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Busanhängerzüge für Spitzenbelastungen im ÖPNV

Erstellt am: 10.06.2008 | Stand des Wissens: 06.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König

Busanhängerzüge eignen sich für solche Verkehre, die nur kurzzeitig am Tag Spitzenbelastungen aufweisen. Dies dürfte in den meisten Fällen der Schülerverkehr mit seinen Schülerspitzen sein. Um diese Spitzenbelastungen abdecken zu können, werden auf diesen Kursen oftmals Standard- oder Gelenkbusse eingesetzt (in der Regel bedeutet dies, dass fast 75 % des Tages Überkapazitäten vorgehalten werden). Wenn Zugkombinationen zum Einsatz kommen, kann einerseits kurzfristig und passgenau die benötigte Beförderungskapazität erreicht werden und andererseits in nachfrageärmeren Zeiten der Anhänger abgehängt und abgestellt werden, so dass sich dadurch die Betriebskosten minimieren (weniger Kraftstoffverbrauch; dieses Argument wird in Zeiten steigender Kraftstoffpreise immer wichtiger) und die Nutzungsdauer des Anhängers verlängert. Wird auf einer Linie ganztags ein kleines Fahrzeug eingesetzt, das für die Spitzenzeiten nicht ausreicht, kann durch Anhängergespanne in Spitzenstunden sowohl zusätzliches Personal als auch das Einsatzfahrzeug eingespart werden. [Deut07, Schm06]
Beachtet werden muss, dass Busanhängerzüge nach Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (STVZO § 32a) stets eine Ausnahmegenehmigung benötigen, denn "hinter Kraftfahrzeugen darf nur ein Anhänger, jedoch nicht zur Personenbeförderung (Omnibusanhänger), mitgeführt werden."

