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Auswirkungen von Feinstaub auf den menschlichen Organismus

Erstellt am: 23.06.2010 | Stand des Wissens: 18.01.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Eingeatmete Feinstaubpartikel können unterschiedliche Krankheitsbilder verursachen. Die Art der schädlichen Wirkung auf den Körper wird dabei von zwei Faktoren determiniert: der Größe der Partikel sowie der Toxizität der Partikel [UBA09].
Toxisch werden Feinstaubpartikel vor allem dadurch, dass sich an ihrer Oberfläche Schwermetalle wie Blei, Vanadium, Beryllium und Quecksilber oder Krebs erzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) anlagern.
Die Größe der Partikel ist entscheidend dafür, wie tief sie in den Atemtrakt eindringen können. Durch die natürliche Filterwirkung des Nasen-Rachenraumes werden Partikel zurückgehalten, die größer als 10µm sind. Für kleinere Partikel reicht diese Filterwirkung nicht mehr aus, weshalb sie tiefer in die Atemwege eindringen können. Zu einem geringen Prozentsatz gelangen Partikel in der Größe zwischen 10µm und 2,5µm in die kleineren Bronchien und die Lungenbläschen (Aveolen). Partikel mit einer Größe kleiner als 2,5µm gelangen allerdings zu einer großen Wahrscheinlichkeit in die Lungenbläschen. Ultrafeine Partikel (PM0,1) können von dort in den Blutkreislauf eindringen oder in den Lymphkreislauf des Körpers übergehen [ISAP07a].
Je kleiner der Träger-Partikel ist, desto tiefer gelangen toxische Stoffe, die er mitführt, in die Atemwege. Dazu kommt, dass kleinere Partikel häufig stärker mit toxischen Stoffen belastet sind als größere Partikel, da kleinere Partikel eine größere Oberfläche im Verhältnis zu ihrem Volumen aufweisen [UBA09].
Grundsätzlich irritieren inhalierte Partikel (PM < 10µm) die Atemwege und reizen die Lunge. In der Lunge können die Partikel über mehrere Tage haften bleiben und Entzündungen verursachen. Dauerhaft wird durch die Partikel die Schleimhaut gereizt und die natürliche Schutz- und Reinigungsfunktion des Körpers geschädigt.
Feinstaubbedingte Entzündungen in den Atemwegen führen zu einer Zunahme von asthmatischen Anfällen [Crös19a]. Diese sind generell auf eine Überempfindlichkeit der Atemwege zurückzuführen. Inhalierte Feinstaubpartikel verstärken die Überempfindlichkeit.
Kinder sind durch eine erhöhte Feinstaubbelastung einem gesteigerten Risiko von Mittelohrentzündungen ausgesetzt. Sie reagieren empfindlicher auf die Schadstoffbelastung in der Luft, was zu einer schnelleren Entzündung der Atemwege führt. Hierdurch werden die Flimmerhärchen in den oberen Atemwegen, die für den Abtransport inhalierter Partikel zuständig sind, in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt. Dies führt zu einem erhöhten Risiko von Atemwegsinfekten, die wiederum eine typische Ursache für Mittelohrentzündungen sind [WELT06].
Feinstaub kann auch zur Verstärkung von Allergiesymptomen führen. Dies ist dann der Fall, wenn sich Feinstaubpartikel an Pollen anlagern. Die Pollen fangen dadurch an auszukeimen, obwohl sie noch in der Luft sind. Beim Einatmen von ausgekeimten Pollen werden deutlich stärkere und schnellere allergische Reaktionen ausgelöst als im Normalfall [Kroe05].
Herz-Kreislauf-Erkrankungen können durch ultrafeine Partikel (kleiner als 0,1 µm) ausgelöst werden. Diese gelangen über die Lunge ins Blut und können dort kleine Blutgerinnsel (Thrombosen) bilden, die im schlimmsten Fall zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen [BMUV04a].
Bei einer andauernden und starken Feinstaubbelastung reichen die Abwehrmechanismen des Körpers nicht mehr aus, weshalb die dort angelagerten Partikel nur sehr langsam oder gar nicht wieder entfernt werden. Dies führt zu der als Berufskrankheit anerkannten Staublunge. Man unterscheidet zwischen einer gut- und einer bösartigen Staublunge. Typisches Symptom der bösartigen Staublunge ist eine krankhafte Vermehrung des Bindegewebes, die zur Vernarbung des Gewebes in der Lunge führt und dadurch die Organfunktion beeinträchtigt [FoJa04].
Eine andauernde Feinstaubbelastung steigert ferner das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken um das Eineinhalbfache [DKFZ18]. Über den genauen Zusammenhang von Feinstaub und Lungenkrebs ist allerdings bisher wenig bekannt.
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Feinstaub im Straßenverkehr (Stand des Wissens: 18.01.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?327453
Literatur
[BMUV04a] Todesursache Feinstaub, 2004
[Crös19a] Miriam Crössmann Asthma und Umweltfaktoren, 2019
[DKFZ10] Deutsches Krebsforschungszetrum, Krebsinformationsdienst Risikofaktoren: Wie entsteht Lungenkrebs?, 2010
[DKFZ18] Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.) Lungenkrebs vorbeugen, Risiken vermeiden, 2018
[FoJa04] Forbes, C., Jackson, W. Farbatlas der Inneren Medizin, Urban & Fischer Verlag, München, 2004
[ISAP07a] Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin Studie zum Wissenschaftlichen Erkenntnisstand über das Feinstaubfilterungspotential, 2007
[Kroe05] Kroegel, C. Asthma: Eine Krankheit beherrschen lernen - und beschwerdefrei leben, Trias Verlag, Stuttgart, 2005
[UBA09] Umweltbundesamt Strategie für einen nachhaltigen Güterverkehr, 2009
[WELT06] WELT ONLINE Luftverschmutzung verursacht Mittelohrentzündungen bei Kindern, 2006
Glossar
HC
= hydrocarbons, zu Deutsch: Kohlenwasserstoffe. Als Kohlenwasserstoffe werden in der Chemie Verbindungen bezeichnet, die ausschließlich Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H) im Molekül enthalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?323053

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 11:24:57