander bei. Durch geeignete Kollisionsschutz- und Warnsysteme an Bord und am Boden (vgl.: Warnsysteme der Flugsicherung, Warnsysteme in der Luftfahrt) wird sichergestellt, dass die Sicherheit im Luftverkehr trotz kontinuierlichem Verkehrszuwachs auf hohem Niveau gewährleistet wird. Damit trägt die Weiterentwicklung der Kommunikations-, Navigations- und Überwachungssysteme zu einer zunehmenden Unabhängigkeit des Luftverkehrs von einer bodenseitigen Flugüberwachung und Verkehrsführung bei. In einer weiteren Entwicklungsstufen konnte dies zu einem Konzept des freien Luftverkehrs, in der englischen Fachsprache als Free-Flight-Concept bezeichnet, führen. Automatische Streckenverhandlungen über Datalinkverbindungen und Systeme zur Eigenstaffelung (ASAS, Airborne Separation Assistance System) können heute einen Flug unabhängig von räumlichen und zeitlichen Vorgaben ermöglichen. Bisher gibt es jedoch nur wenige Lufträume in Europa, welche das Free-Flight-Konzept erlauben.
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Sicherheitsaspekte der Flugsicherung (Stand des Wissens: 19.09.2018)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?87935
Literatur
[ECTR00a] o. A. Transition Plan for the Implementation of the Navigation Strategy in ECAC 2000-2015+, Eurocontrol, Brüssel, Belgien, 2000/05/24
Weiterführende Literatur
[NATCA03] k.A. 2003 Air Traffic Modernization Tools, 2003/05/05
[BMVBW99h] HAW Hamburg - Institut für Schiffsbetrieb, Seeverkehr und Simulation (ISSUS), TELEMATICA e.K., TU Dresden - Geodätisches Institut, VEGA Informations-Technologien GmbH, BLIC Deutscher Funknavigationsplan DFNP '99 - Band 1, TELEMATICA / Linden, 1999
[BMVBW99i] HAW Hamburg - Institut für Schiffsbetrieb, Seeverkehr und Simulation (ISSUS), TELEMATICA e.K., TU Dresden - Geodätisches Institut, VEGA Informations-Technologien GmbH, BLIC Deutscher Funknavigationsplan DFNP '99 - Band 2, TELEMATICA / Linden, 1999
[DoT01] U. S. Department of Transportation, Department of Defense Federal Radionavigation Plan 2001, Department of Transportation, Washington Department of Defense, Washington , 2001/12
[CAA02b] o.A. Manual of Air Traffic Services Part 1, ATS Standards Department, Safety Regulation Group, CAA, Aviation House, Gatwick Airport South, England, 2002/05/10, ISBN/ISSN ISBN 0 86039 860 9
[ECTR99a] o.A. Navigation Strategy for ECAC, Eurocontrol, Brüssel, Belgien, 1999/03/15
[ECTR02i] k.A. Overall Architecture for EATMP, Eurocontrol, Brüssel, Belgien, 2002/05/21
[ACARE00] Advisory Council for Aeronautics Research in Europe (ACARE) The Challenge of Air Transport System Efficency, 2000/01
Glossar
Active Denial System Das Active Denial System (ADS) ist eine nicht-tödliche elektromagnetische Kanone. Die Waffe, die insbesondere für die maritime Sicherheit interessant geworden ist, soll den Angreifer mit 95 Gigahertz starken Mikrowellen außer Gefecht setzen. Entwickelt vom US-Rüstungskonzern Raytheon, verursacht ADS einen Schmerzreiz, der von der Intensität vergleichbar ist mit einer Erhitzung der menschlichen Haut auf 55 Grad Celsius. Die Waffe hat eine Reichweite von ca. 500 Metern.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?72046

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 22:28:31