Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Einfluss von Erkrankungen und Medikation auf die Fahrfähigkeit Älterer

Erstellt am: 28.09.2012 | Stand des Wissens: 01.03.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Gesundheit ist die wichtigste Voraussetzung für geistige und körperliche Leistungsfähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr. Mit zunehmendem Alter treten neben altersbedingten Veränderungen Krankheiten wie grauer Star, Demenz, Diabetes mellitus, Schlaganfall, Krebs, Herzinfarkt oder Arthrose auf, häufiger als bei jüngeren Menschen.
Die Diagnose einer Krankheit allein rechtfertigt dennoch nicht den Entzug der Fahrerlaubnis. Entscheidend sind die durch die Erkrankungen bedingten funktionalen Einschränkungen, welche fahrrelevante Fähigkeiten sowie die Fahreignung beeinflussen. Notwendig ist daher eine nähere Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Alterskrankheiten und der Verkehrssicherheit. In diesem Zusammenhang muss zudem die Einnahme von Medikamenten und der Einfluss dessen auf eine sichere Verkehrsteilnahme erörtert werden. Etliche Krankheiten wie Kreislauf-, Atemwegerkrankungen oder Diabetes mellitus werden von der älteren Personengruppe meistens nicht als schlimme Beschwerden empfunden, weil diese Personen denken, sie hätten ihre Krankheiten aufgrund der Einnahme von Medikamenten unter Kontrolle [ADAC13c].
Eine Vielzahl von Studien belegen ein erhöhtes Unfallrisiko bei Demenz, Augen-, Herz-, Kreislauf-, neurologische und psychiatrische sowie Stoffwechselerkrankungen [Ewert08]. Nach Untersuchungen [Mon04] gehen Erkrankungen, wie Schlafstörungen, Sehstörungen (grauer oder grüner Star), Alkoholprobleme, Erkrankungen des Nervensystems sowie psychiatrische Erkrankungen mit dem höchsten Unfallrisiko einher. Auch Angststörungen, unbehandelte Diabetes und unbehandelte sowie behandelte Depressionen sind mit einem deutlich erhöhten Unfallrisiko verbunden [Sag06].
Zur angemessenen Beurteilung der Fahreignung ist es notwendig, zum einen die Körperfunktionen und -strukturen zu definieren, welche für das sichere Führen eines Fahrzeuges vorausgesetzt werden. Zum anderen muss bekannt sein, in welchem Ausmaß diese Körperfunktionen und -strukturen durch eine bestimmte Erkrankung oder Medikation eingeschränkt sind und welche Kompensationsmöglichkeiten bestehen [Ewert08].
Darüber hinaus muss bei der Beurteilung der Fahreignung berücksichtigt werden, dass ältere Menschen häufig unter Mehrfacherkrankungen (Multimorbididäten) leiden, so dass häufig verschiedene Medikamente gleichzeitig eingenommen werden. Dies kann Wechselwirkungen zur Folge haben, welche ebenfalls die Fahreignung beeinflussen.
Da die Wahrscheinlichkeit im Alter zu erkranken und entsprechende Medikamente einzunehmen steigt, ist es notwendig, dass ältere Menschen über den Einfluss von Krankheiten und Medikamenten sowie die Wechselwirkungen verschiedener Medikamente umfassend aufgeklärt werden. Ärzte nehmen bei der Beurteilung der Fahreignung eine besondere Rolle ein [Eby09]. Sie könnten durch ihre allgemeine Behandlung und Betreuung sowie Medikation älterer Menschen Einschränkungen in der Fahreignung frühzeitig erkennen. Außerdem können die Ärzte Möglichkeiten zum Ausgleich sowie zur Korrektur aufzeigen, so dass diese erhalten bleibt [TRB09]. Andererseits zeigen Untersuchungen, dass Ärzte ungern Entscheidungen über die Fahreignung älterer Autofahrer treffen und ein Informationsdefizit beklagen [Jan07].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Mobilität älterer Menschen (Stand des Wissens: 01.03.2019)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?399136
Literatur
[ADAC13c] Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e. V. (ADAC) (Hrsg.) Älter werden. Sicher fahren. Gesellschaft im Wandel, Fakten zur Fahr-Fitness, Tipps für die Straße, 2013
[Eby09] Eby, D. W., Molnar, L. J. Older Adult Safety and Mobility
Issues and Research Needs, veröffentlicht in Public Works Management & Policy, Ausgabe/Auflage Volume 13, Number 4, 2009/04
[Ewert08] Ewert, U. Alterskorrelierte Erkrankungen, die die Verkehrsteilnahme beeinträchtigen können, veröffentlicht in Leistungsfähigkeit und Mobilität im Alter. Reihe "Mobilität im Alter" der Eugen-Otto-Butz Stiftung , Ausgabe/Auflage Band 03, Köln Verlag TÜV Rheinland, 2008, ISBN/ISSN 978-3-8249-1151-6
[Jan07] Jang R.W., Man-Son-Hing M., Molnar F.J., Hogan D.B., Marshall S.C., Auger J., Graham I.D., Korner-Bitensky N., Tomlinson G., Kowgier M.E., Naglie G. Family physicians' attitudes and practices regarding assessments of medical fitness to drive in older persons., veröffentlicht in Journal of general internal medicine, Ausgabe/Auflage Volume 22(4), Springer, 2007/04
[Mon04] Charlton., J. L., Koppel, S., O'Hare, M., Andrea, D., Smith, G., Khodr, B., Langford, J., Odell, M., Fildes, B. Influence of chronic illness on crash involvement of motor vehicle drivers, Ausgabe/Auflage Report No. 213, Victoria (Australia), 2004/04, ISBN/ISSN 0 7326 1723 5
[Sag06] Sagberg, F. Driver health and crash involvement: A case-control study., veröffentlicht in Accident Analysis & Prevention, Ausgabe/Auflage 38(1), 2006
[TRB09] D'Ambrosio, L. A., Coughlin, J. F., Mohyde, M., Gilbert, J., Reimer, B. A Family Matter: Older Drivers an the Driving Decision, Washington D.C., 2009
Weiterführende Literatur
[Bei11a] Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Sicherheit zuerst - Möglichkeiten zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit in Deutschland - Teil 2, veröffentlicht in Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage 3.2011, Kirschbaum Verlag GmbH, 2011/03

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?398799

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 11:16:39