Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Besonderheiten der Verkehrsträger im intermodalen Güterverkehr

Erstellt am: 14.05.2014 | Stand des Wissens: 12.06.2023
Synthesebericht gehört zu:

Für das Jahr 2023 wird in Deutschland ein Güterverkehrsaufkommen von rund 4.658 Millionen Tonnen und eine Güterverkehrsleistung von 726 Milliarden Tonnenkilometern prognostiziert, was einem Anstieg von 2,9 beziehungsweise 1,3 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 entspricht. Dem Straßengüterverkehr wird von dem Güterverkehrsaufkommen ein Anteil von 85 Prozent und von der Güterverkehrsleistung ein Anteil von 72 Prozent zugesprochen [BAG20b]. Der Straßengüterverkehr verursacht dabei im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern höhere negative Effekte, insbesondere in den vor- und nachgelagerten Prozessen sowie den Bereichen Klimawirkung, Lärm und Unfälle. Der Abbildung 1 ist zu entnehmen, dass die externen Kosten des Güterstraßenverkehrs dadurch mehr als doppelt so hoch ausfallen als die des Eisenbahngüterverkehrs und des Binnenschiffs [INFR19]. Gleichzeitig bestehen Nutzungskonflikte zwischen dem Straßengüterverkehr und dem motorisierten Individualverkehr, die sich die gleiche Straßeninfrastruktur teilen.
Externe Kosten im Güterverkehr in Deutschland im Jahr 2017Abb. 1: Externe Kosten im Güterverkehr in Deutschland im Jahr 2017 [INFR19]
Um die straßenlastige Ausrichtung des deutschen Güterverkehrs zugunsten anderer Verkehrsträger zu verändern, verfolgt die Bundesregierung das verkehrspolitische Ziel der Verkehrsverlagerung [BMVI17e]. Hierzu zählt die Stärkung des Kombinierten Verkehrs, dessen Ziel in der Ausnutzung systemspezifischer Vorteile der einzelnen Verkehrsträger und deren Kombination in Transportketten besteht. Im Jahr 2012 wurde zudem ein Entwicklungskonzept für den Kombinierten Verkehr in Deutschland mit dem Zeithorizont 2025 erarbeitet. Das Gutachten soll insbesondere dazu dienen, bei der bisher standortbezogenen Förderung die Netzbildungsfunktion der Umschlaganlagen mit einzubeziehen und weiter zu entwickeln [HCKC12]. Kernelement des Kombinierten Verkehrs ist es, den Großteil der Transportstrecke per Güterzug oder Binnenschiff zurückzulegen. Auf den Lkw wird dabei nur im Vor- und Nachlauf, das heißt im Nahbereich, zurückgegriffen, um die Ladeeinheiten zu einem Umschlagspunkt zu transportieren beziehungsweise von dort abzuholen. Durch die Verknüpfung der Verkehrsträger wird der traditionelle Markt des Lkw um die Massenleistungsfähigkeit von Bahn und Schiff ergänzt. Der Transport auf der Straße soll dabei möglichst kurzgehalten werden [BMVI21], um die Straßen zu entlasten und die negativen Effekte des reinen Lkw-Transports zu reduzieren.

Eine unter Beteiligung Internationale Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr Schiene-Straße (UIRR) veröffentlichte Studie stellt dar, dass der Anteil des Kombinierten Verkehrs bis 2030 in der EU voraussichtlich um 8 Prozent sinken wird. Dies ist eine Folge der Umsetzung der geplanten EU-Regelungen im Straßengüterverkehr [UIRR20], was hinsichtlich der Reduzierung der CO2-Emissionen zu Problemen führen würde.

