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Bedeutung von Luftsicherheitsgebühren

Erstellt am: 24.04.2018 | Stand des Wissens: 11.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen, die im Anschluss an die Terroranschläge vom 11. September 2001 implementiert wurden, führten zu einem generellen Kostenanstieg. Die neuen europäischen Vorschriften mit erhöhten Anforderungen an Sicherheitskontrollen von Passagieren und Fracht betrafen auch bauliche Veränderungen an Flughafen-Terminals. Des Weiteren mussten zusätzliche Kontrollgeräte und Arbeitskräfte eingesetzt werden [EuKom09]. Aufwendigere Kontrollen betreffen auch den Frachtbereich, nachdem im Jahr 2010 aus dem Jemen verschickte Sprengstoffpakete in einem Frachtflugzeug gefunden wurden.
In den Folgejahren nahmen die Luftsicherheitskosten weiter zu. Allein zwischen 2010 und 2020 sind die Kosten für Luftsicherheit um 90 Prozent gestiegen. Maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt ist der Aufwand für Passagier- und Gepäckkontrollen nach Paragraf 5 LuftSiG, die einen doppelt so starken Anstieg aufweisen wie die Sicherheitsmaßnahmen der Flughafenbetreiber nach Paragraf 8 LuftSiG, die im Wesentlichen die Kontrollen von Waren und Personal im Sicherheitsbereich betreffen. [ADV21]
Hauptsächliche Treiber sind dabei die Personalkosten, bedingt durch Lohnzuwächse von fast 60 Prozent im Zehnjahreszeitraum zwischen 2008 und 2018. Darüber hinaus trägt auch eine komplexere und vermehrt eingesetzte Kontrolltechnik zu Kostensteigerungen bei [ADV17]. Hierzu zählen unter anderem Körperscanner, für deren Beschaffung und Installation Kosten in Höhe von circa 200.000 Euro pro Stück veranschlagt werden, zuzüglich jährlicher Wartungskosten von rund 15.000 Euro [DBT14].
Zwischen 2011 und 2022 sind die durchschnittlichen Luftsicherheitsgebühren pro Passagier um 47,7 Prozent gestiegen (siehe Abbildung 2 für die Entwicklungen seit 2011) [BDF19]. Eine Umkehr der Entwicklung zunehmender Sicherheitskosten ist nicht absehbar, vielmehr ist davon auszugehen, dass es in den kommenden Jahren zu weiteren Steigerungen kommen wird.
Entwicklung der LuftsicherheitskostenAbb. 1: Entwicklung der Luftsicherheitskosten seit 2010 [ADV17]
Die Fluggesellschaften betreffende Kosten können durch die Umrüstung oder Neubeschaffung von Flugzeugen und Ausstattung entstehen. So fielen beispielsweise im Jahr 2007 für die Ausrüstung von britischen Flugzeugen mit Notfunkbaken nach internationalem Standard direkte Kosten von 2,62 Millionen Euro für 220 Maschinen an [ASSI07]. Der Nutzen durch vermiedene Todesfälle oder Verletzungen in Notfallsituationen wurde nicht abgeschätzt.
Entwicklung der durchschnittlichen Luftsicherheitsgebuehr pro Passagier in Deutschland.png
Abb. 2: Entwicklung der durchschnittlichen Luftsicherheitsgebühr pro Passagier in Deutschland [BDF19]
Im Zuge der intensiveren Sicherheitsmaßnahmen nach 2001 wurde auch deren Finanzierung neu geregelt. Während vor 2001 die Sicherheitskosten meistens als Teil des Passagierentgelts erhoben wurden und nur einen unwesentlichen Anteil der Gesamtkosten ausmachten, kam es infolge der Kostensteigerungen nach 2001 zu einer Trennung von Sicherheits- und Flughafengebühren [EuKom09].

