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Charakteristik und Besonderheiten von Nord- und Ostsee

Erstellt am: 24.06.2004 | Stand des Wissens: 28.10.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Nord- und Ostsee sind Randmeere des Atlantik, die besonders intensiv genutzt werden. An ihren Ufern und in ihrem Einzugsbereich liegen bedeutende Agglomerationen mit hoher wirtschaftlicher Aktivität.

Die Nordsee liegt auf dem Kontinentalschelf Nordwesteuropas und öffnet sich nördlich zum Atlantischen Ozean, südwestlich über den Kanal und nach Osten zur Ostsee. Die erweiterte Nordsee nach [EUR08] schließt Kattegat und den Ärmelkanal ein. Sie gliedert sich in die relativ flache südliche Nordsee mit der Deutschen Bucht und der Southern Bight, die Zentralnordsee, die nördliche Nordsee und die Norwegische Rinne mit dem Skagerrak. Das Wasser der Nordsee wird aus den in sie mündenden Flüssen, Ostseezustrom und in tieferen Schichten von hauptsächlich aus Norden einströmendem Atlantikwasser gebildet. Entlang der dänischen und norwegischen Küsten fließt das Wasser im Norwegischen Strom in den Atlantik zurück, sodass ein relativ intensiver Wasseraustausch mit dem Ozean besteht [OSP00, S.10f.]. Das Wattenmeer der Nordsee erstreckt sich über 450 Kilometer zwischen Dänemark und den Niederlanden als bei Ebbe trocken fallende Schlammfläche mit einer außerordentlich hohen Produktion von Biomasse. Es handelt sich dabei um das größte Wattenmeer der Welt und steht nahezu vollständig unter Naturschutz. OSPAR identifizierte im Quality Status Report 2010 [OSPAR10, S.154] als wichtigste Umweltfragen den Einfluss der Fischerei, gefährliche Stoffe (besonders langlebige organische Verschmutzungen), Nährstoffeinträge vom Land und das fehlende Wissen über den Klimawandel. Zugleich wurden bei den ersten zwei Punkten Verbesserungen konstatiert und die Ausweisung von 5,4 Prozent der Fläche als Schutzgebiete hervorgehoben.

Als Binnenmeer ist die Ostsee durch besondere hydrographische Verhältnisse, ihre Beckenstruktur und lange Wasseraustauschzeiten gekennzeichnet. Sie kann Wasser mit der Nordsee nur über die dänischen Seestraßen, den Großen Belt, den Öresund und den Kleinen Belt, austauschen. Der Wasseraustausch wird zusätzlich durch die Darßer Schwelle und die Drogdendschwelle behindert. Die Ostsee ist topographisch durch kaskadenförmig angeordnete Becken mit maximalen Tiefen bis zu 460 m gegliedert, die durch untermeerische Schwellen getrennt sind. Ihre Wasserbilanz ist durch einen jährlichen Überschuss von annähernd 470 Kubikkilometer Süßwasser charakterisiert. Dies hat eine Zirkulation zur Folge, bei der im Mittel Brackwasser aus der Oberflächenschicht der Ostsee ausströmt und salzreiches Wasser aus dem Skagerrak in die Eingänge zur Ostsee einströmt. Die Wasserzuflüsse und Vermischung erzeugen in der gesamten Ostsee eine stabile Schichtung, die den im Mittel aus der Ostsee in die Nordsee gerichteten Nährstoffexport behindert, was die Ostsee zu einem natürlich eutrophierten Meeresgebiet mit allen damit verbundenen Folgen für ihr Ökosystem macht. Die natürliche Eutrophierung wird durch den anthropogen bedingten Nährstoffeintrag aus dem Einzugsgebiet der Ostsee verstärkt. Ölkatastrophen hätten daher extrem negative Auswirkungen auf das ökologische System, so wie generell eingetragene Schadstoffe bzw. Nährstoffe lange im Ökosystem verbleiben. Zudem würden den Ostseeanrainern durch verschmutzte Strände und belastetes Wasser wichtige wirtschaftliche Grundlagen für den Tourismus und die Fischerei über Jahrzehnte entzogen [HELCOM06, BMVBW02t]. Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, konzentrieren sich die anthropogenen Umwelteinflüsse in der Ostsee besonders auf den Finnischen Meerbusen, die südöstliche Ostsee, und die südlichen und südwestlichen Seegebiete.
BSPI.jpgAbbildung 1: Anthropogene Umwelteinflüsse in der Ostsee [HELC13]


Nord- und Ostsee als Randmeere des Ozeans gehören vollständig zu den Küstenmeeren oder ausschließlichen Wirtschaftszonen der Anliegerstaaten. Der Küstenstaat hat hier im Falle eines Unglückes Interventionsrecht, um Verschmutzung zu verhindern. Die Maßnahmen müssen im angemessenen Verhältnis zum Schaden stehen. Flaggenstaat und Reeder müssen vor Einleitung der Maßnahmen informiert werden. Ansonsten ist ein Schiff auf hoher See allein der Hoheitsgewalt des Flaggenstaates unterworfen. Das völkerrechtliche Prinzip der Freiheit der hohen See, niedergelegt im UN-Seerechtsübereinkommen von 1982, garantiert unter anderem die freie Schifffahrt außerhalb der Hoheitsgewässer. Damit sind nationalstaatliche oder auch durch einige wenige Staaten vereinbarte Regelungen ausgeschlossen.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Umwelt- und Klimaschutz im Seeverkehr (Stand des Wissens: 28.10.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?408691
Literatur
[BMVBW02t] o.A. Bericht der Bundesregierung zur "Maritimen Sicherheit auf der Ostsee", Ausgabe/Auflage Drucksache 14/9487, Berlin, 2002/06/03, ISBN/ISSN 0722-8333
[HELC13] Baltic Marine Environment Protection Commission - Helsinki Commission HELCOM Red List of Baltic Sea
species in danger of becoming
extinct, veröffentlicht in Baltic Sea Environment Proceedings , Ausgabe/Auflage No. 140, 2013
[HELCOM06] o.A. Maritime Transport in the Baltic Sea, Draft HELCOM Thematic Assessment in 2006, Helsinki, 2006/03/07
[OSP00] k.A. Quality Status Report 2000 - Region II Greater North Sea, London, 2000, ISBN/ISSN ISBN 0 946956 48 0
[OSPAR10] Colin Moffat, Richard Emmerson, Andrea Weiss, Carolyn Symon, Lynn Dicks OSPAR, 2010. Quality Status Report, London, 2010
Weiterführende Literatur
[SRU04a] o.A. Meeresumweltschutz für Nord- und Ostsee, Sondergutachten, Berlin, 2004
[EUR08] RICHTLINIE 2008/56/EG Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
Glossar
Biomasse Biomasse umfasst:
  • Reststoffe wie z.B. Restholz, organische Abfälle (Biomüll, Gülle etc.), Stroh sowie
  • Energiepflanzen wie z.B. Raps, schnell wachsende Baumarten, Energiegetreide, Miscanthus.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?93475

Gedruckt am Donnerstag, 18. April 2024 03:50:42