Für das Güterverkehrsaufkommen im Kombinierten Verkehr wird nichtsdestotrotz für den Zeitraum 2010 bis 2030 ein Anstieg von fast 80 Prozent prognostiziert [BMVI18v]. Dieses hohe Aufkommen können die bestehenden Umschlaganlagen nicht bewältigen. Darüber hinaus erhöhen sich durch die zusätzlichen Umschlagprozesse im Kombinierten Verkehr der Zeitbedarf und die Umschlagkosten. Die Bundesregierung fördert deswegen seit 1998 den Neubau und die Erweiterung von Umschlaganlagen für den Kombinierten Verkehr, um die Vernetzung der Verkehrsträger zu verbessern und die Verlagerung von Gütertransporten von der Straße auf die umweltfreundlicheren Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße zu unterstützen. Von den Jahren 2017 bis 2021 hat der Bund hierfür eine Förderrichtlinie erlassen [BMVBS17a]. Durch die Förderung soll nicht nur das intermodale Verkehrssystem gestärkt, sondern auch eine Verlagerung auf die Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße gefördert werden. Durch die Förderung können jährlich rund 28,4 Milliarden Tonnenkilometer auf die Schiene und Wasserstraße verlagert und rund 2 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden [BMVI21]. Als Nachfolger verabschiedete das Bundesverkehrsministerium im November 2022 die Richtlinie zur Förderung von Umschlaganlagen des kombinierten Verkehrs. Diese Richtlinie verfolgt weiterhin das Ziel den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und Binnenwasserstraßen zu verlagern, wobei insbesondere Neubau und Ausbau von Umschlaganlagen finanziell bis zu 80 Prozent unterstützt wird. Die Richtlinie gilt bis Ende des Jahres 2026 [BMDV22]. Zusätzlich zu der genannten Förderung werden dem Vor- und Nachlauf des Kombinierten Verkehrs Privilegien wie ein höheres zulässiges Gesamtgewicht, die Freistellung von Fahrverboten oder die Befreiung von der Kfz-Steuer gewährt [BMVI21].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Kombinierter Verkehr (Stand des Wissens: 12.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?430490
Literatur
[BAG20b] Bundesamt für Güterverkehr (BAG), Intraplan Consult GmbH (Hrsg.) Gleitende Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr Mittelfristprognose Sommer 2020, 2020/10
[BMDV22] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Richtlinie zur Förderung von Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs, 2022/01/19
[BMVI17e] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Aktionsplan Güterverkehr und Logistik - nachhaltig und effizient in die Zukunft, 2017/09
[BMVI18v] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Kombinierter Verkehr - Die Zukunft ist intermodal, 2018/02/09
[BMVI21] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Multimodaler Güterverkehr, 2021
[HCKC12] Dr. Marian Gaidzik, Svenja Karcher, Eckhard Riebe, Rainer Mertel, Kai Petri, Victoria Präg, Klaus-Uwe Sondermann Erstellung eines Entwicklungskonzeptes KV 2025 in Deutschland als Entscheidungshilfe für die Bewilligungsbehörde, Hannover, Frankfurt am Main, 2012/11/12
[INFR19] Bieler, Cuno , Sutter, Daniel Externe Kosten des Verkehrs in Deutschland: Straßen-, Schienen-, Luft- und Binnenschiffverkehr 2017 - Schlussbericht
, 2019/08/21
[UIRR20] Joris D'Inca, Björn Maul, Ralf-Charley Schultze, Akos Ersek IMPACT OF THE NEW EU ROAD HAULAGE RULES ON COMBINED TRANSPORT, 2020/11/30
Rechtsvorschriften
[BMVBS17a] Richtlinie zur Förderung von Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs nicht bundeseigener Unternehmen
Glossar
Vor- und Nachlauf Unter Vor- und Nachlauf sind im Kombinierten Verkehr Transporte der Ladeeinheit vom Versender zum Umschlagpunkt oder von dort zum Empfänger zu verstehen. Am Umschlagpunkt wechselt die Ladeeinheit das Verkehrsmittel. Der Transport zwischen zwei Umschlagpunkten wird als Hauptlauf bezeichnet.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
UIRR Internationale Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr Schiene - Straße
tkm tkm = Tonnenkilometer Die Einheit Tonnenkilometer [tkm] beschreibt die im Rahmen einer Güterbeförderung erbrachte Verkehrsarbeit. Diese definiert sich als Produkt der Gütermenge (Summe der beförderten Güter in Tonnen) und der von dieser dabei zurückgelegten Wegstrecke in km. Verkehrsarbeit [tkm] = Gütermenge [t] * Wegstrecke [km]
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.
Externe Kosten Kosten, die nicht vom eigentlichen Verursacher, sondern von der Allgemeinheit getragen werden und deshalb nicht in den Marktpreisen enthalten sind, werden als externe Kosten bezeichnet.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?430415

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 15:49:59