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Durch das automatisierte und vernetzte Fahren bedingte Nachfrageeffekte im Güterverkehr

Erstellt am: 12.08.2019 | Stand des Wissens: 05.12.2023
Synthesebericht gehört zu:

Das automatisierte und vernetzte Fahren (AVF) zieht Vorteile in unterschiedlichen Dimensionen des Güterverkehrs nach sich. Daher ist bei Implementierung des AVF zukünftig eine höhere Nachfrage im Güterverkehr zu erwarten. Das Ausmaß der Vorteile beziehungsweise der Nutzen ist unter anderem von der Marktdurchdringung bedingt.

Zuerst sind Vorteile auf der ökologischen Ebene zu benennen. Die Regulierung des Verkehrsflusses mittels AVF führt zu einer Verringerung von Stop- and-Go-Verkehren. So konnten Wissenschaftler experimentell nachweisen, dass Stauwellen von autonomen Fahrzeugen abgefangen, und sogar komplett neutralisiert werden können [Stern17]. Eine Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung ergab, dass Kraftstoffersparnisse von 17 Prozent verglichen mit nicht automatisierten Fahrzeugen somit möglich ist. [Kölln19]. Grund dafür ist hauptsächlich die Homogenisierung des Verkehrsflusses, welche durch weniger Stop-and-Go- Verkehr sowie eine reduzierte Unfallrate begünstigt wird.

Mit der Einführung des Platoonings wird weiterhin eine Verringerung der CO2-Emissionen erhofft. Aufgrund der Fahrt im Windschatten des vorausfahrenden Platoons kann Kraftstoff eingespart und CO2 reduziert werden. Wissenschaftliche Untersuchungen gehen größtenteils von einem verringerten Kraftstoffbedarf zwischen 6,5 und 9,4 Prozent aus [LiMJ14; Assa15]. Allerdings betonen neue Studien den Einfluss der Verkehrsdichte und damit der Geschwindigkeit auf die Kraftstoffersparnis. Demnach sind auf der Autobahn bei geringer Verkehrsdichte bis zu 18 Prozent Ersparnis, bei mittlerer Verkehrsdichte aber nur noch 4,5 Prozent Kraftstoffersparnis potenziell möglich [MKS18].

Weiterhin sind positive Aspekte aus wirtschaftlicher Sicht hervorzuheben. Aufgrund der Vernetzung mittels Vehicle-to-X-Kommunikation sind die Fahrzeuge frühzeitig über plötzlich auftretende Behinderungen informiert. Die Fahrzeuge sind dementsprechend in der Lage ihre Geschwindigkeit automatisch der Verkehrssituation anzupassen [Stern17; Hobe15]. Die Durchschnittsgeschwindigkeit kann aufgrund der vorausschauenden Fahrweise erhöht werden. Dies führt zu Verringerungen der Transportzeiten. Es kann eine um 8 bis 13 Prozent höhere Geschwindigkeit bei hohem Verkehrsaufkommen erreicht werden [FaKo15]. Die Verkürzung der Transportzeiten gilt als wichtiger Wettbewerbsfaktor der Logistikunternehmen aus wirtschaftlicher Sicht.

Mit der Automatisierungsstufe 5, dem fahrerlosen Fahren, entfällt der Berufskraftfahrer und infolgedessen Vorgaben zu Stillstandzeiten. Da das System nicht durch äußere Einflüsse und Müdigkeit an Leistungsfähigkeit einbüßt, kann eine 24-stündige Güterversorgung erzeugt werden. Hierdurch sind signifikante Kosteneinsparungen in Zukunft möglich. Eine solche kontinuierliche Fahrt mit längeren Fahrzeiten kann außerdem dazu führen, dass die Transportleistung aufgrund dieser neuen Effizienz und Attraktivität des Straßengüterverkehrs ansteigt. Infolgedessen würden aufgrund der aufgeführten Aspekte ein höherer Anteil des Güterverkehrs über die Straße abgewickelt werden.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrs- und Umweltwirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens im Straßenverkehr (Stand des Wissens: 16.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?503150
Literatur
[Assa15] Assad Alam, Bart Besselink, Valerio Turri, Jonas MÅrtensson, Karl H. Johansson Heavy-Duty Vehicle Platooning for Sustainable Freight Transportation, veröffentlicht in IEEE CONTROL SYSTEMS MAGAZINE, 2015/11/11
[FaKo15] Fagnant, Daniel J., Kockelman, Kara Preparing a nation for autonomous vehicles: Opportunities, barriers and policy recommendations., veröffentlicht in Transportation Research Part A: Policy and Practice, Ausgabe/Auflage 77, 2015
[Hobe15] Laurens Hobert, Andreas Festag, Ignacio Llatser, Luciano Altomare, Filippo Visintainer, Andras Kovacs Enhancements of V2X Communication in Support of Cooperative Autonomous Driving, veröffentlicht in IEEE Communications Magazine, Ausgabe/Auflage Vol. 53, Iss. 12, 2015/12/17
[Kölln19] Christiane Köllner Begrenztes Klimaschutz-Potenzial durch automatisiertes Fahren, 2019/07/03
[LiMJ14] Kuo-Yun Liang, Jonas Martensson, Karl H. Johansson Fuel-Saving Potentials of Platooning Evaluated through Sparse Heavy-Duty Vehicle Position Data, veröffentlicht in 2014 IEEE Intelligent Vehicles Symposium Proceedings, 2014/06, Online-Referenz doi:10.1109/IVS.2014.6856540, ISBN/ISSN 1931-0587
[MKS18] Michael Krail, Jens Hellekes Energie- und Treibhausgaswirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens im Straßenverkehr, 2019/01/08
[Stern17] Raphael E. Stern,, Shumo Cui, , Maria Laura Delle Monache,, Rahul Bhadani,, Matt Bunting,, Miles Churchill,, Nathaniel Hamilton,, R'mani Haulcy,, Hannah Pohlmann,, Fangyu Wu,, Benedetto Piccoli,, Benjamin Seibold,, Jonathan Sprinkle,, Daniel B. Work Dissipation of stop-and-go waves via control of autonomous vehicles: Field experiments, veröffentlicht in Transportation Research Part C: Emerging Technologies, Ausgabe/Auflage Vol. 89, 2017/04, Online-Referenz doi:10.1016/j.trc.2018.02.005
Glossar
Platooning
Der Begriff Platooning beschreibt die Organisationform von mehreren fahrerlosen Fahrzeugen als Konvoi. Dabei befindet sich lediglich im führenden Vehikel ein Fahrer. Die Fahrzeuge sind mittels digitaler Datenverbindung miteinander verknüpft. Mit Hilfe verschiedenster Softwaresysteme wird versucht, das Betreten und Verlassen dieser Konvois so flexibel wie möglich zu gestalten.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?502898

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 10:11:19