Die Firma Göppel GmbH aus Augsburg hat Anhängerzüge für den ÖPNV entwickelt. Angeboten werden zwei Längenvarianten, der "Midi-Train" (17,75 ... 20,20 m Gesamtlänge) und der "Maxi-Train" (21,2 bis 22,7 m Gesamtlänge). Der Midi-Train bietet die Kapazität eines Gelenkbusses, der Maxi-Train bietet Platz für bis zu 200 Fahrgäste. Durch den bedarfsgerechten Einsatz von Zugfahrzeug und Anhänger können die Betriebskosten im Vergleich zu einem Gelenkbus um nahezu 20 % gesenkt werden. Die RSV Reutlingen betreibt einen Maxi-Train und erwartet, dass sich die höheren Beschaffungskosten im Vergleich zu einem Gelenkbus innerhalb von etwa 2 Jahren amortisieren. [Schm06]Die Beiwagen werden mechanisch gelenkt, die Züge haben den gleichen Wendekreis wie die Zugfahrzeuge.Einen Busanhängerzug mit einer Länge von rund 23,50 m bieten die Hersteller Scania/Hess an. Je nach Ausstattungsmerkmal ist bei einer Einzelbeschaffung eines solchen Gespanns mit Beschaffungskosten von 430.000 EUR zu rechnen, wobei 230.000 EUR auf den heckseitig verstärkten Solobus und 200.000 EUR auf die Einzelfertigung eines Anhängers entfallen. Die Kosten für Anhänger können bei einer Serie von zehn Stück jedoch um etwa 25 % sinken. Zahlreiche Verkehrsunternehmen halten die Beschaffungskosten, trotz der längeren Lebensdauer des Anhängers, in dieser Höhe für unangemessen und für nicht kompensierbar. Für ein etwa 18,75 m langes Anhängergespann (Midibus mit Anhänger) ist mit Beschaffungskosten von etwa 300.000 EUR zu rechnen. [Deut03]
Im Jahr 2010 wurden in Deutschland im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) 44 Busanhängerzüge im täglichen Betrieb eingesetzt. Davon sind drei dieser Verkehrsmittel bei der Infra Fürth Verkehr GmbH im Einsatz. Gerade im morgendlichen Schülerverkehr stieg die Anzahl der Fahrgäste rapide an, weshalb die Entscheidung auf die sogenannten MAN/Göppel-Maxitrains fiel. Eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 110.000 Euro bekam das Unternehmen von der Regierung aus Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG)-Mitteln. [Die10]
Busanhaengerzug.jpgAbb. 1: Bus-Zug im Einsatz in Fürth [Die10]
Sicherheit mit EBS (elektronisches Bremssystem), Videoüberwachung auch vom Zwischenraum zwischen Motorwagen und Anhänger und Gegensprechanlage ausgestattet. Eine notwendige Voraussetzung für den Betrieb von Busanhängerzügen ist die Möglichkeit, den Anhänger außerhalb der Verkehrsspitzen vandalismussicher abstellen zu können. [Hond06b]
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Größere Fahrzeuge im ÖPNV (Stand des Wissens: 22.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?266847
Literatur
[Deut03] Deutsch, Volker, Dr.-Ing., Pütz, Ralph, Dipl.-Ing. Steht die Renaissance überlanger Omnibuszüge bevor?, veröffentlicht in Der Nahverkehr, Ausgabe/Auflage 4/2003, 2003
[Deut07] Deutsch, Volker, Obering. Dr.-Ing., Hüttebräucker, Udo Mini-Buszug in Leichlingen - Erfahrungen und eine erste Bilanz, veröffentlicht in Der Nahverkehr, Ausgabe/Auflage 12/2007, 2007
[Die10] Dieregsweiler, Klaus Bus-Zug-Einsatz in Fürth, veröffentlicht in Der Nahverkehr, Ausgabe/Auflage 5/2010, alba Verlag Köln, 2010/05
[Hond06b] Hondius, Harry, Dipl.-Ing. ETHZ Perspektiven der Großraumbusse, veröffentlicht in Der Nahverkehr, Ausgabe/Auflage 3/2006, 2006
[Schm06] Schmidt, Bernhard, Dipl.-Ing. Göppel Trains - flexibel und wirtschaftlich, veröffentlicht in stadtverkehr, Ausgabe/Auflage 2/06, 2006
Weiterführende Literatur
[Leut07] Leuthardt, Helmut, Dipl.-Ing. M.Sc., Rahm, Volker Buszüge: betriebswirtschaftlich und ökologisch vorteilhaft, veröffentlicht in Der Nahverkehr, Ausgabe/Auflage 12/2007, 2007
[Fuchs06] Fuchshuber, Georg, Mag., Leuthardt, Helmut, Dipl.-Ing. M.Sc. Der Buszug vor dem Comeback? - Betriebswirtschaftliche Bewertung von Buszügen im Regionalverkehr, veröffentlicht in Der Nahverkehr, Ausgabe/Auflage 9/2006, 2006
Glossar
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
GVFG GFVG ist die Abkürzung von "Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz". Der ausführliche Gesetzestitel lautet: "Die Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinde" Im Rahmen des GVFG fördert der Bund Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden. Der Umfang der Bundesmittel ist gesetzlich auf 1.667 Millionen Euro jährlich begrenzt. Die Mittel werden nach einem Schlüssel auf die Länder verteilt. Förderbereiche des GVFG sind:
  • der kommunale Straßenbau (insbesondere Bau und Ausbau verkehrswichtiger innerörtlicher Straßen und Zubringerstraßen zum überörtlichen Verkehrsnetz, Omnibusspuren, Verkehrsleitsysteme, Kreuzungsmaßnahmen im Bereich von Eisenbahnen und Bundeswasserstraßen)
und
  • der öffentliche Personennahverkehr (insbesondere Bau und Ausbau von Straßen-, Hoch- , Untergrundbahnen. Nichtbundeseigenen Eisenbahnen, zentrale Omnibusbahnhöfe, Betriebsleitsysteme)
Über die Verwendung der Mittel werden Berichte erstellt. Quellen:
  • Gesetzestext
  • www.bmvbs.de/Verkehr/Oeffentlicher-Personennahverke-,1493/Gemeindeverkehrs-finanzierung.htm [dieser Link muss in die Adresszeile des Browsers kopiert werden]
Betriebskosten
Betriebskosten sind laufende Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erbringung von Verkehrsleistungen entstehen. Hierzu zählen zum Beispiel Aufwendungen für Energie, Personal, oder Infrastrukturnutzung.
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz
Das 1971 in Kraft getretene Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) regelt die Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden. Gefördert werden verschiedene Baumaßnahmen von Bahnen (besonders Eisenbahnen, Straßenbahnen, Hoch- und Untergrundbahnen), wobei diese dem öffentlichen Personennahverkehr dienen müssen. Voraussetzung für die Förderung ist vor allem ein Kosten-Nutzen-Faktor über 1,0 im Rahmen der Standardisierten Bewertung.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?266514

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 15:56:34