Auf Grundlage der Luftsicherheitsgebührenverordnung (LuftSiGebV) [LuftSiGebV] werden in Deutschland für Passagier- und Gepäckkontrollen gemäß Paragraf 5 LuftSiG Gebühren erhoben und entweder von der Bundespolizei oder den Landesbehörden berechnet und eingezogen. Der bewaffnete Schutz von Kontrollstellen und gefährdeten Luftfahrzeugen sowie die Bestreifung der Sicherheitsbereiche sind nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2004 kein Bestandteil der Luftsicherheitsgebühr [BMI20]. Die Höhe der Luftsicherheitsgebühr variiert nach Flughafen und hängt von den jeweiligen Gegebenheiten, wie beispielsweise der Passagierzahl und dem Standort der Sicherheitskontrollen, ab.
Die Untergrenze beträgt gemäß der Anlage zu Paragraf 1 LuftSiGebV 2 Euro pro Passagier, als Obergrenze sind 10 Euro festgelegt. Die deutschlandweit niedrigste Luftsicherheitsgebühr im Jahr 2022 waren 4,87 Euro am Flughafen in Memmingen/Allgäu, der Höchstsatz von 10 Euro wird an den Flughäfen Stuttgart, Friedrichshafen, Karlsruhe/Baden-Baden, Bremen, Kassel-Calden, Hannover, Braunschweig, Köln/Bonn, Münster/Osnabrück, Paderborn/Lippstadt, Niederrhein, Hahn, Saarbrücken, Leipzig/Halle, Dresden, Westerland/Sylt, Lübeck sowie Erfurt erhoben. Dementsprechend wird an mehr als der Hälfte aller deutschen Flughäfen der Höchstsatz von 10 Euro erhoben. An den drei größten deutschen Flughäfen Frankfurt, München und Düsseldorf betrugen die Luftsicherheitsgebühren 2022 9,95 Euro, 8,71 Euro und 9,75 Euro und 2020 9,95 Euro, 7,83 Euro und 5,78 Euro [BMI22]. Das Sicherheitsentgelt für Personal- und Warenkontrollen nach Paragraf 8 LuftSiG bewegt sich deutschlandweit im Bereich zwischen 0,63 Euro und 1,95 Euro [BDF17].

Neben den oben genannten direkten Kosten für Sicherheitsmaßnahmen sind auch sekundäre Kosten, wie beispielsweise der monetäre Gegenwert von Imageschäden des Flugverkehrs aufgrund verstärkter Sicherheitsmaßnahmen, denkbar. Hierzu finden sich jedoch keine Angaben in der Literatur.
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Schutz und Regulierung des Luftverkehrs (Security) (Stand des Wissens: 11.01.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?483070
Literatur
[ADV17] Flughafenverband ADV (Hrsg.) Luftsicherheit im Blick, 2017
[ADV21] Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) e.V. (Hrsg.) Kosten der Luftsicherheit, 2021
[ASSI07] Air Safety Support International (Hrsg.) Impact Assessment of Amendments to the Air Navigation (Overseas Territories) Order (AN(OT)O), 2007
[BDF17] Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (Hrsg.) BDF Sicherheit, 2017
[BDF19] Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften e.V. (Hrsg.) Durchschnittliche Luftsicherheitsgebühren pro Passagier in Deutschland
, 2019
[BMI20] Bundesministerium des Innern (Hrsg.) Luftsicherheitsgebühr, 2020
[BMI22] Bundesministerium des Innern (Hrsg.) Luftsicherheitsgebühr, 2022
[DBT14] Deutscher Bundestag (Hrsg.) Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter & der Fraktion DIE LINKE - Ausbau von Körperscannern an Flughäfen, 2014
[EuKom09] Europäische Kommission (Hrsg.) Finanzierung der Luftsicherheit, 2009
Rechtsvorschriften
[LuftSiGebV] Luftsicherheitsgebührenverordnung

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?482969

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 16:54:20