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Einsatz rechnergestützter Verkehrsmodelle in der Verkehrsentwicklungsplanung

Erstellt am: 14.08.2013 | Stand des Wissens: 24.05.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Da die Verkehrsentwicklungsplanung zukünftige Zustände des Verkehrssystems systematisch verbessern möchte, sind dafür prognostische Wirkungsberechnungen notwendig. Dies ermöglichen rechnergestützte Verkehrsmodelle.
Die Verkehrsmodelle stellen zum einen die Verkehrsinfrastruktur des Planungsgebietes möglichst detailliert dar (Verkehrsangebot) und zum anderen bilden sie das Verhalten der Verkehrsteilnehmer ab (Verkehrsnachfrage). Mit den gebräuchlichen Ansätzen der (makroskopischen) Verkehrsmodellierung werden in der Praxis überwiegend folgende vier Stufen sukzessiv und rückkoppelnd durchlaufen [FGSV13, S. 33]:
  • Verkehrserzeugung (Ortsveränderung auslösende Aktivitätenwahl)
  • Verkehrsverteilung (Zielwahl)
  • Verkehrsaufteilung (Verkehrsmittelwahl)
  • Verkehrsumlegung (Routenwahl)
Verkehrserzeugung
Den Verkehrszellen des Planungsgebietes (kleinere, homogene Flächen, in der Regel statistische Bezirke) werden Strukturdaten der Bevölkerung (zum Beispiel Einwohnerzahl, Arbeitsplätze und andere Kenndaten) zugeordnet [Stei05, S. 250f.], um ihnen daraus ein bestimmtes Potenzial als Ausgangspunkt und Zielpunkt für Wege beziehungsweise Ortsveränderungen zuzuordnen. Für jede Zelle werden die erzeugten und angezogenen Wege berechnet [FGSV13, S. 33].
Verkehrsverteilung
Über Reisewiderstände und/oder Attraktivität der Zellen werden die Ortsveränderungen im Planungsgebiet als Quelle-Ziel-Matrix berechnet [FGSV13, S. 33].
Verkehrsaufteilung
Für die berechneten Ortsveränderungen Fij werden nach Modal-Split-Algorithmen die jeweiligen Verkehrsmittelanteile berechnet [FGSV13, S. 33].
Verkehrsumlegung
Im letzten Schritt werden die verkehrsmittelspezifischen Ortsveränderungen auf die wahrscheinlichen Routen aufgeteilt, um damit die Verkehrsbelastung der Infrastruktur (Strecken- und Linienbelastung) darzustellen. Ebenfalls resultieren daraus Informationen über die Zusammensetzung der Verkehrsströme sowie Reisezeiten [FGSV13, S. 33].
Es können verschiedene Modelle zur Berechnung verwendet werden, wobei vor allem die simultanen Berechnungsverfahren erhöhte Ansprüche an die verwendete Rechentechnik stellen. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Stärken und Schwächen der Modelle ist es ratsam "[...] die Modellannahmen, die Modellvalidierung, die Einsatzbereiche des Modells und Aussagegrenzen zu dokumentieren" [FGSV13, S. 33].
Nach der Kalibrierung der Parameter des Verkehrsmodells und Testläufen wird das Modell in den Phasen der Problemanalyse und Maßnahmenuntersuchung verwendet. Dabei wird zunächst der Ist-Zustand ermittelt und sodann über Eingabe der vielfältigen prognostizierten Kennwerte und Parameter die Zukunft (Szenarien) dargestellt. Die Szenarien versuchen dabei die Spannweite der zukünftigen Verkehrsentwicklung (Verkehrsangebot und -nachfrage) in Abhängigkeit von Maßnahmen sowie dem demografischen und wirtschaftlichen Randbedingungen abzubilden. Darauf aufbauend können für verschiedene Szenarien und Maßnahmen(-bündel) deren Wirkungen (zum Beispiel Emissionen) berechnet und bewertet werden. Letztendlich kann so abgeschätzt werden, wie das präferierte Szenario entsprechend der Zielvorstellungen am besten durch bestimmte Maßnahmen weiter verbessert werden kann [FGSV13, S. 33 f.].
Dabei ist die Qualität der Eingangsdaten von entscheidender Bedeutung [FGSV13, S. 33 f.]. Sie stammen in der Regel aus einem Monitoring beziehungsweise aus anderweitigen Prognoserechnungen. "Das Verkehrsnachfragemodell muss dem Stand der Technik entsprechen und einen direkten Bezug zu Raumstrukturdaten [...]" [FGSV13, S. 34] haben sowie weitere relevante Wirkungszusammenhänge abbilden [FGSV13, S. 34].
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrsentwicklungsplanung (Stand des Wissens: 24.05.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?415029
Literatur
[FGSV13] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. , Ahrens, G.-A., Beckmann, K. J., Fleischer, A., Gertz, C., Hubrich, S., Jansen, U., Kemming, H., Kleinwächter, E., Koch, M., Koppen, G.-F., Lorenz, K., Meißner, A., Noßwitz, U., Ohm, D., Ott, R., Polzin, G., Schnüll, R., Thiemann-Linden, J., Wagner, V., Waßmuth, V., Hinweise zur Verkehrsentwicklungsplanung, Ausgabe/Auflage 2013, FGSV-Nr. 162, FGSV Verlag, Köln, 2013, ISBN/ISSN 978-3-86446-058-6
[Stei05] Steierwald, G, et al. Stadtverkehrsplanung - Grundlagen, Methoden, Ziele, Ausgabe/Auflage 2, Springer-Verlag, Berlin 2005, 2005
Weiterführende Literatur
[BMVBS13z] Leerkamp, B., Dahmen, B., Vollmer, R., Janßen, T. Datenanforderungen an die Weiterentwicklung kleinräumiger
Verkehrsnachfragemodelle des Wirtschaftsverkehrs, Wuppertal, Aachen, 2013/05/31
[FGSV18b] FGSV-Arbeitsausschuss 1.1 "Grundsatzfragen der Verkehrsplanung" (Hrsg.) Empfehlungen für Verkehrsplanungsprozesse, 2018, ISBN/ISSN 978-3-86446-208-5
[FGSV12c] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. EVE - Empfehlungen für Verkehrserhebungen, Ausgabe/Auflage FGSV-Nr. 125, FGSV Verlag, Köln, 2012, ISBN/ISSN 978-3-941790-99-5
Glossar
Szenarien Ein Szenario ist ein Bild der Zukunft, das sich aus einer bestimmten Kombination von relevanten Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen entwickelt. Das grundsätzliche Anliegen von Szenarien besteht darin, verschiedene Handlungsoptionen zu verdeutlichen und ihre Folgewirkungen transparent zu machen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?414968

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 21:00:28